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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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gleiten.
    Ja, die Dinge waren nicht ganz so gelaufen wie geplant. Grévy war doch tatsächlich umgefallen. Hatte er ihm, Roth, viele Monate lang etwas vorgespielt? Diese Frage begleitete ihn seit jenem merkwürdigen Treffen.
    »Ich soll vor Gericht.«
    Roth hatte Grévys Stimme noch im Ohr, darin lag nicht nur Angst, darin lag noch etwas anderes: Drohung. Er hatte nicht gesagt: »Dann packe ich aus.« Er hatte nur gesagt: »Ich soll vor Gericht«, und das mit diesem Unterton.
    Dass Grévy so schnell handelte, hatte Roth nicht erwartet. Die Verabredung mit dem Journalisten auf der Skipiste hätte beinahe ernsthafte Konsequenzen gehabt. Und dann hatte er, Roth, auch noch erfahren, dass im Hotelzimmer dieses Journalisten zwei Leute gewesen waren. Wenn der Portier nicht so auskunftsfreudig gewesen wäre, hätte er länger gebraucht, um herauszufinden, um wen es sich handelte. Karen Burnett, sie hat einen Preis gewonnen. Roth musste lächeln. Und dass es keinen Thibault beim SE gab, hatte er dank seiner Kontakte ganz schnell rausgefunden.
    Ein wunderbares Bild hatte die Überwachungskamera des Hotels von dem netten Pärchen gemacht, auch wenn die kleine Journalistin darauf etwas ramponiert aussah ... Aber die beiden liefen immer noch munter in der Gegend herum, das war ärgerlich – und demütigend.
    Sein Blick wurde nach rechts gelenkt, wo ein Sonnenstrahl durch die graue Wolkendecke drang und in den verspiegelten Fassaden des über den Dächern hinausragenden Glaskomplexes des Europäischen Parlaments aufblitzte. Ein Babylon von Interessen – an dem er kräftig verdiente.
    Soziale Intelligenz war die wichtigste Voraussetzung dafür, und damit war er reich gesegnet. Er wusste, wen man wegen welcher Sache ansprechen musste, wem man was geben oder versprechen musste, um etwas anderes zu bekommen, und er wusste viel, sehr, sehr viel über die Menschen, mit denen er zu tun hatte. Dazu beschäftigte er hier in seinem Büro in der Rue de la Loi drei Mitarbeiter, die nichts anderes taten, als in allen möglichen Quellen nach Informationen über bestimmte Menschen zu forschen.
    Mit einem gewissen Stolz sah er die übrigen zehn Mitarbeiter vor sich, die seinem Büro gegenüber in drei Räumen untergebracht waren und die Internet, Datenbanken, Zeitschriften und Zeitungen nach bestimmten Begriffen und Themen durchforsteten, die er vorgab.
    Er goss sich ein Glas Mineralwasser ein.
    Koch, dachte er, er würde auch ihm etwas zukommen lassen müssen. Freundschaft musste schließlich gepflegt werden. So manches Kölsch hatte er damals in Bonn mit dem jetzigen Geschäftsführer der EDA gekippt, dabei hatten sie ihre Visionen von der Welt diskutiert. Und das waren ziemlich düstere Szenarien gewesen.
    Koch hatte in einer Studie das formuliert, was er, Roth, sofort unterschreiben würde: Der Fokus der europäischen Verteidigung lag auf der Verteidigung des Weltwirtschaftssystems, indem man sich gegen den bevorstehenden Krieg rüstete gegen die vom Wohlstand ausgeschlossenen Massen. Gegen die ärmste Milliarde der bald acht Milliarden. Und die lebte außerhalb von Europa.
    Er selbst stellte sich vor, wie wilde, hungrige Horden Schwarzafrikaner ein blühendes Europa überrannten, seine grünen Wiesen zertrampelten, seine Städte niederrissen, Kirchen und Frauen schändeten. Um das zu verhindern, war Koch angetreten. Bessere Kontrolle der EU-Grenzen, härtere Strafen gegen illegale Einwanderer. Allerdings: Die endgültige Entscheidung über Waffenkäufe und Forschungsaufträge fällte nicht die EDA, sondern der Lenkungsausschuss mit den EU-Mitgliedsstaaten, der wiederum den Vorgaben des Rats der Europäischen Union unterworfen war.
    Behäbig und zäh funktionierte dieser Apparat, ständig wurden Vorschläge und Nachbesserungen hin und her geschoben, bis man sich nach oftmals ewig langer und zermürbender Zeit und endlosen Sitzungen auf einen lauen Kompromiss einigen konnte.
    Doch er war schon mehr als zehn Jahre in Brüssel, er kannte sich inzwischen aus in diesem engmaschigen Gewebe von Abhängigkeiten, Gefälligkeiten und Intrigen, er wusste, wie man den Informationsfluss lenken musste.
    Es war nicht immer leicht gewesen, aber seitdem das Syndikats -Mitglied Jürgen Koch im Amt war, liefen die Geschäfte gut.
    Roth drehte sein Handgelenk und sah auf seine goldene Rolex. Gleich war es so weit.

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    »Sieh dir das an, jetzt schicken uns die Franzosen auch noch ihre Biowaffen«, brummte Einsatzleiter van Ostaijen, der als einer der wenigen

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