Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)
Alkoholproblem gehabt haben, aber er war ein guter Mensch. Hiller spürte es jetzt und hatte es während des Verhörs und der Zeit auf Hart Island gespürt. Dieser Mann würde keinem Mädchen etwas antun. Dieser Mann würde niemandem etwas antun – ausgenommen dem Mörder.
Agent Seal sagte nach dem Verhör, dass er ebenfalls Hillers Ansicht wäre. Auch wenn alle Indizien gegen Reynolds sprechen würden und er garantiert vor den Geschworenen gelandet wäre, glaubte er dennoch nicht an seine Schuld. Aber das wäre nicht seine Aufgabe. Das würde das Gericht zu entscheiden haben.
Seal hatte Recht. Nur konnte Hiller diese Einstellung vor sich selbst nicht vertreten. Wenn er von Reynolds Unschuld überzeugt war, dann musste jemand anderer hinter den Entführungen und Morden stecken. Jemand, auf den diese Indizien ebenfalls zutrafen.
Hiller nahm die Beine vom Schreibtisch und betrachtete das Blatt Papier auf dem Schreibtisch. Edward Reynolds stand darauf. Daneben Jack Reynolds . Darunter waren in einem Rechteck die Namen der fünf Mädchen geschrieben. Das Kästchen und die Namen waren mit Pfeilen verbunden.
Es bestand kein Zweifel, dass diese Beziehung stimmte. Beide Reynolds waren hautnah in diese Fälle verwickelt. Die Lösung führte über Edward und Jack. Aber welchen Namen musste er zusätzlich auf das Papier schreiben, damit das Ganze einen Sinn bekam?
Es musste sich um jemanden aus Jacks Umfeld handeln. Jemanden, der wie er Kontakt zu den Mädchen und zu seinem Vater gehabt hatte. Aber wer konnte das sein?
Seine Freundin? Sandra Berington? Hiller hatte mit dem Gedanken gespielt, konnte aber nur eine Beziehung zu Jack feststellen. Das FBI hatte versucht, sie zu den Vorkommnissen zu befragen, hatte aber bislang nicht feststellen können, wo sie sich aufhielt. Laut FBI-Akten lag nichts gegen sie vor. Sie war Physiotherapeutin und arbeitete auch als mobile Bet reuerin mit den Kinderheimen zusammen . Jack war seit einem halben Jahr mit ihr liiert, wobei sich laut Dave Steward, Reynolds langjährigem Freund, das Ende bereits abgezeichnet hatte. Aber sonst? Nichts. Über Sandra Berington war nichts herauszufinden. Vor allem keinerlei Beziehung zu Edward Reynolds – die jedoch für Hiller von entscheidender Bedeutung war, da die Bilder sich in seinem Besitz befunden hatten.
Sandra Berington. War sie es? War das der Name, der auf diesem Blatt Papier stehen musste? Hiller griff nach dem Stift und setzte die frisch gespitzte Mi ne auf das Blatt Papier. Nein. Er musste aufpassen, dass er sich nicht in Mutmaßungen verrannte. Es zählten nur Fakten. Und Fakt war, dass Sandra Berington in keiner Beziehung zu Edward Reynolds stand. Auch gab es keinerlei Anhaltspunkte, die sie mit den Bränden in Verbindung brachte. Und die Mädchen zu ermorden und Reynolds aus Eifersucht die Schuld zuzuschieben, schien Hiller dann doch zu sehr an den Haaren herbeigezogen .
Die Bürotür schwenkte in den Raum. Bob betrat das Zimmer. In der Hand hielt er ein bedrucktes Blatt Papier. »Alles klar?«, fragte er. Bob war überzeugt, dass mit Jack Reynolds der Mörder unbürokratisch hingerichtet worden war und er konnte dessen Henker gut verstehen. Er hätte vermutlich genau so gehandelt, meinte er. »Hast du dich schon damit abgefunden, dass der Mörder tot ist?«
»Er war‘s nicht«, sagte Hiller und lehnte sich wieder in den Stuhl zurück. »Ich weiß es! Ich weiß nur nicht, wen ich sonst in mein Beziehungsdiagramm einsetzen soll.«
»Tja, das ist das Dumme an Beziehungsdiagrammen.« Bob grinste. »Ich geb e dir einen Tipp: ab damit in den Rundordner.« Er nickte zum Mülleimer. »Fahr heim und beginn mit der Planung zu deinem September-Trip. Das macht mehr Sinn.«
Hiller schüttelte den Kopf. Dann blickte er auf den Zettel, den Bob in der Hand hielt. »Was ist das?«
»Ach ja. Hat jemand aus der Medienabteilung herauf gebracht . Der Zeitungsartikel, den du angefordert hast. Du hast das damals wirklich nicht mitbekommen?«
»Nein. Aber das kann ich ja jetzt nachholen.« Hiller fasste nach dem Blatt Papier und begann zu lesen.
Pilgrim Neurochirurg schenkt fünfzehnjährigem Mädchen das Gehen
Miranda S. ist von den Hüften abwärts gelähmt. Seit ihrem siebten Lebensjahr verbringt die Vierzehnjährige nach einem Reitunfall ihr Leben im Rollstuhl. Edward Reynolds, Neurochirurg im Pilgrim Psychiatric Center auf Long Island, hat ihr nach einer zehnstündigen Operation das Gehen zurückgegeben. »Ich habe eine neue Technik
Weitere Kostenlose Bücher