Das Syndikat der Spinne
Berger stand da und füllte mit seiner massigen Gestalt den gesamten Türrahmen aus. »Was gibt’s denn so Geheimnisvolles zu besprechen?«
»Gar nichts«, antwortete Durant mit Unschuldsmiene, »wir wollten Sie nur nicht bei Ihrem Telefonat stören.«
»Na gut. Und wie ist es bei Ihnen gelaufen?«
Durant zuckte mit den Schultern und sagte: »Ich habe mit einem Mitarbeiter von der Maric gesprochen und den Tresor und die Bürotür versiegelt. Güttler und Wilhelm sollen da mal hinfahren und alle wesentlichen Akten herschaffen, und zwar heute noch. Ach ja, und wir sollten eine Soko bilden. Am besten nennen wir sie Ruma.«
»Wieso Ruma?«
»Abkürzung für Russenmafia«, sagte Durant, während sie eine Zigarette aus der Schachtel zog.
»Ich werde mich darum kümmern, und morgen früh machen wir eine Einsatz- und Lagebesprechung. Küchler hat übrigens auch schon wieder angerufen«, berichtete Berger. »Er will wissen, wie unsere Ermittlungen vorangehen. Ich musste ihm natürlich sagen, dass wir es jetzt mit einem dritten Mord zu tun haben. Er hat angefangen zu bohren …«
»Und was haben Sie gesagt?«, fiel ihm Durant ins Wort.
»Was soll ich schon gesagt haben, die Wahrheit natürlich. Außer dass ich ein paar Details weggelassen habe, wie zum Beispiel Ihren Besuch bei Frau Wiesner vergangene Nacht. Er muss ja noch nicht alles wissen, oder?«
»Und wie hat er reagiert?«
»Zurückhaltend. Er meinte, wir sollten mal in Erwägung ziehen, mit den Kollegen vom OK zusammenzuarbeiten. Es könne ja immerhin sein, dass es sich um organisierte Kriminalität handelt.«
»So was schließen wir doch völlig aus, oder?«, meinte Durant und sah Berger mit eindeutig vieldeutigem Blick an.
»Ich habe ihm gesagt, dass es im Moment noch keine konkreten Hinweise bezüglich derlei Aktivitäten gebe, da die Morde an zwei Juwelieren und einer Prostituierten begangen wurden. Es könne auch eine viel einfachere Lösung geben, und Sie würden die Ermittlungen schon richtig leiten. Das war doch in Ihrem Sinn, oder?«, entgegnete Berger schelmisch grinsend.
»Ich hätt’s nicht besser formulieren können. Ich hoffe nur, der lässt uns ab jetzt in Ruhe arbeiten.«
»Wird er schon. Er schien ganz zufrieden, als er aufgelegt hat. Und ich soll Sie von ihm grüßen.«
»Bitte was?«, fragte die Kommissarin ungläubig. »Von Küchler? Das glaub ich nicht.«
»Doch, wirklich. Er hat wortwörtlich gesagt: ›Richten Sie Frau Durant einen herzlichen Gruß von mir aus.‹ Und das habe ich hiermit getan.«
»Das ist nicht normal. Seit ich ihn kenne, haben wir uns nie besonders gut verstanden. Allerdings hatten wir auch nie viel miteinander zu tun. Und wenn, hat er sich immer in unsere Ermittlungen eingemischt und den großen Macker markiert. Nee, das ist nicht Küchlers Art. Da kommt noch was, wetten?«
Berger zuckte mit den Schultern und wollte schon wieder in sein Büro gehen, als Durants Stimme ihn zurückhielt. »Was ist mit der Telekom?«
»Leider erst morgen. Das kriegen die heute nicht mehr auf die Reihe.«
»Die sollen nicht so ’n Mist reden! Die sind nur zu faul, das ist alles. Aber wenn die Sachen nicht bis morgen früh um zehn hier auf dem Tisch liegen, fahr ich persönlich hin und hole sie mir. Wenn’s sein muss, mit Waffengewalt«, fügte sie hinzu.
Berger winkte nur genervt ab und verschwand in seinem Büro.
»Nun gut«, sagte Durant. »Ich häng mich ans Telefon und ruf bei Frau Wiesner an. Danach gehe ich noch mal alle bisher vorliegenden Fakten durch und mach mich spätestens um fünf auf den Heimweg. Wenn noch irgendwas sein sollte, ich sitze regungslos hinter meinem Schreibtisch, lasse mir vom Ventilator die heiße Luft um die Ohren wehen und träume davon, es wäre eine warme Meeresbrise am Atlantik.«
Sie tippte die Nummer von Ramona Wiesner ein, erreichte sie aber erst auf ihrem Handy. »Ich wollte mich nur mal erkundigen, wie es Ihnen geht«, sagte Julia Durant.
»Es wird allmählich. Ich bin heute viel unterwegs, habe einen Sarg ausgesucht, war bei unserem Gärtner wegen der Blumen und eines Kranzes und werde vielleicht noch ein wenig spazieren gehen. Wenn Sie möchten, können wir ja heute Abend noch mal telefonieren.«
»Das tun wir, denn ich muss Ihnen noch etwas mitteilen. Aber das ist nicht so dringend. Bis heute Abend.«
Durant legte auf, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und machte ein nachdenkliches Gesicht. Sie griff nach einem Block und schrieb alles auf, was ihr zu den Fällen
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