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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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entwickelt war. Wenn er ihre Anweisung erfüllt und Lucy und Helius getötet hatte, würde es niemanden
     mehr geben, der sie noch aufhalten konnte – niemanden außer ihm selbst, falls er es schaffte, an den Source Code zu kommen.
    Plötzlich überfielen ihn leise Zweifel, ob er das Richtige tat. Würde Pandora am Ende einen Krieg der Maschinen gegen die
     Menschen anzetteln? Würde er die gesamte Menschheit durch sein Handeln auslöschen? Was nützte ihm Reichtum, wenn es nichts
     mehr gab, was sich zu kaufen lohnte? Was nützte ihm Macht, wenn er sie gegen niemanden richten konnte?
    Er schüttelte die Zweifel ab. Es würden schon noch ein paar Menschen übrigbleiben, dafür würde er sorgen. Irgendwer musste
     ja die Computer am Laufen halten, die Pandoras Körper bildeten. Die Menschen würden sich irgendwie mit ihr arrangieren. Es
     würde vielleicht ein unbequemes Arrangement werden – das Arrangement zwischen einer Herrin und ihren Sklaven. Aber das Fortbestehen
     der Menschheit würde gesichert sein, wenigstens eine Weile.
    Er dachte an den Film »Matrix«. Der Held, Neo, hatte sich gegen die Maschinen gestellt. Er hatte die rote Pille geschluckt,
     die ihm die Wirklichkeit einer von Maschinen kontrollierten Welt zeigte. Er hatte sich für ein Leben in Elend |282| und Verzweiflung entschieden. Diego hatte immer gewusst, dass diese Entscheidung falsch war. Es war immer besser, auf der
     Seite der Sieger zu stehen. Helius und Lucy würden so oder so sterben – wenn er sie nicht tötete, würde Pandora einen anderen
     Weg finden, um sie zu beseitigen. Sie würde auch ihn früher oder später beseitigen, wenn er sich gegen sie stellte. Wer wäre
     dann in der Lage, Pandora zu beeinflussen und ein gutes Wort für die Menschheit einzulegen? Wer würde helfen, den Friedensvertrag
     zwischen zwei grundverschiedenen Spezies zu vermitteln? Wer, wenn nicht er, der Pandora als einziger Mensch verstand?
    Er steckte sein Klappmesser, eine dünne Drahtschlaufe und einen Ring mit Dietrichen ein. In der Zeit des Elends, als er auf
     der Straße gelebt hatte und jeden Tag irgendwie das Geld für seine Drogen beschaffen musste, hatte er einiges darüber gelernt,
     wie man Schlösser knackte. Auch Lucy hatte er ein paar Tricks beigebracht.
    Seine Pistole hatte die Polizei, aber er brauchte sie nicht. Er würde lautlos vorgehen. Am helllichten Tag würden zwei Menschen
     in ihrer Wohnung sterben, und die Nachbarn würden nichts davon mitbekommen.

[ Menü ]
    70.
    Hamburg-Altona,
    Donnerstag 11:30 Uhr
    Diego lauschte an Lucys Wohnungstür. Sein Herz hämmerte wie wild vor Erregung und Jagdfieber. Es wirklich zu tun, die ultimative
     Sünde zu begehen und Menschen zu töten, war ein aufregendes Gefühl. Die Amphetamine taten ein Übriges, um seine Nerven bis
     zum Äußersten anzuspannen. Er war noch nie so wach gewesen, hatte noch nie seine Umgebung so klar und bewusst wahrgenommen
     wie in diesem Moment.
    |283| Von drinnen war kein Geräusch zu hören. Wahrscheinlich schliefen die beiden noch – wie er Lucy kannte, hatte sie bis tief
     in die Nacht vor dem Rechner gesessen und an dem Virus gearbeitet.
    Das Türschloss war altmodisch und in weniger als einer Minute geknackt. Dass es überhaupt so lange dauerte, lag an der alten
     Frau, die langsam die Treppe herunterschlurfte und ihm einen misstrauischen Blick zuwarf. Als sie verschwunden war, öffnete
     er fast lautlos die Tür.
    Stille und Dunkelheit empfingen ihn. Er atmete flach. Seine schwarzen Turnschuhe machten kaum ein Geräusch auf dem alten Teppichboden.
    Zunächst musste er seine Opfer lokalisieren. Wenn es schnell und lautlos gehen sollte, musste er sie überraschen und nicht
     umgekehrt.
    Er ließ sich Zeit. Wie ein Schatten bewegte er sich durch die Wohnung. Ein dumpfes Klopfen ließ ihn innehalten. Er presste
     sich flach an die Wand, lauschte. Nach einer Weile war er sich sicher, dass die Geräusche aus der darüberliegenden Wohnung
     kamen.
    Er erreichte eine Tür. Vorsichtig drückte er die Klinke. Sie quietschte leicht. Er hielt inne, doch er hörte nichts. Langsam
     öffnete er sie und spähte in Lucys Arbeitszimmer. Die Computer waren ausgeschaltet.
    Er schlich sich weiter bis zu einer Tür, die leicht geöffnet war. Durch den Spalt sah er eine Ecke des Bettes. Das Adrenalin
     sang laut in seinen Adern. Jeder Muskel seines Körpers stand unter Spannung. Langsam schob er die Tür auf.
    Leer.
    Die Enttäuschung traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Die

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