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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Unglückstag für dich sein, Bruder Morris, wenn dein Name auf unsere Tagesordnung kommt, und ich glaube, genau da sollte ich ihn schon notieren.«
    Morris war leichenblaß geworden, und die Knie schienen unter ihm nachzugeben, als er in seinen Stuhl zurückfiel. Mit zitternder Hand hob er sein Glas und trank, ehe er zu einer Antwort imstande war.
    »Ich bitte dich, ehrwürdiger Meister, und jeden Bruder in dieser Loge um Entschuldigung, wenn ich mehr gesagt habe, als mir zukommt. Ich bin ein treues Mitglied – ihr alle wißt das –, und nur meine Furcht, daß der Loge Schaden entsteht, läßt mich so ängstliche Worte gebrauchen. Aber in deine Urteilskraft habe ich mehr Vertrauen als in meine eigene, ehrwürdiger Meister, und ich verspreche dir, keinen Anstoß mehr zu erregen.«
    Des Logenmeisters Stirn glättete sich, als er die demütigen Worte hörte.
    »Sehr gut, Bruder Morris. Auch mir täte es leid, wenn es nötig wäre, dir eine Lektion zu erteilen. Aber solange ich auf diesem Stuhl sitze, sind wir in Wort und Tat eine einige Loge. Und nun, Jungs«, fügte er, sich im Kreise umsehend, hinzu, »will ich noch Folgendes sagen: Wenn Stanger seinen vollen Lohn erhält, gibt es vermutlich mehr Scherereien, als wir brauchen können. Diese Redakteure halten alle zusammen, und jede Zeitung im Staat würde sofort nach Polizei und Truppen rufen. Aber ich schätze, ihr könnt ihm eine ganz schön strenge Verwarnung zukommen lassen. Willst du das übernehmen, Bruder Baldwin?«
    »Klar!« sagte der junge Mann eifrig.
    »Wie viele willst du mitnehmen?«
    »Ein halbes Dutzend; und zwei, um die Tür zu bewachen. Du kommst mit, Gower; und du, Mansel; und du, Scanlan; und noch die beiden Willabys.«
    »Ich habe dem neuen Bruder versprochen, daß er mitgehen darf«, sagte der Stuhlmeister.
    Ted Baldwin bedachte McMurdo mit einem Blick, der verriet, daß er weder vergessen noch vergeben hatte.
    »Na schön, wenn er will, kann er mitkommen«, sagte er mürrisch. »Das genügt. Je schneller wir an die Arbeit gehen, desto besser.«
    Unter Gebrüll und Schlachtrufen und Bruchstücken trunkener Lieder löste sich die Gesellschaft auf In der Bar wimmelte es noch von Zechern, und viele der Brüder blieben dort zurück. Die kleine Schar, die zum Dienst abkommandiert worden war, trat auf die Straße hinaus, dann marschierten sie zu zweit und zu dritt über den Bürgersteig weiter, um kein Aufsehen zu erregen. Die Nacht war bitterkalt, und ein Halbmond strahlte glitzernd am frostigen, mit Sternen übersäten Himmel. Die Männer hielten an und versammelten sich in einem Hof gegenüber einem hohen Gebäude. Zwischen den hell erleuchteten Fenstern standen in goldenen Druckbuchstaben die Worte
Vermissa Herald.
Von innen ertönte das Gerassel der Druckerpresse.
    »Du da«, sagte Baldwin zu McMurdo, »du kannst unten an der Tür warten und aufpassen, daß der Weg für uns frei bleibt. Arthur Willaby kann bei dir bleiben. Ihr anderen kommt mit mir. Habt keine Angst, Jungs; wir haben nämlich ein Dutzend Zeugen dafür, daß wir genau in diesem Moment in der Bar vom Union House sind.«
    Es war fast Mitternacht, und die Straße lag verlassen da, abgesehen von ein paar Zechern auf dem Heimweg. Die Gruppe überquerte die Straße; Baldwin und seine Männer stießen die Tür des Zeitungsbüros auf, stürmten hinein und eilten die vor ihnen liegende Treppe hinauf. McMurdo und ein weiterer Mann blieben unten zurück. Aus dem Zimmer oben ertönte ein Schrei, ein Hilferuf, und dann das Geräusch trampelnder Füße und kippender Stühle. Einen Augenblick später kam ein grauhaariger Mann auf den Treppenabsatz herausgestürzt. Noch ehe er weiterkommen konnte, wurde er gepackt, und seine Brille klirrte McMurdo vor die Füße. Es gab einen dumpfen Schlag und ein Stöhnen. Dann lag er auf dem Gesicht, und ein halbes Dutzend Stöcke klapperte durcheinander, als sie über ihn herfielen. Er krümmte sich, und seine langen, schmalen Glieder zuckten unter den Schlägen. Endlich hörten die anderen auf; nur Baldwin, dessen Gesicht zu einem teuflischen Grinsen erstarrt war, hieb weiter auf den Kopf des Mannes ein, den dieser vergeblich mit seinen Armen zu schützen versuchte. Sein weißes Haar war blutbefleckt. Baldwin beugte sich immer noch über sein Opfer, um ihm jedesmal, wenn er eine Blöße entdeckte, einen kurzen, heimtückischen Streich zu versetzen, als McMurdo die Treppe hinaufstürmte und ihn zurückstieß.
    »Du bringst den Mann noch um«, sagte er.

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