Das System
Softwareprogramms besitzt, wird reich?«
»Grundsätzlich könnte man das so sagen. Allerdings sind da eine Menge rechtlicher Fragen ungeklärt. Immerhin läuft es im Internet,
das heißt, es nutzt in illegaler Weise die Rechenzeit fremder Computer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mit der
Geschäftsidee an die Börse gehen will, dass er einen besonders raffinierten Virus geschrieben hat.«
»Könnte man diese Pandora-Software nicht auch in einem normalen Rechenzentrum laufen lassen?«
»Im Prinzip schon, natürlich. Aber Pandora bezieht ihre Stärke ja gerade aus der unglaublichen Rechenleistung und der vernetzten
Struktur des Internet. Selbst ein sehr großes Rechenzentrum könnte nur einen Bruchteil dieser Leistung zur Verfügung stellen.«
»Nun gut, es wäre also nicht so leicht, damit Geld zu verdienen. Was könnte noch ein Motiv sein?«
Weisenberg überlegte. »Macht«, sagte er.
»Macht?«
»Pandora ist offensichtlich in der Lage, sehr effektiv in fremde Systeme einzudringen und Sicherheitsbarrieren zu unterlaufen.
Es wäre möglich, dass jemand sie nutzt, um Computersysteme zu manipulieren. Heutzutage ist ja so ziemlich alles mit dem Internet
verbunden. Wenn Sie einen Weg finden, durch alle Sicherheitsnetze zu schlüpfen, haben |299| Sie nahezu unbegrenzte Macht. Sie können sich einen beliebigen Betrag auf Ihr Konto überweisen. Sie können geheime Akten veröffentlichen.
Sie können Börsenkurse zum Absturz bringen. Sie könnten wahrscheinlich sogar Atomraketen starten lassen.«
Unger wurde kalt. Bei jedem anderen Gesprächspartner hätte er über die letzte Bemerkung gelacht. Doch Weisenbergs Augen blickten
ruhig und sehr ernst.
»Terroristen?«
Der Professor zuckte mit den Schultern. »Schon möglich. Sie haben doch den Kerl, der mein Haus überfallen hat. Fragen Sie
am besten den.«
Unger schaute angestrengt auf den graubraunen Teppichboden. »Er ist … entlassen worden.«
»Was? Sie lassen einen Einbrecher, den wir auf frischer Tat ertappt haben, einfach so laufen?«
Der Hauptkommissar sah auf. Er konnte Weisenbergs durchdringendem Blick kaum standhalten. »Da ist etwas schiefgelaufen. Eine
gefälschte richterliche Anordnung. Wir haben es erst gemerkt, als es zu spät war.«
Er hatte erst heute Morgen von der Sache erfahren und war daraufhin gleich hierher gefahren. Dreek war inzwischen damit beschäftigt
herauszufinden, wie es möglich war, dass jemand in so kurzer Zeit eine richterliche Anordnung fälschen und Detlev Schwindt
aus dem Untersuchungsgefängnis herausholen konnte. Irgendjemand hatte es offenbar geschafft, sich in den Polizeicomputer zu
hacken, der angeblich absolut sicher war. Vielleicht gab es aber auch einen Maulwurf im Revier. Oder Weisenberg hatte recht,
und ein hyperintelligentes Computerprogramm steckte hinter allem. Eine beängstigende Vorstellung.
Weisenberg nickte langsam. »Herr Kommissar«, sagte er und nahm einen Schluck von seinem Tee, »ich glaube, wir haben ein ziemlich
ernstes Problem.«
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|300| 74.
Westerland/Sylt,
Freitag 9:43 Uhr
Als Mark erwachte, war es bereits Viertel vor zehn. Er hörte das Klappern der Tastatur aus dem Wohnzimmer. Er stand auf und
zog sich an.
»Sitzt du schon wieder hier oder immer noch?«, fragte er, als er hinter Lisa trat.
Sie lächelte nur. Mark sah die Ringe unter ihren Augen und konnte die Frage leicht selbst beantworten. Neben dem Laptop stand
noch der Teller mit den halb verkohlten Resten des Essens vom vorangegangenen Abend. Über die Entdeckung der Verschlüsselung
des Source Code hatten sie die Pizza im Ofen vergessen, bis sie der verbrannte Geruch auf unangenehme Weise daran erinnert
hatte.
»Möchtest du einen Kaffee?«, fragte er und nahm den Teller mit in die kleine Küche.
Sie nickte.
Kurz darauf stellte er die dampfende Tasse vor sie hin. »Findest du nicht, du solltest mal eine Pause einlegen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es läuft gerade ganz gut. Dein Tipp war Gold wert. Rainer hat die richtigen Codesegmente in einem
Haufen Müll versteckt. Hat eine Weile gedauert, bis ich die Spreu vom Weizen trennen konnte. Irgendwann habe ich gemerkt,
dass es in regelmäßigen Abständen Funktionen gab, deren Namen mit ›Eval‹ begannen. Normalerweise steht das für Evaluieren,
also ausrechnen. Aber wenn man das L weglässt, kann man es auch als Hinweis auf Eva Weisenberg lesen. Als ich das raushatte,
musste ich die betreffenden Segmente nur noch in
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