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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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entschlossen aus dem Boden hervor. Eine Saatkrähe hockte mit unergründlichen Augen auf einem Pfahl.
    »Dies ist also Kias Gebiet«, stellte Ford fest.
    Er blickte zum Fluß und dem anderen Land zurück. Hinter dem gegenüberliegenden Ufer erstreckte sich verschwommen die grasbestandene Wildnis, in der man einige Weidengebüsche erkennen konnte. Es war eine rauhe Gegend, die weder durch Getreide noch durch Hecken aufgelockert wurde. Ein grimmiger Sumpf, in dem ein Tier versinken, zwischen den stachligen Grasbüscheln hinabgezogen werden konnte, wenn es von den schmalen festeren Pfaden abkam. Generationenlang hatten sich die Schafe hintereinander laufend ihren Weg durch das Sumpfland gesucht. Und selbst diese engen Pfade waren gefährlich; es wurden viele Todesfälle verzeichnet.
    Er sagte: »Das ist vortrefflich – sieh dir das an!«
    Selbst das Marschland war trockengelegt. Auf seiner eigenen Uferseite – neben dem Burghügel – mußte man eine endlose Reise durch Morast und Gestrüpp unternehmen, um das höher gelegene Land zu erreichen, während die Anhöhen hier fast bis zum Fluß hinuntergingen. Und was für Anhöhen es waren! Er ließ seinen Blick schweifen. Weite Felder, auf denen grüne Getreidepflanzen wuchsen, heimgesucht von einigen Saatkrähen; Schafe grasten auf ansteigenden Wiesen; stattliche Wälder boten zahllosen Tieren Schutz und Geborgenheit. Ein Anblick, der für das Sumpfwiesel beinahe schon zu großartig war. »Du weißt gar nicht, wie glücklich du in dieser Gegend hier bist.«
    Die Saatkrähe schnaufte.
    »Das kannst du mir glauben.«
    Der Vogel blickte ihn scheel an. In der Nähe ahmte eine automatische Vogelscheuche das Krachen des vorübergezogenen Gewitters nach. Bei jeder Explosion sauste etwas hoch und flatterte langsam wieder zu Boden. Der Apparat bestand aus einer Propangasflasche, einer Verbrennungskammer und einer langen Stange. Das Gas strömte langsam aus der Stahlflasche, füllte die Kammer und wurde durch einen Zündfunken zum Explodieren gebracht. Es entstand ein lauter Knall, und ein ›Falke‹ aus Plastik schnellte an der Stange nach oben, wo er kurz verharrte, dann taumelte er wieder nach unten. Die Vögel, die den merkwürdigen Apparat nicht kannten, ergriffen die Flucht, doch der Wächter hielt alle Vogelscheuchen – die strohköpfigen wie die gasverzehrenden – für falsche Fuffziger, und er hatte ungestört gefressen, bis der Fremdling auftauchte. Er sagte: »Du betrittst das Gebiet unerlaubt!« Ford lachte unverschämt, und der Wächter blinzelte überdrüssig. Die Wiesel glichen sich so sehr; dieses war etwas größer als die anderen, ein ungehobelter Krakeeler, vielleicht nicht so scharfsinnig wie Kine, aber ansonsten gab es keine großen Unterschiede – alles Angeber und Raufbolde. Er wußte, was das Wiesel wollte, und als der Fremdling es bestätigte, stöhnte er innerlich.
    »Ich bin auf der Suche nach Kia. Sie hat mir erzählt, daß sie hier lebt, und nun will ich sie abholen. Wir hatten uns im Winter getroffen, am Fluß. Ich habe versprochen, daß ich sie finden würde, wenn die Zeit gekommen ist, daß ich sie mit mir nach Hause nehmen würde.«
    »In den Sumpf? Da wird sie sich aber freuen.«
    »Kia wird es dort gefallen, sie ist voller Schwung! Sie wird sich behaupten. Man kann es ihr deutlich ansehen: Sie paßt zu mir, wird kampflustige Junge aufziehen. Auf solch eine Gefährtin wäre ich stolz, ich halte viel von ihr.« Das Gesicht des Sumpfwiesels leuchtete beinahe liebevoll. Eine schöne Zeit stand bevor. Das Leben jenseits des Flusses war hart, doch – Fords Ansicht nach – auch lohnend. Er dachte an die Schlupfwinkel der Maulwürfe in der Wildnis, an die schlammigen Gänge, die man nach den blinden Tunnelgräbern absuchen konnte. Er dachte daran, im feuchten Hinterhalt zu liegen, um Seefröschen aufzulauern. Und dort erhob sich der Burghügel erhaben über das kahle Land, der einen überwältigenden Ausblick bot und im Sommer ein Laubdach trug. Wenn er dort mit einer so bezaubernden Lebensgefährtin wie Kia herumlief, würden ihn alle beneiden. »Kia ist die Schönheit des Tales; man braucht sie nur kurz anzusehen, um das festzustellen.«
    Und man braucht nur diesem Faselhans zuzuhören, um das Frühlingsleiden festzustellen, dachte die Saatkrähe. Die Jahreszeit der sinnlichen Begierde war angebrochen, und der Geschlechtstrieb zeigte sich überall – Hirsche in der Brunft, Rammler suchten Häsinnen, Füchse neckten sich – das ganze Tal war

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