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Das Tagebuch der Eleanor Druse

Das Tagebuch der Eleanor Druse

Titel: Das Tagebuch der Eleanor Druse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schön unter der Fuchtel hatte. So war es Ray und seiner kleinen Schwester Peggy strengstens verboten, sich mit mir über den Tod ihrer Mutter zu unterhalten oder mir irgendwelche Papiere auszuhändigen.
    Ob es nun an den Nachwirkungen der Gehirnerschütterung oder den Nebenwirkungen der Medikamente lag, weiß ich nicht, jedenfalls begann ich unter unregelmäßig auftretendem Schwindelgefühl, Übelkeit und Konzentrationsschwäche zu leiden, weshalb ich alle paar Wochen Dr. Massingale aufsuchte. Während ich die Symptome auf die Medikamente zurückführte, meinte sie, dass man so etwas erst nach einem gewissen zeitlichen Abstand sagen könne und ich mich in Geduld üben müsse.
    Bei einem dieser Schwindelanfälle wäre ich in der Küche fast umgekippt. Mit letzter Kraft gelang es mir, mich am Kühlschrank festzuhalten und nach meinem Sohn zu rufen.
    Bobby brachte mich sofort ins Krankenhaus.
    Dort waren Dr. Massingale und ich uns einig, dass diese Schwindelanfälle Bettruhe und eingehende Tests erforderlich machten, denn einen weiteren Sturz, von dem ich mich möglicherweise nie mehr richtig erholen würde, wollten wir beide nicht riskieren. Also wies sie mich zu weiteren Hirnaufnahmen und Tests als eine der ersten Patienten in die frisch renovierte neurologische Abteilung des Kingdom Hospital ein. Einem Artikel auf der Titelseite des Sun Journal konnte ich entnehmen, dass dort einige der besten Neurologen und Neurochirurgen Neuenglands arbeiteten. 
    Ich hatte Glück, dort überhaupt ein Bett zu bekommen, denn laut Dr. Massingale bestand im Einzugsbereich des Krankenhauses mittlerweile ein großer Bedarf an einer hoch qualifizierten neurologischen Versorgung.
    Und ich muss zugeben, ich war nicht selten versucht, den Ärzten Glauben zu schenken. Aber damit kam ich auch nicht weiter. Ich war alt und wurde mit jedem Tag älter, und die Medikamente beraubten mich meiner Lebenskraft, die ich brauchte, wenn ich den seltsamen Vorgängen hier im Krankenhaus auf den Grund gehen wollte. Ich musste handfeste Beweise haben, sonst würde ich womöglich – wie viele andere schon vor mir – eine unausgesprochene Wahrheit mit ins Grab nehmen.
    Und dann bekam ich Besuch.

DR. RATTENTOD
    Die Mitarbeiter von Castleview Rescue fuhren Notfalleinsätze für das Androscoggin County.
    Zwei der Rettungssanitäter, Danny Odmark und Ollie Svingen, besuchten mich in meinem Zimmer und brachten mir einen mit Luftballons verzierten Blumenstrauß aus dem Krankenhaus-Kiosk mit. Es waren nette Jungs, und Bobby hatte ihnen vermutlich den Tipp gegeben, dass mir Sternlilien besonders gut gefielen, weil Ollie mir zusätzlich noch eine davon in einer schlanken Vase schenkte.
    Ich hatte Danny und Ollie schon mehrere Male getroffen, da Bobby früher mit ihnen in der Notaufnahme des Kingdom zu tun gehabt hatte, wo Rettungssanitäter ständig ein und aus gingen. Bobby zog allerdings Tätigkeiten vor, bei denen die Risiken kalkulierbar waren und man danach nicht unter Alb träumen litt. Weil es ihm zu stressig war, sich um frisch eingelieferte Unfallopfer oder Herzinfarktpatienten im kritischen Stadium zu kümmern, hatte er die Verwaltung um eine Versetzung gebeten, und weil er immer pünktlich und so gut wie nie krank war und er außerdem alle Drogentests bestanden hatte, war er schließlich beim Transportdienst des Krankenhauses gelandet und schob seitdem Patienten durch die Gänge.
    Bobby hielt sich nach wie vor viel zu häufig in Ottos Pförtnerloge direkt neben der Notaufnahme auf, wo auch Ollie und Danny regelmäßig vorbeischauten. Die beiden hatten es bei ihrer Arbeit so oft mit grausigen Todesfällen zu tun, dass sie im Lauf der Zeit einen schwarzen Humor entwickelt hatten, mit dessen Hilfe sie solche Erlebnisse besser verarbeiten konnten. Jeder im Krankenhaus mochte ihre Geschichten, in denen mythologische Gottheiten, die sie »Traumagötter« nannten, erst die schlimmsten Unfälle inszenierten und dann über Leben und Tod der Unfallopfer entschieden.
    In der makabren, mit vielen Abkürzungen gespickten Sprache erfahrener Rettungssanitäter hießen besonders blutige Unfälle beispielsweise BMK (Big Mäc mit Ketchup), alte Menschen starben am ZVG-(Zu viele Geburtstage-)Syndrom, bei in die Notaufnahme eingelieferten Opfern von Schlägereien wurde der T/Z-(Tätowierungen zu Zähnen-)Quotient bestimmt, und Motorradfahrer waren »Organspender auf Rädern«.
    Danny hatte bereits eine Vase für die Blumen organisiert und stellte sie nun auf mein

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