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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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hatte sie verraten. Eine Minute lang war er unschlüssig gewesen. Er verachtete sich selbst.
    Das ertränkte Wiesel trieb langsam von ihnen davon. Kine sah noch einmal hin, dann wandte er sich ab und setzte sich, zusammen mit Ford, wieder in Bewegung. Die Hitze war unerbittlich. Am blauen Himmel trieben einige Schäfchenwolken entlang. In einer guten Saison hätte Kia das Land mit vier Würfen, in Abständen von fünf Wochen, erfreuen können, dachte Kine verbittert. Ein Wieselsommer – es hätte ein herrlicher Sommer werden können. Es waren schmerzende Gedanken, eine Selbstquälerei.
    »Erste Chance verpatzt«, sagte Ford düster.
    »Sie haben ihr Bestes gegeben.«
    »Und er ist entwischt. Sumpfwiesel hätten ihn aufgehalten. Wir hätten an jeden Graben Sumpfwiesel postieren sollen.«
    Kine erwiderte nichts. Es hatte keinen Sinn, sich zu streiten, und Ford hätte eine unangenehmere Sache ansprechen können. Wäre Kia in das Sumpfland zurückgekehrt, wie es sich Ford erhofft hatte, so wäre sie wahrscheinlich noch am Leben gewesen. Der Gedanke quälte ihn, und in dem Versuch, ihn zu verscheuchen, fragte Kine: »Wo?« Und als der andere ihn verständnislos ansah: »Wo ist er jetzt? Wir haben uns nicht gefragt, wie weit er gekommen ist.«
    Ford blieb stehen. »Du hast recht«, sagte er.
    »Möglicherweise bis ins Marschland, aber nicht unbedingt. Vielleicht ruht er sich ganz in der Nähe am Graben aus. Er ist bei der Auseinandersetzung gut davongekommen, warum sollte er sich also weit entfernt haben?«
    »Du hast recht«, wiederholte Ford mit glänzenden Augen. »Worauf warten wir noch?«
    »Wir sollten nachsehen.«
    Die Sonne schien kräftig auf die Stechginsterhecke, konnte sie jedoch nicht durchdringen. Düster, durchsetzt mit verdrehten Stengeln und Fuchsgängen, bildete das Innere des Dickichts eine eigene Welt. Das Fasanenweibchen, das sich hierhin zurückgezogen hatte, erstarrte und blieb furchtlos in ihrem Nest sitzen. Das dahockende Rebhuhn war nahezu unsichtbar. Kaninchen hielten sich in den dunklen Erdhöhlen versteckt und wurden nur durch die trockenen Kügelchen, die sie auf dem Boden zurückgelassen hatten, verraten. Kaninchen und Hasen verzehrten ihren Kot wieder, so daß jedes Kräutermahl zweimal durch sie hindurchging. Die doppelt verdauten Kügelchen waren dann nicht mehr sehr nahrhaft. Kine schnupperte. Leichtfüßig auf dem Ufer des im Schatten liegenden Grabens entlanglaufend, folgten sie der Strömung, die sich bergab bewegte.
    Über dem Marschland lag ein leichter Dunstschleier, die Frösche sangen sorgenvoll. Am Rande des Heufeldes zeigten sich aasfressende Ameisen; sie waren mit einem alten Maulwurfshügel beschäftigt, strömten aus ihm hervor. Sie erinnerten Kine an Kias leblosen Körper, und Fords Stimme, die in den Alptraum hineinreichte, erschreckte ihn fast. »Da ist die Fährte!« rief Ford aus. »Sie ist frisch. Wir sind ihm auf den Fersen!«
    »Langsam, Ford …«
    Kine wollte zur Vorsicht drängen, doch Ford war schon außer Reichweite, sprang unbesorgt vor ihm her. Kine folgte ihm fluchend. Er hielt sich flach am Boden und beobachtete, wie das Sumpfwiesel durch das flutende Sonnenlicht hüpfte, wie es mit gesträubten Nackenhaaren blind draufloslief. Die langgestreckten Heuhaufen versperrten die Sicht, jede Reihe konnte als Hinterhalt dienen, doch Ford war außer Rand und Band. Endlich blieb er keuchend stehen, und Kine holte ihn wieder ein. Der Boden vor ihnen fiel leicht ab. Ungehindert konnten sie bis zu der Stelle sehen, wo der braune Nerz hockte.
    Er war die Böschung heraufgeklettert und kauertenun mehrere Meter vom Stechginster entfernt auf dem Heufeld. Kine starrte ihn unverwandt an. Er hatte seinen Bauch zusammengezogen, auf der Haut fühlte er ein Prickeln. Dieses Tier war vielleicht dabeigewesen, als Kia getötet worden war. Auf jeden Fall hatte es das Wiesel in dem Graben getötet, und es schien durch die Auseinandersetzung in keinster Weise aus der Fassung gebracht worden zu sein. Hager und kräftig hockte es da und trocknete sich in der Sonne; sein Fell und sein auffälliger Schwanz waren von kurzen, schwarzen Streifen durchzogen. Es mochte gewaltigere Nerze geben, dachte Kine, doch dieser war schon größer als jede Ratte, die er bisher gesehen hatte, und ließ ein Wiesel winzig erscheinen. Und er stank – er stank nach seiner Art und nach dem Blutbad am Mondsee.
    Ford flüsterte: »Diesmal wird er nicht entkommen. Den schnappen wir uns, Kine.«
    »Wir müssen ihn

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