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Das Tagebuch der Eleanor Druse

Das Tagebuch der Eleanor Druse

Titel: Das Tagebuch der Eleanor Druse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kümmerte es mich, ob ich an der Schwelle des Todes stand oder meilenweit davon entfernt war, ob ich Erfahrungen außerhalb meines Körpers machte oder in diesem alten Klappergerüst festsaß – nirgendwo fühlte ich mich wohler als hinter den Fenstern meines alten Hauses, mochte es auch noch so bescheiden sein, und in meinem wieder genesenen Körper.
    Unsere Gesundheit ist wie eine goldene Krone, die wir alle tragen, derer wir uns aber erst dann bewusst werden, wenn wir krank werden und sie uns abhanden kommt. Die Genesung verleiht uns die Fähigkeit, selbst die kleinsten Freuden und Annehmlichkeiten des Lebens wieder zu schätzen. Als ich in meine Küche ging, um mir eine Kanne Tee aufzugießen, fühlte sich der hölzerne Griff meines Lieblingsstocks an wie der warme Handschlag eines alten Freundes. Nachdem ich dem Geruch von Pfeifenrauch, Bier und Pizza, den Bobby im Haus hinterlassen hatte, mit Sträußen von Salbeiblättern und einem Duftpotpourri zu Leibe gerückt war, setzte ich mich in meinen Lieblingssessel am Fenster, und Skipper, unser Mischlingshund, der uns eines Tages zugelaufen war, legte mir die Schnauze in den Schoß und freute sich, dass ich wieder da war. Skipper war hauptsächlich ein Labrador, hatte aber auch Anteile von einem Spaniel und wer weiß was sonst noch allem.
    »Guter Hund, Skip.«
    War das Leben nicht eine einzige Suche nach einem warmen Plätzchen auf dieser Welt? Nach einem Ort, an dem man sich sicher fühlen, dreimal im Kreis drehen, hinlegen und sich denken konnte: Ich bin gesund und glücklich, im Moment jedenfalls. Aber wenn ich ganz ehrlich war, dann fühlte ich mich in dem Haus, in dem ich seit dreißig Jahren wohnte, auf einmal nicht mehr ganz so heimisch wie früher. Nach den zehn Tagen im Krankenhaus kamen mir sogar die vertrautesten Gegenstände meines alten Lebens – meine Bücher, meine Lesebrille, meine Ottomane, mein Beistelltisch und die antike Lampe, die ich von meiner Mutter geerbt hatte – so flüchtig und irreal vor wie Gespenster. Jeden Augenblick rechnete ich damit, dass sie zerflossen oder ihnen plötzlich Lippen wuchsen, mit denen sie mir etwas zuflüsterten.
    Auf einmal packte mich eine unbestimmte Angst davor, nicht wirklich zu Hause, sondern in einem weit entfernten, fremden Land zu sein, dessen Sprache ich nicht sprach und dessen Bräuche ich nicht kannte. Ich kam mir vor wie eine in Saudi-Arabien lebende Amerikanerin, die sich in ihrer Wohnung in einer bewachten Anlage ihre künstliche amerikanische Traumwelt schafft, während draußen vor der Tür ein wütender Mob nur darauf wartet, sie zu steinigen, wenn sie mit dem falschen Mann schläft.
    Wann war ich aus meiner vertrauten Vergangenheit in diese ungewisse, mir fremde Gegenwart aufgebrochen? Am Freitag, dem 13. Dezember, in jener Nacht, in der Madeline Kruger gestorben war.
    Ich setzte meine Lesebrille auf, nahm ein altes Telefonbuch für Lewiston und Auburn zur Hand und schlug den Namen Werling nach. So hieß die Krankenschwester, die mich in dieser schrecklichen Nacht in Madelines Zimmer geführt hatte.
    Ich hatte Bobby in Boston danach gefragt und mir den Namen sofort aufgeschrieben. Ebenso wie den des Pflegers: Angelo Charron.
    Ich fand eine Werling, L. in der Lyngby Road und notierte mir Namen, Anschrift und Telefonnummer auf einen gelben Klebezettel. Dann wählte ich die Nummer, und als ich Laurels fröhliche Stimme auf der Ansage des Anrufbeantworters wiedererkannte, schlug mir das Herz bis zum Hals: »Hi, ich bin’s. Hinterlasst mir eine Nachricht, und ich rufe euch zurück.«
    »Ms. Werling«, sagte ich, »hier spricht Eleanor Druse, Sally Druse, wir haben uns vor knapp zwei Wochen in der psychiatrischen Abteilung des Kingdom Hospital kennen gelernt, wo Sie Dienst hatten. In dieser Nacht bin ich umgekippt. Ich denke, Sie wissen, worum es geht. Aber wie dem auch sei, ich würde Ihnen gern ein paar Fragen über das stellen, was in jener Nacht passiert ist. Könnten Sie mich vielleicht zurückrufen?«
    Ich hinterließ meine Nummer und nahm das Telefonbuch wieder zur Hand, fand aber keinen Eintrag für Charron, egal unter welcher Schreibweise ich auch suchte. Als ich Madelines Nummer nachschlug, hatte ich mehr Glück: Kruger, M. war noch immer unter ihrer seit Jahrzehnten gültigen Adresse eingetragen: 519 Woodlawn. Wenn es nicht so heftig geschneit hätte, wäre ich die kurze Strecke dorthin zu Fuß gegangen. Die Hand am Hörer, starrte ich auf die Nummer, aber weil ich am besten mit

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