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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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und fuhr hoch, doch auch da sah er nicht auf. »Sie glauben doch wohl nicht, dass Sie damit durchkommen? Es ist allzu offensichtlich, dass Sie, oder wer immer dahintersteht, verhindern wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Zum Beispiel, wer beim CRSSA in Grenoble dafür gesorgt hat, dass alle Überwachungskameras ausgefallen sind? Nicht nur eine, nein, gleich das ganze System? Ist das etwa normal? «
    Er zuckte zurück, als sie einen Schritt auf ihn zumachte, sich mit beiden Armen auf seinen gläsernen Schreibtisch stützte und auf ihn hinuntersah.
    »Und Sie machen da einfach so mit?« In diesem Augenblick wurde ihr klar, viel zu spät jedoch, dass ihre Karriere hier endete, dass sie niemals die Nachfolge von Ashley antreten würde, ja, dass sie froh sein konnte, wenn ihr nicht umgehend gekündigt wurde unter einem fadenscheinigen Vorwand. Als sie ging, nahm sie noch seinen ausdruckslosen Blick wahr, mit dem er so tat, als könnte er sich seiner Verantwortung entziehen.
    Während sie mit weit ausgreifenden Schritten versuchte, ihre Wut, ihre grenzenlose Wut, zu dämpfen, arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Zurück in ihrem Büro, sank sie in ihren Sessel. Wenn sie morgen sterben würde, was würde sie heute tun? Sie liebte hypothetische Fragen, sie halfen ihr in schwierigen Situationen, Entscheidungen zu fällen. Was würde ich tun, wenn ich morgen sterben müsste, hatte sie sich gefragt, als sie von Édouards Affäre erfahren hatte. Scheidung, und selbst wenn es nur noch für einen Tag im Leben ist, hatte sie entschieden.
    »Aufrecht in den Kampf ziehen«, sagte sie zu sich.
    Anna, der Bullterrier.

97
    Brüssel
    Unruhig wanderte Karen in ihrem Haus in Brüssel von einem Zimmer zum nächsten, sie war mitten auf dem Weg zur Wahrheit stecken geblieben und wusste nicht mehr weiter.
    Das Haus deprimierte sie, überall sah sie die leeren Stellen, die Michael zurückgelassen hatte. In den Kleiderschränken hingen nur noch ihre Sachen, in den Bücherregalen im Wohnzimmer, wo sich früher Buch an Buch drängte, klafften große Lücken, und die CD-Sammlung existierte quasi nicht mehr, denn es war Michael gewesen, der nicht nur für Bücher, sondern vor allem auch für neue Musik gesorgt hatte. Das, was sie als ihr Leben betrachtete, hatte sich als eine Kulisse aus Pappmaché herausgestellt. Und sie, so kam es ihr vor, irrte nun ziellos in dieser halb zerstörten Kulisse umher.
    Alles hatte sich verändert, nur sie war dieselbe geblieben, und jetzt kam sie mit der neuen Welt nicht mehr zurecht.
    Wieder und wieder fragte sie sich, ob sie nicht doch den Überfall auf das CRSSA hätte verhindern können, wenn sie nur ein bisschen cleverer, ein bisschen schneller und vielleicht auch ein bisschen mutiger gewesen wäre. Dann wäre alles anders gekommen, oder nicht? Und dann ihre Mutter! Jane Burnett steht mitten im Kugelhagel, Jane Burnett entkommt einem Hai, Jane Burnett kämpft gegen das Syndikat , und dann bringt sie es nicht fertig, ihrer Tochter zu sagen, wer ihr Vater ist.
    Gibbs trottete treu hinter ihr her und wartete darauf, dass sie eine Entscheidung traf. Irgendeine.
    Um halb zwölf, sie sah aus irgendeinem Grund auf die Uhr, läutete es an der Tür. Roth war tot. Und dass Michael zurückgekommen war, hielt sie für unwahrscheinlich. Gibbs bellte, wedelte aber mit dem Schwanz.
    Nun gut, also kein Feind. Sie öffnete.
    Ihre Mutter.
    Eingehüllt in eine glänzende schwarze Daunenjacke und mit einer Kunstpelzmütze auf dem Kopf, sah sie aus wie eine sowjetische Parteifunktionärin.
    »Wo ist Vic?«, fragte Karen anstelle einer Begrüßung.
    »Im Hotel. Ich bin mit dem Taxi gekommen.« Ihre Mutter machte eine wegwerfende Handbewegung, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt für sie. »Es ist ziemlich kalt.«
    Karen verstand es als Vorwurf, weil sie sie noch nicht hereingebeten hatte. »Soll ich?«, fragte sie und deutete auf den Rollstuhl.
    »Nein, Liebes, das kann ich allein.«
    Karen trat zur Seite und ließ ihre Mutter herein. Liebes , so hatte ihre Mutter sie früher nie genannt. Und typisch, zuerst machte sie ihr ein schlechtes Gewissen, dann wies sie ihre Hilfe ab. Immerhin ließ sie sich aus der Jacke helfen. Die Pelzkappe behielt sie auf.
    »Gut, ich bin dir eine Erklärung schuldig«, sagte sie, nachdem sie den Blick durchs Wohnzimmer hatte schweifen lassen. Natürlich standen in den Bücherregalen nicht die Bücher, die Die Burnett sich für ihre Tochter vorstellte. Karen wusste, dass ihrer

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