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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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können als jeder andere auf der Welt und die für mich von sehr großer Bedeutung sein könnte. Sie kennen Mr. Holmes und seine Beziehungen zur Polizei besser als jeder andere. Angenommen, es würde ihm eine Sache vertraulich mitgeteilt; ist es dann unvermeidlich, daß er sie an die Kriminalbeamten weiterleitet?«
    »Ja, richtig«, sagte Barker eifrig. »Arbeitet er für sich oder hält er’s völlig mit denen?«
    »Ich weiß wirklich nicht, mit welcher Berechtigung ich eine solche Frage erörtern dürfte.«
    »Ich bitte – ich beschwöre Sie, es gibt eine, Dr. Watson; ich versichere Ihnen, daß Sie uns damit helfen – mir damit sehr helfen, wenn Sie uns in diesem Punkt beraten.«
    Der Tonfall der Frau war so aufrichtig, daß ich einen Augenblick lang all ihre Leichtfertigkeit vergaß und nur noch bestrebt war, ihrem Wunsch nachzugeben.
    »Mr. Holmes ist in seinen Nachforschungen unabhängig«, sagte ich. »Er ist sein eigener Herr und pflegt nach eigenem Ermessen zu handeln. Gleichzeitig fühlt er sich gegenüber den Beamten, die denselben Fall bearbeiten, natürlich verpflichtet, und er würde ihnen nichts verschweigen, was ihnen helfen könnte, einen Verbrecher der Gerechtigkeit auszuliefern. Darüber hinaus kann ich Ihnen nichts sagen; für eine ausführlichere Auskunft muß ich Sie an Mr. Holmes selbst verweisen.«
    Hiermit lüftete ich den Hut und setzte meinen Weg fort, während sie hinter der Tarnung der Hecke sitzenblieben. Als ich an deren Ende abbog, Schaute ich zurück und sah, daß sie noch sehr ernst miteinander sprachen; und da sie mir nachblickten, war es klar, daß der Gegenstand ihrer Debatte unsere Unterredung war.
    »Ich lege keinen Wert auf ihre Vertraulichkeiten«, sagte Holmes, als ich ihm berichtete, was geschehen war. Er hatte den ganzen Nachmittag damit zugebracht, sich im Manor House mit seinen beiden Kollegen zu beraten, und war gegen fünf zurückgekehrt mit wahrem Heißhunger auf einen Imbiß mit Tee, den ich ihm bestellt hatte. »Keine Vertraulichkeiten, Watson, die sind nämlich höchst unangenehm, wenn es zu einer Festnahme wegen Mordes und Beihilfe zum Mord kommt.«
    »Sie glauben, daß es dazu kommen wird?«
    Er war in seiner heitersten und liebenswürdigsten Laune.
    »Mein lieber Watson, wenn ich dieses vierte Ei vertilgt habe, bin ich gerne bereit, Sie mit der ganzen Situation vertraut zu machen. Ich sage nicht, daß wir sie ausgelotet haben – das noch keineswegs –, aber wenn wir erst die fehlende Hantel ausfindig gemacht haben …«
    »Die Hantel!«
    »Meine Güte, Watson, sollten Sie möglicherweise noch nicht hinter die Tatsache gekommen sein, daß dieser Fall an der fehlenden Hantel hängt? Na, na, Sie brauchen nicht gleich den Mut sinken zu lassen; ich glaube nämlich, unter uns gesagt, daß auch Inspektor Mac und unser trefflicher Fachmann vom Ort die überwältigende Bedeutung dieses Umstands nicht begriffen haben. Eine einzelne Hantel, Watson! Stellen Sie sich einen Turner mit einer einzelnen Hantel vor. Malen Sie sich die einseitige Entwicklung aus – die drohende Gefahr einer Rückgratverkrümmung. Scheußlich, Watson; scheußlich!«
    Er saß da, den Mund voll Toast; seine Augen funkelten schelmisch und beobachteten die Verwirrung meines Intellekts. Der bloße Anblick seines vortrefflichen Appetits versprach einen günstigen Ausgang der Sache; denn ich erinnerte mich sehr deutlich an Tage und Nächte ohne einen Gedanken an Essen, da sein blockierter Verstand sich an einem Problem wundgerieben hatte, dieweil sein schmales, scharfgeschnittenes Gesicht durch die Askese völliger geistiger Konzentration noch spitzer wurde. Schließlich setzte er sich in die Kaminecke des alten Dorfgasthofes, zündete seine Pfeife an und sprach langsam und aufs Geratewohl über seinen Fall, eher wie jemand, der laut denkt, als wie jemand, der eine wohlüberlegte Darstellung vorträgt.
    »Eine Lüge, Watson – eine riesengroße, faustdicke, unverhohlene, ja unverschämte Lüge – darauf stoßen wir schon auf der Schwelle. Dort liegt unser Ausgangspunkt. Die ganze Geschichte, die Barker erzählt hat, ist eine Lüge. Aber Barkers Geschichte wird von Mrs. Douglas bestätigt. Also lügt sie auch. Beide lügen und stecken unter einer Decke. Somit haben wir jetzt ein klares Problem – warum lügen sie, und welche Wahrheit suchen sie so hartnäckig zu verbergen? Wir wollen sehen, Watson, Sie und ich, ob wir hinter die Lüge kommen und die Wahrheit rekonstruieren können.
    Woher ich weiß,

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