Das Syndikat der Spinne
Patientenkartei aus der Praxis zu holen. Anschließend werde ich meine Familie einweihen und sie instruieren, was den morgigen Tag betrifft. Ab morgen fängt für uns ein neues, ungewisses Leben an. Und ich kann Ihnen nur raten, gut auf sich aufzupassen.«
Andrejew erhob sich. Schulze packte seine Sachen in die Tasche, sagte aber noch, bevor er ging: »Dr. Andrejew, ich weiß, Sie haben Ihre Entscheidung getroffen. Dennoch sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, was ich Ihnen vorgeschlagen habe. Es kostet mich nur einen Anruf, und die Polizei stellt Ihnen Personenschutz oder gibt Ihnen eine andere Identität. Die haben viele Möglichkeiten.«
»Ihr Engagement in allen Ehren, Herr Schulze, aber das kommt für mich im Augenblick nicht in Frage. Alea iacta est, der Würfel ist gefallen, wie es so schön heißt.«
Schulze fühlte Mitleid mit Andrejew und konnte auch seinen Schritt, alles hinter sich zu lassen, nachvollziehen. Sie reichten sich die Hände, und Schulze sagte: »Machen Sie’s gut. Und passen vor allem Sie auf sich und Ihre Familie auf. Ich wünsche Ihnen viel Glück für die Zukunft. Und ich verspreche Ihnen, Ihren Namen nicht zu nennen.«
»Danke. Ich habe Ihnen das alles nur erzählt, damit die Welt endlich einmal erfährt, wie manche Bürger systematisch kaputtgemacht werden. Aber ich denke, ich habe noch einige Jahre vor mir, und die will ich genießen. Sofern Gott will. Aber ich glaube an Gott und an die Gerechtigkeit. Manche Menschen werden eben etwas härter geprüft, andere wieder weniger. Doch Gott ist dennoch ein gerechterGott. Er hat mir eine wundervolle Familie geschenkt und uns mit Gesundheit gesegnet. Er wird uns helfen, die nächsten Tage und Wochen durchzustehen. Und möglicherweise werde ich mich einmal mit Ihnen in Verbindung setzen, denn ich habe vor, irgendwann ein Buch über meine Erlebnisse zu schreiben. Wenn wir unsere Erkenntnisse in einen Topf werfen, vielleicht kommt ein Bestseller dabei heraus«, sagte Andrejew, dieser feine Mann, lächelnd.
»Wir sollten diesen Gedanken unbedingt im Auge behalten. Ich bin jederzeit für Sie da. Dann viel Glück«, entgegnete Schulze und wollte schon gehen, als ihm eine Idee durch den Kopf schoss. »Dr. Andrejew, mir fällt da gerade etwas ein. Ganz kurz nur. Sie sagten doch, Sie könnten dieses Haus und auch das Haus in Frankreich nicht verkaufen, weil es zu gefährlich sei. Sie reisen morgen ab, und ich nehme an, Sie brauchen auch etwas Geld, bevor Sie wieder richtig praktizieren können. Deshalb mein Vorschlag: Sie überschreiben mir die Häuser, und ich werde einen Makler beauftragen, sie in meinem Namen zu verkaufen. Sie rufen mich in, sagen wir, einem Monat an, und sollte bis dahin alles über die Bühne gegangen sein, überweise ich Ihnen das Geld. Es ist, wie gesagt, nur ein Angebot.«
Andrejew überlegte, fuhr sich mit einer Hand übers Kinn, nickte, ging wortlos an den Schrank und holte eine Mappe heraus. Als er zurückkam, sagte er: »Nehmen Sie doch bitte wieder Platz. Ich habe sämtliche Papiere über alle Häuser, die mir gehören, hier drin. Für dieses Haus bekommen Sie mit Sicherheit eine Million, für das Haus in Frankreich sogar etwas mehr. Wären Sie mit zwanzig Prozent Provision einverstanden?«
Schulze winkte verlegen ab. »Dr. Andrejew, mir geht es nicht um Geld …«
»Wenn Sie das für mich tun, dann bestehe ich darauf. Zwanzig Prozent des Verkaufserlöses gehören Ihnen. Als Journalist verdient man, soweit mir bekannt ist, nicht sonderlich viel.«
»Dr. Andrejew, bitte …«
»Entweder oder.« Andrejew blieb unnachgiebig.
»In Ordnung, ich gebe mich geschlagen«, erwiderte Schulze. »Dann lassen Sie uns das schnell hinter uns bringen. Haben Sie hier im Haus die Möglichkeit, Kopien zu machen?«
»Ich habe einen Tischkopierer in meinem Arbeitszimmer.«
»Dann machen Sie doch bitte Kopien von sämtlichen Unterlagen, die Sie über Ihre Häuser haben, und zwar alle Häuser. Wir wollen doch mal sehen, ob wir die Ratten nicht von dort vertreiben können«, sagte Schulze entschlossen.
»Herr Schulze, Sie erstaunen mich. Anfangs dachte ich, alle Journalisten seien gleich. Sie sind offenbar eine erfrischende Ausnahme. Wenn Sie bitte warten wollen, ich mache nur schnell die Kopien. Danach werde ich die Überschreibungspapiere ausstellen, mit Datum, Stempel und Unterschrift. Es soll ja alles seine Richtigkeit haben.«
Nach kaum einer halben Stunde war alles erledigt. Andrejew drückte Schulze die Papiere und je
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