Das Syndikat der Spinne
als Julia Durant und Frank Hellmer sich auf den Weg zu Sophia Wiesner machten. Sie waren bereits auf dem Gang, als Küchler ihnen entgegenkam. Er hatte wieder jenen überheblichen Gesichtsausdruck, für den Durant ihm am liebsten eine reingehauen hätte.
»Ah, Frau Durant. Ich komme gerade von Frau Wiesner. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass sie gleich dem Haftrichter vorgeführt werden wird. Sie wird in die JVA Preungesheim verlegt, der Prozess wird aller Voraussicht nach bereits nächste Woche stattfinden.«
»Bitte was? Nächste Woche schon? Seit wann arbeiten die Mühlen der Justiz so schnell?«, fragte sie sarkastisch.
»Hier geht es nicht nur um einen einfachen Mord, sondern um ein äußerst delikates Tötungsdelikt an einem bislang unbescholtenen Banker. Frau Wiesner leidet offensichtlich unter der Wahnvorstellung, ihr Schwager könnte etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun gehabt haben. Eine wahrhaft absurde Idee. Ich habe mich im Übrigenauch schon mit Dr. Schmitz unterhalten, der ja gerne möchte, dass Frau Wiesner gegen Kaution vorläufig auf freien Fuß kommt. Ich werde diesem Gesuch selbstverständlich nicht zustimmen. Das nur zu Ihrer Information.«
»Wenn Frau Wiesner, wie Sie sagen, unter einer Wahnvorstellung leidet, dann könnte man ja auch ein psychologisches Gutachten über sie erstellen lassen. Das ist doch in solchen Fällen gang und gäbe.«
Küchler schaute kurz auf die Uhr und erwiderte in fast eisigem Ton: »Ich weiß genau, worauf Sie hinauswollen. Aber diese Frau ist meiner Meinung nach nicht unzurechnungsfähig. Sie wusste ganz genau, was sie tat. Und dafür wird sie ihre gerechte Strafe bekommen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen, ich muss den Haftrichter informieren. Sie hören von mir.«
Nachdem Küchler entschwunden war, sagte Durant: »Bei diesem Typ wird mir einfach nur speiübel. Der will die Wiesner fertig machen, aber das werde ich nicht zulassen.«
»Julia, du hast gegen Küchler nicht den Hauch einer Chance. Wir sollten uns besser auf unsere Sachen konzentrieren und jetzt zur andern Wiesner fahren.«
»Schon gut, doch allein der Gedanke …« Sie winkte ab, zündete sich eine Gauloise an und sagte: »Komm, fahren wir.«
Samstag, 17.35 Uhr
Sophia Wiesner trug ein langes, schwarzes Kleid und durchsichtige schwarze Handschuhe. Sie machte ein leidendes Gesicht, als sie die Kommissare ins Haus bat.
»Entschuldigen Sie, Frau Wiesner, es ist etwas später geworden, aber …«
»Das macht nichts«, sagte sie mit ebenso leidensvoller Stimme, »treten Sie bitte ein.« Sie bot ihnen einen Platz an, Hellmer und Durant setzten sich.
»Frau Wiesner, Sie wurden ja sicherlich bereits unterrichtet, dass Ihre Schwägerin wegen Mordverdachts festgenommen wurde.«
Sie lachte schrill auf und stieß mit funkelndem Blick hervor: »Allerdings. Und wenn sie es war, dann soll sie in der Hölle schmoren. Sie hat mir nicht nur meinen Mann, sondern den Kindern auch den Vater gestohlen. Das werde ich ihr nie vergeben!«
»Das kann ich verstehen«, sagte Durant. »Nichtsdestotrotz benötigen wir noch einige Informationen von Ihnen …«
»Von mir, warum?«
»Es gibt ein paar Ungereimtheiten, die wir gerne geklärt hätten. Sie haben doch einen Chauffeur, oder?«
»Ja, natürlich. Und?«
»Der war aber gestern nicht mit in dem Landhaus und auch nicht auf der Beerdigung Ihres Schwagers. Warum nicht?«
»Weil die Beerdigung eine Familienangelegenheit war. Und ins Landhaus ist mein Mann grundsätzlich allein gefahren.«
»Können Sie sich vorstellen, weshalb Ihre Schwägerin Ihren Mann getötet hat?«
»Fragen Sie sie doch. Sie muss wissen, warum sie dieses wahnsinnige Verbrechen begangen hat. Sie muss verrückt sein, etwas anderes fällt mir dazu nicht ein«, sagte sie mit abfällig heruntergezogenen Mundwinkeln.
»Sie haben also keine Ahnung, welches Motiv Ihre Schwägerin gehabt haben könnte?«, fragte Durant noch einmal.
»Nein, ich habe absolut keine Ahnung. Mein Mann hat nie einem andern Menschen etwas getan. Ich weiß nicht, was in ihrem kranken, verkommenen Hirn vorgegangen ist.«
Julia Durant ging auf die letzte Bemerkung nicht ein, sondern fragte stattdessen: »Hat Ihr Mann jemals mit Ihnen über die Bank gesprochen?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen. Wenn Sie sich vielleicht etwas deutlicher ausdrücken könnten.«
»Nein, das kann ich nicht. Hat er mit Ihnen über seinen Beruf gesprochen oder nicht?«
»Nein. Es hätte sowieso nicht viel gebracht, denn ich
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