Das Syndikat der Spinne
Gebhardt darf unter keinen Umständen etwas davon mitbekommen. Finden Sie heraus, wie eng die Verbindung zwischen den beiden ist. Wie Sie das anstellen, überlasse ich Ihnen. Trauen Sie sich das zu?«
Kullmer schob seinen Kaugummi von einer Backentasche in die andere und nickte. »Ich traue mir alles zu. Außerdem kenne ich beim OK jemanden, der mir noch einen Gefallen schuldet.«
»Wen?«, fragte Durant misstrauisch.
»Ist doch egal. Er ist jedenfalls okay. Und ich werde das schon so drehen, dass keiner was mitbekommt.«
»Sie haben freie Hand. Aber vermasseln Sie’s nicht. Bitte.«
»Keine Sorge. War’s das?«
»Fürs Erste ja. Viel Glück.«
Sie sprang vom Schreibtisch und ging in ihr Büro. Dort nahm sie den Hörer vom Telefon und rief bei Kuhn an. Sie sagte ihm, dass es bei ihr spät werden könne, und bevor sie auflegte, entschuldigte sie sich noch bei ihm für ihr Verhalten von gestern Abend. Er sagte, er habe das schon längst vergessen und liebe sie trotzdem. Sie lächelte.
Dienstag, 17.30 Uhr
Ramona Wiesner war allein zu Hause, als es klingelte. Die Kinder würden noch mindestens eine Woche bei ihren Eltern bleiben, und das war auch gut so. Sie wollte sie so weit wie möglich von dem ganzen Trubel fern halten. Außerdem mussten sie nichtunbedingt ihre Trauer mitbekommen, auch wenn sie die vor ihnen verbarg, wenn sie sie bei ihren Eltern besuchte.
Sie warf einen Blick auf den Monitor und drückte den Türöffner.
»Hallo, Thomas, was führt dich denn zu mir?«, fragte sie erstaunt. Er trat an ihr vorbei, lockerte seine Krawatte und knöpfte den obersten Knopf auf.
»Nichts Besonderes. Ich wollte nur mal sehen, wie’s dir heute geht.«
»Was glaubst du denn?« Sie lachte bitter auf. »Andreas ist tot, und ich laufe noch immer durch eine Nebelwand.«
»’tschuldigung. Ich weiß, es ist ein herber Verlust für dich und die Kinder, aber glaube mir, auch ich kann noch immer nicht begreifen, was da passiert ist. Wie gesagt, wenn du Hilfe brauchst, wir sind immer für dich da.«
»Danke, aber im Augenblick komme ich zurecht«, erwiderte sie kurz angebunden, da sie eigentlich allein sein wollte. Außerdem kam ihr Thomas’ Besuch ungelegen, weil sie vorhatte, zu ihren Eltern zu fahren, um zu beratschlagen, wie die Beerdigung am besten gestaltet werden konnte. Groß und aufwendig, wie ihr Mann das ihrer Meinung nach verdient hätte, oder in einem bescheidenen familiären Rahmen, was wohl eher sein Wunsch gewesen wäre.
Thomas Wiesner stellte sich etwa einen Meter vor sie. »Ramona, ich bin mir durchaus im Klaren darüber, dass Andreas und ich viele Fehler gemacht haben, was unsere Beziehung als Brüder anging, aber glaube mir, wir haben das in den letzten Monaten zum größten Teil aus dem Weg geräumt. Ich habe ihn sogar gefragt – mein Gott, früher hätte ich das nie getan –, ob er für Sophia ein Collier zu ihrem Vierzigsten anfertigen kann. Natürlich unter der Hand, und er hat Ja gesagt. Wir sind uns näher gekommen, viel, viel näher. Hat er denn nie davon erzählt?«
»Ich weiß es nicht, kann sein, kann auch nicht sein, ich bin einfach durcheinander.«
»Kann ich verstehen. Ach ja«, sagte er und strich sich über die Stirn, den Blick zu Boden gerichtet, »da ich schon mal hier bin, esgeht um ein paar Unterlagen, die Andreas eigentlich noch haben müsste. Ich will dich auch nicht lange aufhalten.«
»Was für Unterlagen?«, fragte Ramona Wiesner und lehnte sich an den Flügel.
»Ist mir ein bisschen unangenehm, aber ich habe ja bereits erwähnt, dass ich bei ihm ein Collier bestellt habe und … Na ja, es ist nicht über das Geschäft gelaufen. Dürfte ich mal kurz nachschauen, ob ich die Unterlagen finde? Vielleicht auch das Collier?«
»Muss das ausgerechnet jetzt sein?«, sagte sie und sah ihren Schwager mit befremdlichem Blick und einer Spur Misstrauen an. »Hat das nicht Zeit bis nach der Beerdigung?«
»Sicher«, antwortete Thomas Wiesner und verzog den Mund zu einem kaum merklichen Lächeln. »Es war dumm von mir, das überhaupt zu erwähnen. Ich will nur nicht, dass du unter Umständen Schwierigkeiten bekommst.«
»Du meinst, du willst verhindern, dass du Schwierigkeiten bekommst, oder?«, fragte sie bissig zurück.
»Reg dich bitte nicht auf, es war eine Sache unter Brüdern. Er hat mir einen besonders guten Preis gemacht. Ich wollte Sophia eben was Extravagantes schenken, das ist alles. Lass mich nur mal einen Blick in seine Papiere werfen.«
»Von mir aus. Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher