Das Syndikat der Spinne
irgendwo.«
»Mal angenommen, sie hat gestern Abend tatsächlich Besuch gehabt, mit dem sie sich vergnügt hat, dann muss das ja nicht unbedingt heißen, dass ihr Liebhaber auch ihr Mörder ist. Was, wenn der erst später kam, als der andere schon wieder weg war? Ist doch möglich?«
»Dann haben wir Pech gehabt«, entgegnete Durant lakonisch. »So, und jetzt lassen wir die Spurensicherung und unsern lieben Professor ihre Arbeit verrichten. Zuerst aber will ich noch wissen, ob er schon sagen kann, ob sie Geschlechtsverkehr hatte.«
Der Fotograf packte seine Ausrüstung zusammen und verabschiedete sich mit einem Kopfnicken. Morbs stellte seine Tasche neben das Bett und begann die Tote zu untersuchen. Durant und Hellmer standen bei ihm und sahen ihm bei der Arbeit zu.
»Sie weilt schon seit längerem nicht mehr unter den Lebenden. Vermutlich seit zwölf Stunden, plus/minus zwei.«
»Geschlechtsverkehr?«
»Nicht so schnell, nicht so schnell. Moment.« Er nahm eine kleine Taschenlampe, spreizte die Schamlippen ein wenig, leuchtete in die Vagina und nickte. »Sie hatte. Und zwar ausgiebig, vaginal und anal. Ich lasse die Spermaproben nachher untersuchen. So, und jetzt, werte Dame, messen wir die Temperatur rektal. Das Ding ist zwar nicht so groß wie das, womit Sie letzte Nacht beglückt wurden, aber immerhin wollen wir Ihnen wenigstens noch einen postmortalen Genuss verschaffen«, sagte er grinsend und warf einen kurzen Blick auf die Kommissare. Hellmer grinste ebenfalls vor sich hin. Durant stieß ihn leicht in die Seite, konnte aber auch ihr Grinsen nicht verbergen. »Ihr Männer seid selbst in solchen Situationen noch zu Scherzen aufgelegt. Möchte mal wissen, wie ihr euch fühlen würdet …«
»Das wäre dann meine erste homosexuelle Erfahrung«, erwiderte Hellmer trocken und musste plötzlich laut lachen.
»Arsch«, sagte Durant leise. Nach zwei Minuten piepste das Thermometer, Morbs zog es heraus und las die Temperatur ab. »26,4 Grad bei einer Raumtemperatur von 22 Grad, die Leiche ist unbekleidet. Todeszeitpunkt zirka dreiundzwanzig Uhr. Noch etwas?«, fragte Morbs.
»Nee, das war’s. Und besten Dank auch. Wann bekommen wir den Bericht?«
»Morgen im Laufe des Vormittags. Haben Sie übrigens schon den Wetterbericht gehört? Es soll in den nächsten Tagen rapide bergab gehen, mit den Temperaturen, meine ich.«
»Könnte nicht schaden. Dann ist man wenigstens wieder in der Lage zu denken. Machen Sie’s gut.«
Hellmer und Durant überließen das Feld Morbs und der Spurensicherung. Sie gab die Anweisung, die Wohnung nach Beendigung der Arbeiten zu versiegeln. Die Gnadenlosen, wie sie scherzhaft von der Polizei genannt wurden, waren inzwischen ebenfalls eingetroffen und warteten darauf, die tote Helena Maric abzutransportieren.
»Befragen wir jetzt noch jemanden hier im Haus, oder lassen wir’s?«
»Es sind nur drei Parteien. Ich nehm die im dritten, du die im zweiten, und die im Erdgeschoss machen wir zusammen. So sind wir schneller fertig. Außerdem habe ich Hunger und Durst. Und ich will sehen, wie weit Kullmer mit seinen Recherchen über Gebhardt gekommen ist.«
Nach nicht einmal zehn Minuten waren ihre Befragungen beendet. Sie hatten eine junge Frau angetroffen, die bis um drei Uhr morgens bei einer Geburtstagsfeier gewesen war, und den Mann, den Durant bereits kennen gelernt hatte. Er war zwar zu Hause gewesen, hatte aber angeblich nichts bemerkt. Er habe den Abend über auf dem Balkon verbracht und sei dort auch eingenickt. Er konnte lediglich sagen, dass er hin und wieder einen sehr schlanken südländischenMann mit Helena Maric gesehen habe, war jedoch nicht in der Lage, ihn genauer zu beschreiben.
»Hast du was anderes erwartet?«, fragte Hellmer, als sie sich zu ihren Autos begaben.
»Eigentlich nicht. Ich muss jetzt noch mal kurz nach Bornheim, den Mitarbeitern die Nachricht überbringen. Ich bin am Nachmittag wieder im Büro. Bis dann.«
Die Mitarbeiter von Helena Maric berieten gerade zwei Kunden, als die Kommissarin das Geschäft betrat. Der Mann schaute auf, runzelte die Stirn, bat die Kundin, sich einen Moment zu gedulden, und kam auf Durant zu.
»Was gibt es?«
»Herr …«
»Schmitz.«
»Herr Schmitz, können wir uns kurz unter vier Augen unterhalten?«
»Sie sehen doch, dass ich Kundschaft habe. Sie müssten sich schon noch eine halbe Stunde gedulden.«
»Tut mir Leid, so lange kann ich nicht warten. Also, was ist?« Sie sah ihn mit einem Blick an, der ihn
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