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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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verzog schmerzhaft das Gesicht.
    »Karen«, schaltete Vic sich zaghaft ein, doch Karen beachtete ihn nicht.
    »Schon gut, Mom, ich weiß«, sagte Karen, »ich war wahrscheinlich ... eine Parthenogenese.«
    »Eine ...«
    »... Jungferngeburt, Mom. Es wundert mich, dass du das nicht weißt, wo du doch sonst immer alles weißt. Ich gehe jetzt. Auf Wiedersehen. Aber ich glaube, wir sehen uns nicht mehr wieder.«
    »Karen!«, hörte sie ihre Mutter rufen. »Du darfst mich nicht enttäuschen, hörst du? Du darfst nicht aufgeben!«
    Sie rannte die Treppe hinunter, stieß die Eingangstür auf und stand endlich auf der Straße. Die kalte Luft traf sie so unvermittelt, dass sie stehen blieb und tief durchatmete.
    Warum veränderte sich alles? Sie hätte so weiterleben können. Mit ihrem tapferen Vater John Kelly, ihrer Mutter, der bekannten, egozentrischen, bei einem tragischen Tauchunfall ums Leben gekommenen Journalistin. Alles hatte seine Ordnung gehabt, seinen Platz. Jetzt war nur noch Chaos um sie herum. Am liebsten hätte sie geheult, geschrien, wäre noch mal hinaufgelaufen, hätte ihre Mutter aus ihrem verdammten Rollstuhl gezerrt und sie geschüttelt, bis sie endlich den Namen ihres Vaters nannte, bis sie ihr endlich alle Geheimnisse verriet, bis sie ... bis sie sie endlich umarmte und weinte! Und sagte, es täte ihr leid wegen all der Jahre ...
    Karen zog die schwere Haustür wieder auf. Warum nur hoffte sie noch immer, ihre Mutter würde ihre Gefühle ernst nehmen?

93
    Es war dunkler geworden, schwere Wolken schienen in den kahlen Akazienbäumen festzuhängen, und die Autos schlichen mit eingeschalteten Scheinwerfern vorbei.
    Gedankenversunken ging sie über die Straße auf den Lexus zu, in dem Gibbs auf dem Beifahrersitz hockte und sie nicht aus den Augen ließ. Jetzt fing er an zu bellen und sprang gegen die Scheibe, dann auf den Rücksitz.
    Gibbs, was ist? Sie wandte den Kopf, und ihr Blick fiel auf den Wagen hinter dem Lexus. Irgendetwas stimmte nicht mit der Windschutzscheibe.
    Sie ging näher. Ein weißer Stern, so sah es aus, prangte auf der Fahrerseite, in der Mitte ein sauberes Loch. Dahinter sah sie ein bleiches Gesicht mit einem kreisrunden schwarzen Fleck auf der Stirn. Ein dünnes Rinnsal verlief wie ein Riss über das Gesicht.
    Beide Hände lagen schlaff auf den Oberschenkeln. Als sie näher trat, bemerkte sie an einem Finger einen großen Siegelring. Dann erst realisierte sie, dass es sich um einen Porsche handelte – mit belgischer Nummer.
    Die Überwachungskamera ... Das war Roth, Hans-Peter Roth ...
    Wieso wusste er, dass sie hier war?
    Viel Glück hatte Teecee ihr gewünscht, als er ihr die Adresse von Helen Durban gegeben hatte.
    Teecee?
    Wie sie hinters Steuer gekommen war und zurück auf die Autobahn, wusste sie nicht. Erst als sie an einer Raststätte anhielt, wachte sie auf aus ihrem Schock. Sie stellte den Motor ab, und eine Weile saß sie nur da und versuchte etwas zu empfinden, Erleichterung, Glück, Freude, sogar Wut, aber da waren nur dieser graue Parkplatz und der Schneeregen – und eine stille Leere in ihr. Schließlich stieg sie aus, führte Gibbs herum, kaufte im neonhellen Shop einen Becher Kaffee, Hundefutter und eine Packung gekochten Schinken.
    Während Gibbs sich im Fußraum über den Schinken hermachte, starrte sie durch den dichter werdenden Schneeregen ins ewige Grau.
    Der Mann, der sie töten wollte, der Gibbs beinahe erschossen hätte, der die kleine Linh festgehalten hatte und der irgendwie mit dem Biowaffenanschlag zu tun hatte, Hans-Peter Roth, lebte nicht mehr. Jemand hatte ihn umgebracht. Jemand, der wusste, wo er ihn zu suchen hatte. Du darfst mich nicht enttäuschen! Du musst gegen sie kämpfen!
    Glaubte ihre Mutter tatsächlich, sie würde weitermachen? Sie wäre genauso besessen wie sie?
    Sie sehnte sich nach etwas, woran sie sich festhalten konnte, nach etwas Wahrem, Echtem, ohne Maske. Nach etwas Einfachem, ohne Hintergründe, ohne Lügen. Gibbs leckte sich übers Maul und sah sie an.
    Nyström ist unwichtig ...
    Alles löste sich auf.
    Und was sollte das mit dem Chip? Sie wollte nicht länger nachdenken über ihre Kopfschmerzen, doch je mehr sie es sich verbot, umso mehr dachte sie an das, was ihre Mutter gesagt hatte. Sie zog ihre Jacke aus, schob den linken Ärmel ihres Pullovers hoch und betastete ihren Oberarm.
    Bevor sie nach Afghanistan aufgebrochen war, hatte sie sich impfen lassen.

94
    Metz
    Im Schlafzimmer des Einfamilienhauses in Metz lief der

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