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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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mir eine Zeitlang zu entfernen – weit fort vom Birlstone Manor House in Sussex, und weit fort auch von dem Jahr, da wir unsere ereignisreiche Reise unternahmen, die mit dem seltsamen Bericht des Mannes endete, den man unter dem Namen John Douglas kannte. Ich bitte Sie, zeitlich etwa zwanzig Jahre zurück-und räumlich einige tausend Meilen westwärts zu reisen, damit ich Ihnen eine einzigartige und schreckliche Geschichte vorlegen kann – so einzigartig und so schrecklich, daß es Ihnen möglicherweise schwerfallen wird, zu glauben, daß sie sich wirklich so zugetragen hat, wie ich sie erzähle. Denken Sie nun nicht, ich schöbe gewaltsam eine Geschichte ein, bevor die andere zu Ende ist. Daß dem nicht so ist, werden Sie feststellen, wenn Sie weiterlesen. Und wenn ich jene entlegenen Ereignisse genau beschrieben und sich dies Rätsel der Vergangenheit Ihnen gelöst hat, werden wir uns einmal mehr in der Baker Street treffen; in jenen Räumen, wo diese Geschichte, wie so manche andere wunderbare Begebenheit, ihr Ende finden wird.

Teil II
Die Scowrers 23
8. Der Mann
    Man schrieb den vierten Februar des Jahres 1875. Es war ein strenger Winter gewesen, und in den Schluchten der Gilmerton Mountains lag tiefer Schnee. Der Dampfpflug hatte jedoch die Schienen freigehalten, und der Abendzug, der die Verbindung zwischen den weit auseinanderliegenden Kohlenbergbau-und Eisenhüttensiedlungen herstellte, ächzte die halsbrecherischen Steigungen hinauf; die Strecke führte von Stagville in der Ebene nach Vermissa, dem am oberen Ende von Vermissa Valley liegenden Hauptort. Von dort zieht sich der Schienenstrang hinab nach Barton’s Crossing, Helmdale und in das reine Ackerbaugebiet von Merton. Es war eine einspurige Eisenbahnstrecke; aber auf jedem Nebengleis – und deren gab es sehr viele – kündeten die langen Reihen der mit Kohle und Eisenerz beladenen Güterwagen vom verborgenen Reichtum, welcher rauhes Volk und geschäftiges Treiben in diese trostloseste Ecke der Vereinigten Staaten von Amerika gebracht hatte.
    Denn trostlos war sie. Der erste Pionier, der sie durchstreifte, hätte sich wohl kaum träumen lassen, daß die herrlichsten Prärien und die saftigsten Weiden wertlos waren im Vergleich zu diesem düsteren Land der schwarzen Felsen und struppigen Wälder. Über den dunklen und oft fast undurchdringlichen Waldungen auf ihren Flanken türmten sich die hohen, kahlen Gipfel der Berge, gleißender Schnee und gezackter Fels auf beiden Seiten, und ließen in der Mitte ein langes, gewundenes, mehrfach gekrümmtes Tal frei. Dieses kroch der kleine Zug langsam hinauf.
    Im vordersten Personenwagen, einem langen, schmucklosen Gefährt, in dem etwa zwanzig bis dreißig Passagiere saßen, hatte man eben die Öllampen angezündet. Die meisten Passagiere waren Arbeiter, die von ihrem harten Tagewerk in den unteren Abschnitten des Tals heimkehrten. Rußgeschwärzte Gesichter und mitgefühlte Grubenlampen kennzeichneten mindestens ein Dutzend von ihnen als Bergleute. Sie saßen rauchend in einer Gruppe zusammen und unterhielten sich leise; gelegentlich warfen sie einen flüchtigen Blick zu zwei Männern auf der gegenüberliegenden Wagenseite, deren Uniformen und Dienstmarken sie als Polizisten auswiesen. Mehrere Frauen aus der Arbeiterschicht und ein paar Reisende, die kleine ortsansässige Ladenbesitzer sein mochten, bildeten den Rest der Gesellschaft – abgesehen von einem jungen Mann, der ganz alleine in einer Ecke saß. Und just diesem Mann gilt unser Interesse. Sehen wir ihn uns gut an, denn er verdient es.
    Es ist ein junger Mann von schätzungsweise nicht ganz dreißig Jahren, mittelgroß und von frischer Gesichtsfarbe. Er hat große, kluge und humorvolle graue Augen, die von Zeit zu Zeit forschend aufblitzen, wenn er durch seine Brille die Leute um sich herum betrachtet. Es ist leicht zu erkennen, daß er ein umgängliches und vielleicht etwas schlichtes Wesen besitzt und bestrebt ist, zu allen Menschen freundlich zu sein. Jeder könnte sogleich ausmachen, daß er in seinem Wesen und Verhalten gesellig und offenherzig ist, einen raschen Verstand hat und ein bereitwilliges Lächeln. Dem aufmerksamen Beobachter jedoch fiele vielleicht eine gewisse Festigkeit der Kinnbacken und die grimme Straffheit der Lippenpartie auf, die ihn warnend darauf hinwiesen, daß hier Tieferes verborgen liegt und daß dieser gefällige, braunhaarige junge Ire vermutlich in jeder Gesellschaft, in die man ihn einführte, seine Spuren

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