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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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sich freute. Dann wurde das Leben kostbar. Bedeutungsvoll und intensiv.
    Man wird süchtig danach, hatte David ihr vor Jahren gesagt. Und sie hatte schon nach kurzer Zeit verstanden, was er meinte. Süchtig nach starken Emotionen, das war es, und jedes Mal, wenn sie wieder nach Hause gekommen war, hatte sie sich isolierter gefühlt und leerer.
    »Ich bin dir gleichgültig.« Er starrte aus dem Fenster.
    Nein, das ist nicht wahr!, hätte sie sagen müssen. Darauf wartete er. Sie hätte Ich liebe dich hinzufügen und ihm um den Hals fallen müssen. Ja, ja, sie kannte das Drehbuch. Stattdessen saß sie einfach da und wollte nur eines: den Artikel weiterlesen und herausfinden, was es mit diesem Oberst auf sich hatte. Ja, Michael hatte recht. Das Einzige, was sie jetzt interessierte, war der Artikel. Das ist nicht normal, Karen, du kannst nicht lieben, daran liegt es. Du bist kalt, herzlos und ...
    Unvermittelt stand er auf und ging hinaus. Sie atmete durch und schob alle Gedanken, wie es nun weitergehen sollte zwischen ihnen, weit weg.
    Wie das Hotelpersonal aussagte, las sie , wollte der begeisterte Skifahrer drei Tage bleiben und sich erholen. Auf ihn wartete eine Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof in Den Haag, wo er sich wegen des harten Vorgehens der von ihm geführten Soldaten in Afghanistan verantworten sollte. Bei dem Einsatz waren mehr als 15 Zivilisten ums Leben gekommen, vor allem Frauen und Kinder. Oberst Grévy diente 27 Jahre in der belgischen Armee und war im nächsten Jahr für die Beratungskommission der EU vorgesehen.
    Wie von Arbeitskollegen und auch Freunden zu erfahren war, litt der Oberst bereits seit Jahren unter Depressionen, weswegen er regelmäßig starke Medikamente einnahm.
    Karen lehnte sich zurück und schloss die Augen. David hatte recht: Kein Wort von den zwei Kopfschüssen ...
    Es gab Geräusche, die schalteten ihr Fluchtprogramm ein. Das Bellen eines Hundes hatte sie früher nie wahrgenommen. Doch seit Afghanistan hörte sie es. Hunde kündigten Besucher an, Freunde oder Feinde. Sie sah auf die Uhr. Es war sieben. Zu früh für den Postboten.

14
    Sie ging in die Küche und sah aus dem Fenster. Es schneite nicht mehr. Ein Hund mit braun gelocktem Fell hockte vor ihrer Gartentür, als wollte er sie bewachen, er hatte gebellt. Jetzt lief er davon. Ein Wagen war am Bordstein stehen geblieben, Türen wurden aufgestoßen. Zwei Männer in wattierten beigen Wintermänteln stiegen aus, öffneten das Gartentor und kamen über den verschneiten Weg. Schon klingelte es an der Tür.
    Michael kam aus der Dusche, ein Badetuch um die Hüften geschlungen. »Es ist gerade mal sieben!«, schimpfte er und trat hinter sie.
    Sie stand noch immer am Fenster, unfähig, eine Entscheidung zu fällen. »Woher kennen die meine Adresse?«, murmelte sie.
    »Du hast dem Sanitäter unsere Adresse gegeben und dem Polizisten auch. Ich hab ihn gebeten, morgen zu kommen«, sagte Michael. Sie drückte sich näher ans Fenster, weg von seinem Körper, dessen Nähe sie bedrängte. Nein, diesmal würde es nicht so einfach gehen. Ein Mal Sex, und Michael konnte sich wieder vormachen, dass alles okay war zwischen ihnen.
    Es klingelte wieder.
    Zwei Mal. Fordernd.
    Alles war wieder da. Kabul, die vermummten Männer, die plötzlich aus dem Auto sprangen und auf den Jeep schossen, die Türen aufrissen, erst den toten Fahrer herauszerrten, dann sie und Paolo und dann ... Sie begann zu zittern. Mein Gott, nicht noch einmal ...
    Wieder klingelte es. Ein Mal, zwei Mal. Michael ging zur Wohnungstür und drückte die Sprechanlage, während sie Daunenjacke, Mütze und ihre festen Schuhe schnappte und in ihr Arbeitszimmer floh. Sie musste weg, egal, wohin, nur weg, weg, weit weg ... Im Arbeitszimmer hörte sie, wie Michael die Tür öffnete und eine Männerstimme nach ihr fragte. Hastig zog sie Jacke und Schuhe an, setzte die Mütze auf und griff unter ihren Schreibtischstuhl, wo sie die Sig Sauer versteckte. Da ging die Tür auf. Schnell zog sie die Hand zurück.
    Die Fremden sagten nichts. Sie kannte diese Art von Männern. Auch wenn sie sich äußerlich voneinander unterschieden, ihre Haltung und ihr Blick waren immer gleich. Menschenverachtend und autoritätshörig.
    »Guten Morgen, Madame Burnett, gut, dass wir Sie noch antreffen, wie es aussieht, wollten Sie gerade spazieren gehen.« Mit einem widerlichen Grinsen hielt der Ältere von beiden einen Ausweis in Augenhöhe. »SE.«
    Sûreté. Belgischer Geheimdienst. Und wenn

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