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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Mercedes ihres Schwagers und Sophias Alfa Romeo Coupé. Sie ging auf das Tor zu und klingelte. Es dauerte eine Weile, bis Thomas Wiesner den Weg zum Tor herunterkam und öffnete.
    »Hallo, Ramona«, sagte er sichtlich überrascht, »was führt dich denn hierher?«
    »Mir geht’s nicht so besonders. Kann ich reinkommen?«
    »Natürlich. Unser Haus ist auch dein Haus. In diesen schweren Zeiten müssen wir Wiesners doch zusammenhalten. Sophia und dieKinder sind hinten im Garten, es soll ja angeblich der letzte schöne Tag für eine ganze Weile sein. Möchtest du mit nach draußen kommen?«
    »Dürfte ich erst mal die Toilette benutzen?«, fragte Ramona Wiesner.
    »Du weißt ja, wo sie ist. Ich geh wieder zu den andern in den Garten.«
    Sie machte sich frisch, ließ kaltes Wasser über die Arme laufen, benetzte das Gesicht und zog die Lippen nach. Anschließend begab sie sich nach draußen, wo Thomas und Sophia im Schatten saßen, während die Kinder Mario, Angelina und Carlotta ausgelassen im Swimmingpool planschten.
    »Komm, setz dich zu uns. Möchtest du auch einen Martini auf Eis?«, fragte Thomas und entschuldigte sich gleich für diese Frage. »Sorry, ich bin ein Trampel. Du trinkst ja keinen Alkohol. Was darf ich dir bringen, Wasser, Saft, Cola?«
    »Eine Cola zum Wachwerden. Und schön kalt, bitte.«
    »Ist sofort da«, sagte Thomas Wiesner und stand auf.
    »Und, kommst du zurecht?«, fragte Sophia, die einen knielangen, weit geschnittenen dunkelblauen, fast schwarzen Hänger trug, und sah Ramona Wiesner mit dem ihr typischen Sophia-Muti-Blick an – abschätzend, als läge sie immer auf der Lauer, ob ihr Gegenüber einen Fehler machte und sie zuschlagen konnte.
    »Ich habe das Gefühl, es wird von Tag zu Tag schlimmer. Ich kann kaum schlafen, nicht mehr klar denken, aber irgendwann …« Sie schluckte schwer, rang mit den Tränen, fing sich aber gleich wieder. »Es ist alles wie ein Albtraum. Ich zermartere mir das Hirn, was ich falsch gemacht habe, aber ich bin mir keiner Schuld bewusst, weswegen Andreas sich eine … Ich mag das Wort überhaupt nicht aussprechen. Ich bin einfach mit den Nerven am Ende. Wenn die Kinder nicht wären, ich weiß nicht, was ich tun würde. Am liebsten wäre ich tot.«
    »Lass erst mal die Beerdigung vorbei sein, dann wirst du auch wieder richtig schlafen können. Wenn du möchtest, kannst du heuteNacht hier bleiben. Wir haben genug Platz«, sagte Sophia mit fürsorglicher Stimme, rückte näher an sie heran und legte einen Arm um sie. »Es wäre sicherlich sogar besser, wenn du heute Nacht nicht allein wärst. Hier hast du Ruhe, und du bist trotzdem nicht allein.«
    »Danke«, erwiderte Ramona Wiesner mit einem gequälten Lächeln, »ich werde es mir überlegen. Vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee.«
    »Ich mach uns nachher ein schönes Abendbrot, und wir können uns noch ein bisschen unterhalten.«
    »Ich habe euer Dienstmädchen heute noch gar nicht gesehen.«
    »Sie hat ihren freien Tag, genau wie der Chauffeur, der dafür morgen wieder Dienst hat, denn Thomas muss trotz des Feiertags in die Bank.«
    Thomas Wiesner kam mit einem großen Glas Cola zurück, in dem mehrere Eiswürfel schwammen. Er reichte es Ramona, die ein paar kleine Schlucke nahm und es dann auf den Tisch stellte. Ihr Schwager setzte sich in seinen Liegestuhl und schloss die Augen. »Weißt du jetzt schon Näheres, was die Beisetzung betrifft?«
    »Ja, am Freitag um zwölf Uhr auf dem Sossenheimer Friedhof. Andreas wird natürlich im Familiengrab beigesetzt. Und die Beerdigung findet im engsten Familien- und Freundeskreis statt, das hätte er so gewollt.«
    »Ich habe auch nichts anderes erwartet. Hat die Polizei inzwischen neue Erkenntnisse, was die Beziehung zwischen dieser Puschkin und meinem Bruder angeht?«
    »Nicht dass ich wüsste«, log Ramona Wiesner. »Was immer ihn zu dieser Tat veranlasst hat, wir werden es wohl nie herausfinden. Und um ehrlich zu sein, ich will es auch gar nicht wissen.«
    »Mich würde es schon interessieren«, sagte Thomas Wiesner. »Ich meine, er war mein Bruder, und ich hätte nie für möglich gehalten, dass er zu so etwas fähig sein könnte. Überhaupt, dass er sich eine Geliebte gehalten haben könnte, hätte ich stets als geradezu absurd abgetan.«
    Ramona Wiesner sah ihren Schwager an, der die Augen noch immergeschlossen hatte, und wunderte sich über seine Worte. Hatte er nicht erst vorgestern gesagt, er habe schon mal die Vermutung gehabt, dass … Nein, du

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