Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)
Hiller verglich die gemalten Gesichter mit den Fotografien der Vermissten und hatte feststellen müssen, dass die Ähnlichkeit unglaublich war. Als hätte der Maler direkt von den Fotos der Vermissten abgemalt. Weiters befanden sich auf den Zeichnungen Abbildungen eines Werwolfes, den Jack Reynolds als seinen Vater interpretierte. Der Wolf, der die Kinder entführte, ermordete und dann verbrannte. Und dann war da noch ein Bild, auf dem eine türkise Schlange in den Hals des Wolfes biss. Mit diesem Bild konnte Hiller nichts anfangen.
Das sechste Bild zeigte ein gesichtsloses Mädchen, das auf einem Bett lag und scheinbar die Hand nach dem Betrachter ausstreckt e . Reynolds meinte, dass es sich dabei um das nächste Opfer handeln würde. Hiller er schien diese Vermutung plausibel. Es war also ein weiteres Mädchen in Gefahr. Hiller musste den Mörder fassen. Bald. Und er hoffte inbrünstig, dass die Mädchen noch am Leben waren.
Edward Reynolds Leiche war in einem Zustand, der eine Identifikation anhand äußerlicher Merkmale unmöglich machte. Dennoch hatte Hiller den Eindruck, Jack würde die Leiche in einer Art und Weise anstarren, die den Verdacht nahelegte, er hätte sie schon zuvor gesehen. Als Feuerwehrmann war Reynolds bereits mit verbrannten Menschenkörpern konfrontiert gewesen, insofern war seine gefasste Reaktion verständlich. Aber es schien, als würde er mit diesem schreienden Schädel in irgendeiner Form kommunizieren. Ab diesem Zeitpunkt war Hiller beinahe sicher, dass der Mann auf Hart Island Edward Reynolds war. Es bestand eine unsichtbare Verbindung zwischen Jack und der Leiche. Eine Verbindung, die Hiller nur mit einer Vater-Sohn-Beziehung erklären konnte. Auch wenn Jack Reynolds es nicht gewusst hatte – in diesem Moment hatte er es gefühlt. Letztlich hatte das FBI-Labor diesen Verdacht bestätigt. Edward Reynolds war tot. Und es blieb nur noch ein Name auf der Liste der Verdächtigen übrig.
Jack Reynolds verließ Hillers Büro um etwa 5:00 Uhr morgens. Der Agent, den Seal nach Hart Island mitgeschickt hatte, observierte ihn und meldete, dass er in einem Nightstore ein Tagebuch, ein Messer, Stifte und eine Stablampe gekauft hatte und zum Haus seines Vaters gefahren war.
Seal rief um kurz nach Fünf an und teilte mit, dass Jack Reynolds Sperma auf Melissas und Patricias Puppen nachgewiesen worden war und es tatsächlich eine Verbindung zwischen ihm und den entführten Mädchen gegeben hatte. Er war die letzten Monate mit seiner Freundin in Kinderheimen unterwegs gewesen, wo er Fragen der Kinder bezüglich der Feuerwehr beantwortet hatte. Auf diese Art war er mit allen Mädchen in Kontakt gekommen. Einschließlich Patricia White. Mit ihr wurde er beobachtet, als er nach solch einer Veranstaltung ein Gespräch führte.
»Wir haben unseren Mörder«, hatte Seal gesagt. »Ich schicke meine Männer zu dem Haus, um ihn festzunehmen. Ich bin sicher, dass die Mädchen dort versteckt sind.«
Reynolds wurde verhaftet und anschließend zehn Stunden von Seal verhört. Von den Mädchen fand man im Haus keine Spur. Seal und Hiller hofften, dass Reynolds den Aufenthaltsort der Mädchen preisgab, umso mehr, als er alle Vorwürfe ohne Einschränkungen gestand. Aber Reynolds behauptete, an Amnesie zu leiden und sich an nichts erinnern zu können. Doktor Overlook bestätigte diese Aussage und riet Seal, Reynolds mit schockierenden Tatsachen zu konfrontieren, da ein Schock dazu führen konnte, seine Erinnerung wieder zurückzubringen.
Hiller beobachtete das Verhör vom Nebenraum und musste mit ansehen, wie James Brighton, Mitarbeiter beim FBI und Melissas Vater, Jack Reynolds niederschoss. Reynolds wurde von 17 Schüssen getroffen und war innerhalb kürzester Zeit tot. Mit ihm der einzige Mensch, der mitteilen konnte, wo sich die Mädchen aufhielten.
Das war vor drei Stunden. In diesem Augenblick wurde Brighton zu den Vorfällen befragt und Seal hatte Hiller versprochen, das Vernehmungsprotokoll per E-Mail zu schicken.
Während Jack Reynolds´ Verhör hatten FBI-Profiler dessen Leben analysie rt und ein Profil erstellt, das sie Hiller gegeben und Seal in den Verhörraum gebracht hatten. Demnach war Reynolds seit seinem vierzehnten Lebensjahr in psychologischer Betreuung. Ausgelöst worden war diese Persönlichkeitsstörung durch ein traumatisches Ereignis. Er war sechs Stunden in absoluter Dunkelheit in einem Raum eingesperrt und laut den Gesprächsprotokollen des Kinderpsychologen Doktor Fawbes davon
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