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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Klarsichthefter in die Hand und sah ihn durch. Auf den ersten Blick handelte es sich um reine Geschäftsunterlagen, die Thomas Wiesner aus der Bank mitgebracht hatte – ein Kreditantrag eines Immobilienhändlers, etliche sechsund siebenstellige Überweisungen, die per Onlinebanking auf Konten im Ausland, vorwiegend Luxemburg, Österreich und die Antilleninsel Aruba Island, gegangen waren. Ramona Wiesner verharrte einige Minuten vor den Computerausdrucken und zuckte dann mit den Schultern, da sie im Moment nichts damit anfangen konnte. Es waren viele Zahlen und ihr unbekannte Banken und ebenso unbekannte Empfänger, ausschließlich Firmen. Sie nahm den nächsten Ordner, auch hier Ähnliches. In sämtlichen Ordnern waren Ausdruckevon Überweisungen, die in den letzten zwei Tagen getätigt worden waren. Auffällig war nur, dass vor allen Summen ein Dollarzeichen stand.
    Als Letztes griff sie nach dem Terminplaner und blätterte ihn langsam durch, langsamer als Donnerstagnacht, als sie fürchten musste, jeden Moment ertappt zu werden. Sie wollte auf gar keinen Fall etwas übersehen und brauchte eine ganze Weile, bis sie alle Termine der letzten Wochen durchgegangen war.
    Schließlich langte sie am Adress- und Telefonverzeichnis an. Ein paarmal kniff sie die Augen zusammen und schüttelte den Kopf bei einigen Namen, andere tauchten nur als Kürzel auf. Es waren etliche Personen darunter, die sie persönlich kannte. Einige waren mit einem roten Punkt markiert, ein paar mit einem schwarzen. Hinter P.D. war eine ihr unbekannte Handyvorwahl notiert. Thomas Wiesner hatte von einem Pierre Doux gesprochen. Stand P.D. für Pierre Doux, den Auftragskiller? Vermutlich, dachte sie nur und ging die Namen weiter durch. Sie wusste nicht, was die Punkte zu bedeuten hatten, aber sie nahm sich vor, es herauszufinden.
    Als sie nach einer Stunde das meiste durchgeblättert hatte, legte sie alles in den Koffer zurück und machte ihn wieder zu. Sie konnte mit dem, was sie in den Akten gelesen hatte, noch nicht viel anfangen, und sagte sich, dass sie vielleicht einfach zu müde und ihre Nerven zu angespannt und sie deshalb nicht in der Lage war zu erkennen, ob das, was sie gelesen hatte, mit illegalen Transaktionen zusammenhing oder tatsächlich mit ganz normalen Bankgeschäften zu tun hatte. Doch sie beschloss, gleich nach dem Aufstehen den Koffer in einem Schließfach in Königstein zu deponieren und den Inhalt jemandem zu zeigen, der ihr weiterhelfen könnte. Und wenn es bei passender Gelegenheit Julia Durant war.
    Sie wusste, irgendwann würde die Spur zu ihr führen, sie wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie verhaftete, aber seltsamerweise hatte sie keine Angst davor. Das Einzige, was ihr Sorgen bereitete, war, was mit ihren Kindern geschehen würde, sollte sie ins Gefängnis müssen. Sie richtete für einen Moment den Blick nachoben und sagte leise: »Bitte steh mir bei. Ich habe doch nichts Unrechtes getan.«
    Bevor sie zu Bett ging, trank sie noch ein Glas Milch und hörte eine CD mit Klavierstücken von Chopin, interpretiert von Horowitz. Nach zwanzig Minuten schaltete sie den CD-Player aus, löschte das Licht im Wohnzimmer und ging nach oben ins Schlafzimmer. Sie legte sich aufs Bett, konnte aber nicht einschlafen. Nach zehn Minuten stand sie auf und stellte sich ans Fenster. Vor dem Haus parkte ein Auto. Sie sah ein Feuerzeug aufflammen, zuckte mit den Schultern und ging wieder zu Bett. Sie lag auf dem Rücken, den Blick zur Decke gerichtet, die Arme über dem Bauch verschränkt. Irgendwann, sie wusste nicht, wie spät es war, fielen ihr die Augen zu. Sie hatte nicht einmal eine Stunde geschlafen, als es an der Tür Sturm klingelte.

Samstag, 7.25 Uhr
    Julia Durant wurde vom Telefon geweckt. Sie griff neben sich, Kuhn war nicht mehr im Bett. Sie hörte das Rauschen von Wasser aus dem Bad, schaute auf die Uhr, stieß einen derben Fluch aus und ging gähnend zum Telefon.
    »Berger hier, guten Morgen. Tut mir wirklich Leid, Sie so früh aus dem Bett zu holen, aber es ist ungeheuer wichtig. Es geht um Frau Wiesner, Ramona Wiesner. Sie wurde letzte Nacht verhaftet …«
    Julia Durant war mit einem Mal hellwach. »Was sagen Sie da? Wer hat sie verhaftet?«
    »Ich habe keine Ahnung, was da abläuft, aber es waren Kollegen vom KDD. Sie wurde sofort hergebracht, und man hat auch versucht sie zu vernehmen, aber sie hat bisher beharrlich geschwiegen.«
    »Was wirft man ihr vor?«
    »Angeblich hat sie ihren Schwager erschossen.

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