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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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hinterlassen würde, im Guten oder im Bösen.
    Nachdem er versuchsweise ein oder zwei Bemerkungen zu dem ihm zunächst sitzenden Bergmann gemacht und darauf nur kurze mürrische Antworten erhalten hatte, ergab sich der Reisende ungeselligem Schweigen und starrte verstimmt aus dem Fenster in die vorbeiziehende Landschaft. Es war keine ermunternde Aussicht. Durch die zunehmende Dunkelheit pulsierte die rote Glut der Hochöfen auf den Hängen der Hügel. Zu beiden Seiten ragten große Schlackenhalden und Zinderhaufen empor; über ihnen türmten sich die hohen Schachtgerüste der Kohlenzechen. Hie und da, verstreut entlang der Strecke, standen zusammengewürfelte Gruppen armseliger Holzhäuser, deren Fenster jetzt nach und nach aufleuchteten, und an den zahlreichen Haltestellen drängten sich ihre rußgeschwärzten Bewohner. Die Eisen-und Kohlentäler des Distrikts Vermissa waren kein Aufenthaltsort für Müßiggänger oder Kultivierte. Allenthalben zeigte sich unerbittlich, wie hart der Lebenskampf hier war, wie rauh die Arbeit, die verrichtet werden mußte, und wie rauh die Arbeiter, die sie verrichteten.
    In diese düstere Gegend blickte der junge Reisende hinaus; auf seinem Gesicht mischten sich Widerwille und Interesse, welches verriet, daß der Anblick ihm neu war. Dann und wann zog er aus der Tasche einen umfangreichen Brief, sah darin etwas nach und kritzelte auf dessen Ränder einige Notizen. Einmal holte er hinten aus dem Bund etwas hervor, das man im Besitz eines Mannes von so sanftem Auftreten kaum vermutet hätte. Es war ein riesiger Marinerevolver. Als er ihn schräg ins Licht drehte, zeigten die schimmernden Ränder der Kupferpatronen in der Trommel, daß er voll geladen war. Rasch steckte er ihn in die verborgene Tasche zurück; doch schon hatte ihn ein Arbeiter bemerkt, der sich auf die benachbarte Bank gesetzt hatte.
    »Hallo, Kumpel!« sagte er. »Scheinst ja gut gerüstet zu sein.«
    Der junge Mann lächelte verlegen.
    »Ja«, sagte er; »die Dinger brauchen wir manchmal dort, wo ich herkomme.«
    »Und wo wäre das?«
    »Ich komme grad eben aus Chicago.«
    »Noch neu hier in der Gegend?«
    »Ja.«
    »Du wirst vielleicht bald merken, daß du ihn auch hier brauchst«, sagte der Arbeiter.
    »Ach! Wirklich?« Der junge Mann schien interessiert.
    »Hast du denn noch nichts davon gehört, was sich hier so alles abspielt?«
    »Nichts, was ungewöhnlich wäre.«
    »So was, ich dachte, das ganze Land spricht davon. Na ja, du wirst es noch schnell genug erfahren. Was führt dich denn her?«
    »Ich habe gehört, hier gibt es immer Arbeit für einen, der willig ist.«
    »Bist du in der Gewerkschaft?«
    »Klar.«
    »Dann wirst du deinen Job kriegen, schätze ich. Hast du schon ein paar Freunde?«
    »Noch nicht, aber ich hab die Mittel, mir welche zu machen.«
    »Wie willst’n das anstellen?«
    »Ich gehöre zum Ehrwürdigen Orden der Freimaurer. Es, gibt keine Stadt ohne eine Loge, und wo eine Loge ist, da finde ich auch meine Freunde.«
    Die Bemerkung löste bei seinem Gesprächspartner eine eigenartige Reaktion aus. Mißtrauisch warf er nach allen Seiten schnelle Blicke zu den anderen im Wagen. Die Bergleute flüsterten noch immer miteinander. Die beiden Polizisten dösten. Dann kam er herüber, setzte sich dicht neben den jungen Reisenden und streckte die Hand aus.
    »Hier, schlag ein«, sagte er.
    Die beiden wechselten einen Händedruck.
    »Ich sehe, du sprichst die Wahrheit. Aber sicher ist sicher.«
    Er hob die rechte Hand an die rechte Augenbraue. Sogleich hob der Reisende die linke Hand an die linke Augenbraue.
    »Dunkle Nächte sind unangenehm«, sagte der Arbeiter.
    »Ja, für Fremde auf Reisen«, antwortete der andere.
    »Das reicht. Ich bin Bruder Scanlan, Loge 341, Vermissa Valley. Freut mich, dich bei uns zu begrüßen.«
    »Danke. Ich bin Bruder John McMurdo, Loge 29, Chicago. Logenmeister 24 J.H. Scott. Da habe ich aber Glück gehabt, so schnell schon einen Bruder zu treffen.«
    »Oh, in dieser Ecke gibt’s eine ganze Menge von uns. Du wirst sehen, nirgends in den Staaten floriert der Orden so wie gerade hier in Vermissa Valley. Aber ein paar Kerle wie dich könnten wir schon noch brauchen. Ich verstehe allerdings nicht, wieso ein fixer Bursche, der in der Gewerkschaft ist, in Chicago keine Arbeit findet.«
    »Ich habe eine Menge Arbeit gefunden«, sagte McMurdo.
    »Warum bist du dann weggegangen?«
    McMurdo nickte in die Richtung der Polizisten und lächelte.
    »Ich schätze, das würden die

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