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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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»Hör auf!«
    Baldwin sah in verblüfft an.
    »Verflucht nochmal!« rief er. »Wie kommst du dazu, dich einzumischen – du Logenneuling? Zurück!« Er hob den Stock, aber McMurdo hatte rasch die Pistole aus der Hüfttasche gezogen.
    »Zurück mit
dir!
« rief er. »Ich puste dir das Gesicht weg, wenn du mich anrührst. Und was die Loge angeht – hat der Stuhlmeister nicht befohlen, daß der Mann nicht getötet werden soll? Und was tust du gerade anderes, als ihn zu töten?«
    »Das stimmt, was er sagt«, bemerkte einer der Männer.
    »Bei Gott, ihr solltet euch lieber beeilen!« rief der Mann unten. »In den Fenstern geht überall Licht an, und in fünf Minuten habt ihr den ganzen Ort auf dem Hals.«
    In der Tat ertönte Geschrei auf der Straße, und unten in der Eingangshalle versuchte sich eben eine kleine Gruppe von Metteuren und Schriftsetzern zum Handeln aufzuraffen. Die Verbrecher ließen den schlaffen und reglosen Körper des Redakteurs am oberen Treppenabsatz liegen, stürmten hinunter und machten sich rasch über die Straße davon. Als sie das Union House erreicht hatten, mischten sich ein paar von ihnen unter das Gedränge in McGintys Saloon, um dem Boss über die Bartheke hinweg zuzuflüstern, daß der Auftrag korrekt ausgeführt worden sei. Die anderen, darunter McMurdo, liefen in Seitenstraßen davon und gelangten so auf Umwegen nach Hause.
11. Das Tal der Angst
    Als McMurdo am nächsten Morgen aufwachte, hatte er guten Grund, sich seiner Aufnahme in die Loge zu erinnern. Sein Kopf schmerzte vom vielen Trinken, und der Arm, den man gebrandmarkt hatte, war heiß und geschwollen. Da er seine eigene besondere Einnahmequelle hatte, pflegte er nur unregelmäßig zur Arbeit zu gehen, und so frühstückte er spät, blieb den Morgen über zu Hause und schrieb einen langen Brief an einen Freund. Danach las er den
Daily Herald.
In einer im letzten Augenblick noch eingerückten Extraspalte stand: »Freveltat im Büro des
Herald.
Redakteur schwer verletzt.« Es handelte sich um einen kurzen Bericht über den Tathergang, mit dem McMurdo einiges vertrauter war, als es der Verfasser je sein konnte. Der Text endete mit folgender Feststellung:
     
    Die Sache liegt jetzt in den Händen der Polizei; aber man darf kaum hoffen, daß ihre Bemühungen bessere Resultate zeitigen werden als in der Vergangenheit. Einige der Männer wurden erkannt, und es besteht Hoffnung, daß eine Überführung erfolgen kann. Urheber der Freveltat war, man braucht es kaum noch zu erwähnen, jene infame Gesellschaft, die diese Gemeinde seit so langer Zeit schon in Knechtschaft hält und gegen die der
Herald
einen so kompromißlosen Standpunkt vertritt. Mr. Stangers zahlreiche Freunde werden sich freuen zu hören, daß, obwohl er grausam und brutal geschlagen wurde und schwere Verletzungen am Kopf davontrug, keine unmittelbare Lebensgefahr besteht.
     
    Darunter wurde noch gemeldet, daß eine mit Winchesterbüchsen bewaffnete Wache der Coal and Iron Police zum Schutz des Büros abgestellt worden sei.
    McMurdo hatte die Zeitung weggelegt und zündete sich mit einer von den Exzessen des vergangenen Abends noch zittrigen Hand eben seine Pfeife an, als es draußen klopfte und seine Wirtin ihm einen Brief brachte, den ein Bursche gerade abgegeben hatte. Er war nicht unterzeichnet und lautete wie folgt:
     
    Ich würde Sie gerne sprechen, möchte das aber lieber nicht bei Ihnen zu Hause tun. Sie finden mich neben der Fahnenstange auf dem Miller Hill. Wenn Sie gleich dorthin kommen, habe ich Ihnen etwas zu sagen, das für uns beide wichtig ist.
     
    McMurdo las den Brief zweimal höchst verwundert, denn er konnte sich nicht vorstellen, was er bedeutete oder wer sein Verfasser war. Wäre er von weiblicher Hand geschrieben gewesen, so hätte er vermutet, daß er den Auftakt zu einem jener Abenteuer darstellte, die in seiner Vergangenheit ganz alltäglich gewesen waren. Aber es handelte sich um die Handschrift eines Mannes, und überdies eines gebildeten. Nach einigem Zögern entschloß er sich schließlich, der Sache auf den Grund zu gehen.
    Miller Hill ist ein schlecht gepflegter öffentlicher Park genau im Zentrum der Stadt. Im Sommer ist er ein beliebtes Ausflugsziel, aber im Winter ist er völlig trostlos. Von seiner Kuppe aus reicht der Blick nicht nur über die ganze schmutzige, wuchernde Stadt, sondern auch über das gewundene Tal darunter, mit seinen verstreuten, den Schnee schwärzenden Gruben und Fabriken auf beiden Seiten, sowie über die

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