Das Syndikat der Spinne
kommen, dass es praktisch unmöglich ist, in knapp fünfundzwanzig Minuten von Frankfurt nach Glashütten zu fahren, nicht eingerechnet die Toleranz von etwa fünf Minuten, die mindestens vergehen, bis die Leute vom Hof gefahren sind …«
»Blumenthal.« Küchler nickte und ging im Büro auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, den Blick zu Boden gerichtet. Ohne aufzusehen, sagte er: »Er wollte unbedingt, dass Sie den Fall Wiesner weiter bearbeiten, aus welchem Grund auch immer, vielleicht weil er so herausfinden will, was Frau Wiesner weiß. Undes stimmt, die Anweisung kam direkt von ihm zu mir auf den Tisch. Das erste Mal, dass ich stutzig wurde, was Blumenthal angeht, war vor etwa zwei Jahren, als er eine Anweisung gab, bei der ich mich wunderte, dass ein Generalstaatsanwalt, der sich normalerweise nie in laufende Ermittlungen einmischt, dies in dem Fall getan hat. Ab da kamen hin und wieder solche Anweisungen, BKA-Beamte wurden plötzlich der Polizei zur Seite gestellt, wobei ich herausfand, dass diese Beamten nur dazu dienen sollten, die Arbeit der Polizei zu – boykottieren. Nun, ich habe mir dann erlaubt, ein bisschen in seinem Leben rumzustochern.« Er blickte die Kommissarin an und schüttelte leicht den Kopf. »Ich sehe im Moment keine andere Möglichkeit, als dass er die Unterlagen hat. Aber wo? Das ist das Malheur an unserem Beruf, dass man zwar immer eine Vermutung hat, aber selten hieb- und stichfeste Beweise. Wo würden Sie denn an seiner Stelle die Sachen aufbewahren?«
»Ein Schließfach ist in der Regel am sichersten. Ich kenne zwar sein Büro nicht, aber es könnte doch immerhin sein, dass er dort …«
»Ich kenne sein Büro«, sagte Küchler und legte einen Finger auf die Lippen. »Da kommt so leicht keiner rein. Im Vorzimmer sitzt die Sekretärin, die selbst keinen Zutritt zu seinem Büro hat, wenn er das Haus verlässt. Und auch sonst schottet er sich ziemlich ab. Außerdem hat er drei Leibwächter. Es könnte durchaus sein, dass er das Zeug in seinem Büro hat, allerdings wäre das ziemlich amateurhaft. Aber es gibt viele große Gangster, die durch geradezu dilettantische Fehler der Polizei ins Netz gehen. Es wäre zumindest einen Versuch wert. Aber wie kommen wir in Blumenthals Büro? Vor allem brauchen wir vorher hieb- und stichfeste Beweise, damit der Richter überhaupt den Durchsuchungsbefehl ausstellt.«
»Ich denke, Sie sollten erst einmal mit meinem Informanten sprechen«, sagte Julia Durant. »Vielleicht ergibt sich alles andere ja wie von selbst. Ich werde ihn gleich anrufen.«
»Da mögen Sie Recht haben. Ich will Sie jetzt auch nicht länger aufhalten.«
Die Kommissarin begab sich zu ihrem Auto, setzte sich hinein,startete den Motor, steckte sich eine Zigarette an und fuhr los. Blumenthal, dachte sie, du bist also das Schwein. Na gut, dann wollen wir dich mal bei den Eiern packen.
Mittwoch, 15.45 Uhr
Julia Durant hielt an einer Telefonzelle und tippte die Nummer des Hotels ein, in dem Laskin wohnte. Sie hinterließ an der Rezeption eine Nachricht für Herrn Schwarz, der bitte Frau Durant zurückrufen solle. Nur zwei Minuten später klingelte ihr Handy.
»Laskin hier. Sie wollten mich sprechen.«
»Ja. Es gibt eine neue Entwicklung. Ich komme gerade von Oberstaatsanwalt Küchler. Wir hatten ein sehr offenes Gespräch, und er wäre äußerst interessiert, sich mit Ihnen zu treffen. Wie sieht es aus?«
»Küchler? Der Name sagt mir nichts.«
»Und Blumenthal?«
»Nein. Was will Küchler von mir?«
»Er braucht Informationen, um einige Leute hochgehen zu lassen. Er ist auf unserer Seite.«
»Ganz sicher?«
»Ganz sicher.«
»Gut, wenn Sie ihm vertrauen, dann tue ich das auch. Kennt er meinen Namen oder sonstige Details aus meinem Leben?«
»Nein, Sie sind für ihn noch völlig anonym. Und was soll ich Küchler jetzt sagen?«
»Sagen Sie ihm, dass ich mich mit ihm in Frankfurt-Höchst in der Cafeteria im Kaufhaus Hertie treffen werde, und zwar heute um achtzehn Uhr. Und ich brauche die Zusage, dass ich nicht vor Gericht komme. Er soll eine
FAZ
unter dem Arm tragen, damit ich ihn erkenne.«
»Das mit dem Gericht weiß er schon und ist damit einverstanden.Alles andere werde ich ihm ausrichten. Ich ruf Sie gleich noch mal an. Und danke.«
Sie hängte ein, holte die Karte mit der Nummer von Küchler aus ihrer Tasche, setzte sich in ihren Wagen und rief ihn an. Sie wurde von seiner Sekretärin durchgestellt.
»Er ist bereit, mit Ihnen zu sprechen«,
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