Das Tal der Wiesel
glänzte, wie ein silbernes Schiff vorbeitrieb. Das Licht glitzerte; es schwamm in verwirrendem Ausmaß auf den Fluten und brachte seine Augen zum Tränen, als sie nach der Strömung suchten. »Ich werde mein Bestes geben.« Er verwünschte sein schwaches Sehvermögen. »Mehr kann ich nicht tun.«
»Hör gut zu.« Die Saatkrähe wurde wieder energisch. »Sie werden auf das Schilf zusteuern. Bleib, wo du bist, bis sie ankommen. Sie werden sich sammeln, und dann, wenn der Weg frei ist, führst du sie zur Rückseite des Schlupfwinkels, zu dem Spalt, den du gefunden hast. Das ist alles, was du tun mußt, Scrat.«
»Und laufen werde ich.«
»Es ist ihr Kampf.« Der Wächter nahm seine Kräfte zusammen, um loszufliegen. »Wir werden unseren Teil für sie beigetragen haben. Was dort drinnen geschehen wird – daran laß uns lieber nicht denken.«
Die Wiesel kamen nacheinander den Hügel hinunter. Sie hielten sich dicht am Boden und sausten schlangengleich durch Gras und Gestrüpp. Man hätte nur wenige Schritte an ihnen vorbeigehen können, ohne sie zu bemerken. Sie folgten Furchen und nutzten jede Unebenheit aus, wurden überdeckt von wuchernden Pflanzen. Sie waren unsichtbar. Etwas weiter unten, auf der anderen Seite des Flusses, zeigte sich das Dach der Pumpstation, eine graue Platte, düster wie ein Grabmal. Die Wiesel konnten die Schutzwand sehen und die riesige Schraube. Sie blickten kurz auf die Eisenklappe am Rande des Flusses, hinter der sich die Auslaßöffnung verbarg.
Erschöpft waren sie den Hügel hinaufgeklettert, und ausgeruht kamen sie nun hinunter, erfüllt mit Entschlossenheit und Kampflust. Lautlos und flink bewegten sie sich vorwärts. Auf jedem der kleinen, schmalen Gesichter spiegelte sich diese grimmige Entschlossenheit wider. Kine, der voranlief, rief zu den anderen ein gedämpftes »Alles klar«, und sie rasten ungesehen weiter. Ein leichter, übelriechender Luftzug wehte vom Bunker aus über den Fluß. In der Nähe des Ufers sammelten sie sich, dann bewegten sie sich langsam und vorsichtig auf das Wasser zu.
»Wenn wir Glück haben«, sagte Ford, »müssen sich die Nerze von einer anstrengenden Nacht erholen und schlafen fest.«
»Von einer räuberischen Nacht«, meinte Kine.
»Wir werden es bald wissen.«
»Hoffentlich ist Scrat noch an seinem Platz.«
»Es geht auch ohne ihn«, knurrte Ford. »Dieses ängstliche Tier.«
»Aber tapfer ist er.« Kine dachte an Scrats Erkundungen in der Marsch. »Wäre die Spitzmaus nicht gewesen, hätten wir jetzt erst nach dem Labyrinth suchen müssen. Ich habe Vertrauen zu Scrat.«
»Vielleicht ist er nicht mehr am Leben, Kine.«
Es war möglich. Kine wandte sich den Riedgraswäldchen zu, von denen aus die Wieselbande in den Fluß gleiten würde. Er mochte nicht daran denken, daß der Winzling umgekommen sein könnte, doch es hatte schon viele Tote gegeben – und es würden noch mehr werden, wenn die Sonne aufging. Die Rache stand kurz bevor. Er blickte auf die Riedgräser. Der Morgen der Wahrheit war angebrochen. »Wenn Scrat tot ist, wird die Saatkrähe zurückkehren«, sagte er. »Wenn nicht – wenn die Saatkrähe davonfliegt –, wird der Winzling an seinem Platz auf uns warten. Dann brechen wir sofort auf.«
Sie schlichen an das Graswäldchen heran, und der Kleine aus der Heide schlüpfte zwischen die widerstandsfähigen Halme hindurch. Ungeduldig suchte er den Fluß ab. Kine, der seine Aufgeregtheit bemerkte, meinte zu ihm: »Ruhig Blut, Young Heath, gleich kannst du schwimmen.«
»Gut beobachtet, Kine. Ich kann es kaum erwarten.«
»Du bist nun schon sehr erfahren.« Kine sah den Himmel forschend an. »Wenn wir im Labyrinth sind, bleib einfach hinter mir und bewahre einen kühlen Kopf. Bleib in der Nähe von Ford und mir; wir werden auf dich aufpassen.«
»Ich kann kämpfen. Ich habe keine Angst.« Mit einem Ruck richtete er seine Nase wieder auf den Fluß, auf den düsteren Block, der den Schlupfwinkel anzeigte. »Wir werden ihnen einen Schock versetzen, Kine. Sie werden überhaupt nicht wissen, was los ist. Eine Sache ist da noch …«
»Ja?«
»Wenn alles vorbei ist – hast du Lust, die Heide zu besuchen? Ich würde dir gerne zeigen, wo ich lebe. Es ist ein schönes Land.«
Kine nickte. »Bestimmt ist es ein schönes Land.«
»Der Wächter!« rief Ford aufgeregt. »Da ist der Wächter, er steigt auf.« Leuchtende Augen folgten dem Vogel, als er sich auf der anderen Uferseite mit kraftvollen Flügelschlägen schwerfällig in die
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