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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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Luft erhob. Er schien endlos aufzusteigen, bis er schließlich einen Kreis über dem Schlupfwinkel beschrieb. »Nun mach schon!« drängte Ford. »Wir können dich sehen. Flieg los – worauf wartest du noch?« Langsam kreiste die schwarze Gestalt, wandte sich nordwärts und flog dann auf die Hügelkette zu, dem stärker werdenden Licht entgegen. »Ein gutes Zeichen für den Winzling!« Ford fletschte die Zähne. »Laßt uns aufbrechen!«
    Kine drehte sich hastig um. Neben sich, an beiden Seiten, sah er die spitz zulaufenden Wieselköpfe mit ihren Nasen, die den Spitzen einer Lanzenreihe glichen und im Verborgenen lauerten. »Los!« rief er mit rauher Stimme und setzte sich in Bewegung. »Haltet euch tief im Wasser und beeilt euch!« Er hörte das leise Plätschern beim Hineintauchen, befand sich einen Moment lang unter Wasser, kam an die Oberfläche und arbeitete sich kraftvoll vorwärts. Um ihn herum drängten schwimmende Wiesel, lebendige Lanzenspitzen, dem fernen Ufer entgegen.
    Der Zustand des Flusses war für den Überfall geradezu ideal: Er führte Hochwasser, doch die Oberfläche war glatt; er schien noch nicht erwacht zu sein und glitt an diesem silbrigen Morgen, in friedlichem Schlummer versunken, ruhig dahin. Hier und dort wurde eine Unregelmäßigkeit in der Strömung, wo Pflanzen oder Zweige die glatte Fläche durchbrachen, vertrieben, als ob der Tag ihn mit sanften Händen liebkoste. Kine schwamm erleichtert voran. Treibende Blätter kreuzten in träger Sorglosigkeit seinen Weg, Schwärme von schlammfarbenen Fischen geisterten unter ihm herum. Neben und hinter ihm durchschnitten die Wiesel mit ihrem kräuselnden Kielwasser die weite Fläche.
    Kine glaubte, daß das Glück es nun endlich gut mit ihnen meinte. Das Unwetter und das Feuer lagen hinter ihnen. Sie hatten überlebt, und im entscheidenden Moment stellte sich das Glück auf ihre Seite. Scrat wartete. Der Fluß, ihre letzte Hürde, zog ruhig und gleichmäßig dahin. Dies konnte man nur als gutes Omen für den bevorstehenden Kampf ansehen. Er änderte die Richtung etwas. Sie waren ein kleines Stück flußabwärts getrieben worden, und er stemmte sich leicht gegen die Strömung, um die Abtrift auszugleichen.
    Die Pumpstation, die hoch über dem Ufer aufragte, war nicht zu übersehen. Darunter, wo sich Schilf- und Riedgräser ausgebreitet hatten, war der vereinbarte Treffpunkt mit der Spitzmaus jedoch kaum zu entdecken. Ein Grasbüschel glich dem anderen, und Kine suchte nach der Stelle, wo sich die Auslaßöffnung befand. Selbst diese, zum Teil noch von Riedgräsern verdeckt, war nicht leicht auszumachen; erst als die Wiesel die Mitte des Flusses erreicht hatten, wurde die dunkle Eisenklappe deutlich sichtbar. Das Wasser schwappte dagegen und verdeckte den Schlund und seinen mit Scharnieren versehenen Deckel etwas. Die Zeit hatte dafür gesorgt, daß die über einen Meter breite Klappe mit Schlamm und Rost überzogen worden war und nun allmählich mit dem Flußufer verschmolz. Irgendwo in der Nähe dieser Auslaßöffnung mußte sich der Treffpunkt befinden.
    »Was ist das?« rief Ford mit gedämpfter Stimme über das Wasser hinweg. »Was war das, Kine?«
    »Was denn?«
    »Ein grollendes Brummen. Es kommt vom Bunker her.«
    Kine hörte auf zu schwimmen und lauschte angestrengt.
    Ford rief: »Da! Hörst du die Stimme? Sie müssen aufgewacht sein. Schwimm schneller, Kine.«
    »Augenblick!« Kine hörte die Stimme. Sie verspottete sein Gefühl, daß sie nun mehr Glück haben würden. Es war die Stimme des Verderbens, und Kine, Wasser tretend, kämpfte gegen das plötzliche Durcheinander an, das sich in seinem Kopf ausgebreitet hatte. Der Motor summte. Von der Elektrode im Kanal auf Touren gebracht, setzte er mit einem Ruck die Schraube in Bewegung, die ein ständiges Rumpelgeräusch verursachte, während die Pumpe das Wasser ansaugte. Langsam begannen riesige Flüssigkeitsmengen aus den Entwässerungskanälen des Marschlandes die große Förderschnecke hinaufzuklettern. Oben angekommen, würden die Fluten durch den Schlund jagen, gegen die Eisenklappe drücken und sich mit wildem Ungestüm in den Fluß ergießen. Kine war am Verzweifeln. »Es ist die Stimme der Maschine. Wenn das Wasser gegen die Klappe schlägt …«
    Das Unternehmen war fehlgeschlagen.
    »Können wir es noch schaffen?« zischte Ford.
    »Nein, es bleibt keine Zeit mehr. Wir würden genau hineinschwimmen.«
    »Dann schaffen wir es auch nicht mehr, zurückzukommen.« Ford betrachtete

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