Das Syndikat
Angst, dass du nicht verstehen würdest, warum ich mich nicht gemeldet habe bei dir ... Du solltest mit uns zusammenarbeiten. Deshalb hat er sich mit dir in Brüssel getroffen. Deshalb hat er auch mit Lanzelot kooperiert, wobei Lanzelot nichts von uns weiß. Solange wir nicht wussten, von wem Lanzelot finanziert wird ...«
Ein neuer Schlag, eine neue Enthüllung ...
» Lanzelot war ein Projekt der CIA, schon vor fünfzehn Jahren geplant. Man versorgte die besten Hacker – viele davon chinesische Exilanten – mit der besten Ausrüstung und ließ sie machen. Kontrolliert, natürlich. Zumindest glaubte man das. Doch dann drehte Peking die Hacker um und versorgte Lanzelot mit Falschinformationen.«
»Die Hacker in Chengdu saugen alle möglichen Infos aus dem Cyberspace ab«, rief Vic von irgendwoher.
»Chengdu ist Universitätsstadt und Cyberkriegszentrum der chinesischen Armee«, erklärte ihre Mutter. » Lanzelot hat sich verselbstständigt, weiß es womöglich nur noch nicht.«
»Und Nyström?«
»Nyström ist im Grunde unwichtig.« Das Gesicht ihrer Mutter war auf einmal ganz nah. »Was ist, Karen? Setz dich dahin, du bist ja ganz blass.«
»Es sind nur diese Kopfschmerzen«, hörte sie sich sagen. Wenn sie sich jetzt hinsetzte, würde sie hier nie wieder wegkommen, dann würde sie eintauchen in diesen Wahnsinn, in diese Paranoia.
» Kopfschmerzen? «, schrie ihre Mutter plötzlich – oder kam es ihr nur so vor? –, und sie zuckte zusammen. »Seit wann hast du Kopfschmerzen? Früher hattest du nie Kopfschmerzen! Vic! Sie hat Kopfschmerzen! « Sie streckte sich nach vorn, um Karen die Hand auf die Stirn zu legen.
»Ich hab kein Fieber, Mom!«, protestierte Karen und nahm ihren Kopf zurück.
»Wann tauchen die auf, Karen? Hast du dich röntgen lassen? Mein Gott, Karen, sie haben dich auch!« Ihre Mutter sah sie entsetzt an. »Hast du Albträume? Ängste? Bist du aggressiv, ganz plötzlich? Karen! Wann ist das passiert! Du warst in Afghanistan! Natürlich! Sie haben dich geimpft, oder? Natürlich haben sie dich geimpft, angeblich wegen dieser Krankheiten, die es da unten gibt. Karen! Zeig mir deinen Arm!«
»Hör auf!« Karen schüttelte die Hand ihrer Mutter ab.
»Zeig mir deinen Arm, Karen!«, rief sie. »Nun sei doch nicht so bockig! Sie haben dir einen Chip ...«
»Nein!«, schrie Karen. »Hört doch endlich auf!«
Ihre Mutter und Vic, der mit einem neuen Glas hereingekommen war, starrten sie an.
»Ihr ... ihr seid doch völlig durchgeknallt! Und du, Mom, du bist das Allerletzte.«
Sie musste raus, raus hier, sofort. Mühsam stand sie auf.
Ihre Mutter hieb mit der Faust auf die Lehne des Rollstuhls. »Karen, du gehörst zu uns, wir werden sie bekämpfen, wir werden die Herrschaft des Syndikats brechen, wir müssen dir nur den Chip entfernen, dann wird alles wieder gut, Liebes!«
»Nein!« Karen taumelte zur Tür.
»Karen!«, rief ihre Mutter hinter ihr her, »du willst doch nicht, dass alles umsonst war!«
»Was war denn umsonst?«, schrie Karen zurück. Sie hielt sich an der Türklinke fest. »Davids Tod? Die Opfer im Restaurant? Die Menschen in Afghanistan? Die Söldner? Glaubst du wirklich, du kannst all dem Sterben einen Sinn geben? Weil du Die Burnett bist? Mom, du bist genauso krank wie die Typen, die du jagst!«
Ihre Mutter sagte nichts. Auch Vic schwieg.
»Karen, warte!« Ihre Mutter rollte auf sie zu. »Bleib stehen!«
Karen prägte sich das Bild ein: ihre Mutter im Rollstuhl, Vic hinter ihr, treu ergeben. Die Burnett und ihre Verehrer, es hatte sich nichts geändert. Bis auf den Rollstuhl. Sie drehte sich um.
»Es gibt noch einen anderen Grund«, sagte ihre Mutter.
»Ach? Ja klar, weil du ein Buch schreiben willst, Die Burnett lebt – und rettet auch gleich noch die Welt ...«
»Dein Vater ...«, sagte ihre Mutter ernst.
»Ja, ich weiß, auch über ihn hast du mich belogen. Es war nicht der ehrwürdige Major John Kelly.«
»Ich ...«, ihre Mutter stockte und schüttelte den Kopf, »ich ... ich wollte nur dein Bestes, ich wollte ...«
» Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit ... Weißt du was, du bist die größte Lügnerin, die ich kenne.«
»Karen, bitte ...«, flehte ihre Mutter.
»Wer war es? Wer ist mein Vater? Sag mir endlich die Wahrheit!« Sie schrie, und da erst merkte sie, dass sie auf ihre Mutter zugegangen war, dass sie sie an den Schultern gepackt hatte und schüttelte. Erschrocken ließ sie los.
Ihre Mutter schwieg, legte die Finger an die Schläfen und
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