Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Überall derselbe Grund: Computerfehler. Selbst unter »Kurioses« fand er eine Meldung,
     die ihn mehr erschreckte als amüsierte: In Japan hatten durch eine seltsame Fehlfunktion des Mobilfunknetzes alle Handys gleichzeitig
     geklingelt.
    Ein Muster begann sich in seinem Kopf zu formen, wie dünne Fäden, die all diese Artikel miteinander verbanden. Es war, als
     arrangierten sich die Buchstaben der Artikel vor seinen Augen neu, verknüpften sich zu einem einzigen Wort, das wieder und
     wieder auftauchte, in jeder Meldung, in jedem Satz: Pandora.
    Er zerknüllte die Zeitung, warf sie in den Papierkorb und ging mit eiligen Schritten zurück zur Ferienwohnung.

[ Menü ]
    |289| 72.
    Westerland/Sylt,
    Donnerstag 19:31 Uhr
    Lisa streckte sich. »Ich glaub, ich brauch mal ’ne Pause«, sagte sie. Draußen stand die Sonne dicht über dem grauen Meer.
     Die Wolkendecke war aufgerissen, und Wolkenfetzen hoben sich in dunklem Gelb und Grau vom türkisblauen Himmel ab.
    »Lass uns ein bisschen spazieren gehen«, sagte Mark.
    Sie liefen barfuß durch den kühlen, feuchten Sand. Einzelne, erfrischend kalte Wellen leckten über ihre Füße und löschten
     ihre Spuren. Das Farbenspiel des Sonnenuntergangs hatte sich zu fast kitschiger Intensität gesteigert. Der Strand war bevölkert
     von ein paar Insulanern und einigen wenigen Urlaubern, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten.
    »Kommst du voran?«, fragte Mark.
    »Ich weiß nicht.«
    Lisa sah ihn an. In ihren Augen lag eine tiefe Verunsicherung, beinahe Verzweiflung, die er noch nicht darin gesehen hatte.
     Unwillkürlich streckte er seinen Arm aus, um ihn tröstend um ihre Schulter zu legen. Gerade noch rechtzeitig zog er ihn zurück.
    »Wo liegt das Problem?«
    »Es ist … ich verstehe es einfach nicht. Der Code ist eigentlich ganz einfach. Fast schon zu einfach. Aber es ist kein klares
     Muster erkennbar. Was ich bisher sehen kann, ist, dass alles irgendwie auf sich selbst zurückgeworfen wird. Es sind Strukturen
     da, die auf mich wie Totschleifen wirken. Es ergibt alles irgendwie keinen Sinn. Ich habe versucht, den Source Code zu kompilieren,
     aber es hagelt Fehlermeldungen. Wenn man die ganzen Prüfoptionen des Compilers abschaltet, kommt zwar ausführbarer Code dabei
     heraus, aber nach allem, was ich sehen kann, macht er einfach – nichts. Irgendwie hat das alles nicht sehr viel mit dem DINA-Code
     zu tun, den ich kenne.«
    |290| »Meinst du, Rainer hat vielleicht den falschen Code auf die CD gebrannt?«
    »Das habe ich auch schon überlegt. Aber warum sollte er das tun?«
    »Vielleicht hat er einen Fehler gemacht.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen. So sorgfältig, wie er alles verpackt hat, ist ihm dabei bestimmt kein so grober Schnitzer
     unterlaufen.«
    »Vielleicht hat er es sich anders überlegt. Vielleicht wollte er einfach nicht, dass jemand den wahren Source Code bekommt,
     und das Ganze ist ein Ablenkungsmanöver.«
    Lisa zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nur, dass das, was ich bisher verstanden habe, einfach
     keinen Sinn ergibt. Es ist eindeutig C++ Source Code, aber er ist irgendwie falsch.«
    »Vielleicht ist er verschlüsselt?«
    »Wenn der Code verschlüsselt wäre, hätten wir eine Ansammlung kryptischer Zahlen und Symbole, aber keinen lesbaren C++-Text.
     Dann könnte ich ihn erst recht nicht kompilieren.«
    Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinanderher. Etwas nagte in Marks Hinterkopf. Sie hatten es übersehen. Er kam nur nicht
     darauf, was es war.
    Die Sonne war untergegangen, als sie schließlich umkehrten. Schwarze Wolken zogen wie fliegende Wale über den dunkelvioletten
     Himmel.
    »Wer zuletzt in der Wohnung ist, muss das Geschirr abspülen!«, rief Mark und rannte los. Er war früher recht schnell gewesen,
     doch jetzt ein wenig aus der Übung. Lisa holte ihn mühelos ein.
    »Okay«, rief sie, als sie dicht hinter ihm war. Dann spürte er plötzlich einen Widerstand vor seinen Füßen, stolperte und
     fiel der Länge nach in den feuchten Sand. Lisa rannte lachend weiter.
    »Das ist unfair! Mir ein Bein zu stellen! Dir werd’ ich’s |291| zeigen!«, rief er und rappelte sich auf, doch er holte sie erst an der Wohnungstür wieder ein. Während er außer Atem den Schlüssel
     hervorkramte, grinste sie spöttisch.
    »Ich war schon immer der Meinung, dass der Abwasch Männersache ist.«
    Er warf ihr einen gespielt zornigen Blick zu. »Und ich wusste schon immer, dass Frauen nur mit unfairen

Weitere Kostenlose Bücher