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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wollen, sondern uns nur als Vorzeigeobjekt brauchen. Und es gibt welche, die wollen einfach nur reden. Wir haben gelernt, zuzuhören. Ausgefallene Sexpraktiken kommen für uns sowieso nicht in Frage, das wissen unsere Kunden, und oberstes Gebot ist natürlich die Sicherheit. Ungeschützten Geschlechtsverkehr gibt es nicht einmal mit Kunden, die wir schon lange kennen.«
    »Und wie viele Kunden haben Sie?«
    »Vierzig feste und dann immer mal wieder ein paar neue, die die Langeweile zu Hause satt haben. Zumindest sagen sie das. Ich habe auch ein paar Männer, deren Frauen damit einverstanden sind, wenn sie zu mir kommen, Frauen, die einfach nur ihre Ruhe haben wollen. Ich glaube, es gibt kaum ein Gewerbe, in dem man mehr über menschliche Verhaltensweisen und Abgründe lernt als in meinem. Manchmal komme ich mir wie eine Psychologin vor, wenn ein Mann mir sein Herz ausschüttet und ich genau weiß, wie verzweifelt er ist. Andere spielen natürlich nur, aber mit der Zeit kann man unterscheiden, welche Gefühle echt und welche nur gespielt sind.«
    »Und wie viel kriegen Sie für einen Tag?«
    »Es kommt drauf an, was der Kunde wünscht. Wenn er eine Stunde mit mir zusammen sein will, dann kostet das dreihundert Mark. Ein Tag von Mittag bis zum nächsten Morgen zwischen zweitausend und fünftausend Mark, es kommt eben auf die Wünsche des Kunden an. Und glauben Sie mir, es sind nicht wenige, diebereit sind, diese Summe zu bezahlen. Und wenn Sie’s genau wissen möchten, für die Zeit in Paris von Samstag bis heute habe ich zehntausend Mark erhalten, plus ein paar Extras.«
    Julia Durant trank ihr Glas leer, behielt es aber in der Hand. »Sie haben vorhin gesagt, dass Sie Oberkommissar Gebhardt hin und wieder Informationen zukommen lassen. Woher haben Sie diese?«
    »Hauptsächlich von einem Kunden, der allerdings nicht genannt werden möchte, der aber schon einige Male erfahren hat, dass Kinder vor allem aus Osteuropa, aber auch aus Deutschland zur Prostitution gezwungen werden. Es ist das Scheußlichste überhaupt, was man sich nur vorstellen kann. Ich habe einmal Bilder von solchen Kindern gesehen, und mir hat das Herz geblutet. Er sagt es mir und weiß auch, dass ich diese Informationen an die Polizei weitergebe, ja, er hat mich sogar darum gebeten.«
    »Das heißt, Sie sind auf Gebhardt zugegangen und nicht er auf Sie?«, fragte die Kommissarin.
    Natascha senkte den Blick und ließ eine Weile verstreichen, bevor sie zögernd antwortete: »Nein, das hat sich anders abgespielt.« Sie hob den Kopf, sah die Kommissarin mit einem gequälten Lächeln an und sagte: »Jetzt müssen
Sie
mir versprechen, dass das unter uns bleibt. Sie dürfen mit niemandem darüber reden, denn ich habe Angst, dass mir sonst das Gleiche passieren könnte wie Irina.«
    Durant sah Hellmer an, der ihren Blick aber nicht erwiderte, sondern zu Boden schaute. »Versprochen.«
    »Kurz nachdem ich in Deutschland war, habe ich Mist gebaut. Das war noch zu einer Zeit, als ich in einem kleinen Bordell gearbeitet habe. Es ist unwichtig, was es war, aber ich hätte dafür ins Gefängnis kommen können, hat zumindest Gebhardt gesagt. Doch er hat mir ein Angebot gemacht. Ich sollte mich umhören und ihn mit Informationen füttern. Außerdem hat er gesagt, dass ich, wenn ich nicht spure, im Gefängnis landen würde. Und dann hat er mir noch ein Päckchen Rauschgift gezeigt, fies gelacht und gemeint, es sei ganz einfach, mich hinter Gitter zu bringen. Seitdem arbeite ich für ihn.« Die letzten Worte spie sie bitter hervor.
    Julia Durant zog die Stirn in Falten und sah Natascha auffordernd an. »Ist da noch mehr?«
    Natascha wandte den Blick ab und schwieg.
    »Natascha, ich war ein paar Jahre in München bei der Sitte und kenne die Gebräuche dort. Einige Beamte arbeiten gerne in die eigene Tasche. Ganz ehrlich jetzt, zahlen Sie an ihn?«
    Natascha nickte nur.
    »Wie viel?«
    »Dreitausend im Monat.«
    »Großer Gott, dreitausend! Und das allein an Gebhardt? Zahlen Sie noch an jemand anderen?«
    »Nein«, antwortete Natascha kopfschüttelnd, »nur an ihn. Was werden Sie jetzt tun?«, fragte sie mit ängstlichem Blick.
    »Im Moment gar nichts. Wir müssen erst noch Fakten sammeln. Und bei Gelegenheit lassen wir ihn hochgehen.«
    »Aber bitte, sagen Sie nicht, dass Sie das von mir haben. Er bringt mich um …«
    »Hat er auch Irina erpresst?«
    »Nein, Irina wusste nichts davon. Er hat sie in Ruhe gelassen. Ich weiß zwar nicht, warum, aber nur ich musste für

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