Das Tal der Wiesel
der Dunkelheit, und wurde von dem widerlich schmeckenden Fell, das Mund und Rachen ausfüllte, geknebelt. Benommen rollte er sich frei, während Ford, einen unbekümmerten Blick werfend, den hin und her schlagenden Krallen des Nerzes auswich.
Kine sah, wie sich das Feld drehte. Irgend etwas schwang sich ihm wie ein Dreschflegel entgegen, und er lag wieder auf dem Boden. Er stand halb betäubt auf und entfernte sich schnell von dem Schwanz des Monsters, der, genausogroß wie er, über die Grasstoppeln fegte. Kines Geist vernebelte sich zusehends, die Sonne drückte unbarmherzig auf seinen Kopf. Verschwommen sah er Ford auf dem Boden liegen, den Nerz sprungbereit, und er wußte, daß der Kampf nun einen kritischen Punkt erreicht hatte. Ford wurde merklich schwächer, seine Verteidigung wirkte kraftlos – und einen lähmenden Augenblick lang waren auch Kines Reserven dahingeschwunden, doch er bemühte sich, zu Hilfe zu kommen. Der lange Rücken des Monsters bog sich, als er den Sprung berechnete. Er stürzte sich auf das Tier und rief: »Bring dich in Sicherheit, Ford!«
Für den Bruchteil einer Sekunde tat sich nichts. Dann bäumte sich der Nerz auf und versuchte, sich drehend und sich windend, das auf ihm sitzende Wiesel abzuwerfen. Kine schlug seine Zähne in das Genick und krallte sich im Fell fest. Er ließ nicht los. doch der Nacken war hart wie Holz, verfilzt und äußerst kräftig, schien unempfindlich zu sein. Und Kine bemerkte, was das Tier vorhatte: Es bewegte sich auf das Wasser zu. Ein Wiesel hatte es schon ertränkt. Kine konnte entweder abspringen oder dem sicheren Tod entgegenreiten.
Er vergrub seine Krallen weiter ins Fell, riß mit seinen geschlossenen Kiefern am Nacken, als das Monster auf das Wasser zulief. Es machte ein paar Sprünge, erhöhte seine Geschwindigkeit und jagte quer durch die Heureihen, so daß Kine vom feuchten Gras eingehüllt wurde und beinahe hinunterstürzte. Er entdeckte Ford, der seinen schmerzenden Kopf schüttelte und hinter ihnen herstolperte. Das Sumpfwiesel griff tatsächlich noch einmal an, es brüllte: »Halt ihn vom Wasser ab! Wir haben ihn gleich, Kine!«
»Beiß ihn in die Kehle, Ford!«
Sie liefen Seite an Seite; erschöpft bemühte sich Ford, mit dem Monster Schritt zu halten, Kine hielt sich eisern am Rücken fest. Er sah vor sich den flachen Kopf, der seitwärts stieß, die schaumbedeckten Kiefern suchten Ford – sah, wie Ford strauchelte, abschwenkte und wieder herankam. Es war ein seltsames Wettrennen zuschnappender Raubtiere; der Nerz geriet zunehmend in Panik, je mehr ihn Kines Zähne durchdrangen, Ford versuchte hartnäckig, die Kehle des Tieres zu erwischen. Sie kamen vom Sonnenlicht in den Schatten. Der Stechginster befand sich nun ganz in der Nähe. Noch einmal griff Ford an, und wieder stieß der Nerz zu. Braune Fellstücke wirbelten durch die Luft, als Kine sich vorwärts arbeitete. Das Monster erbebte. Das Sumpfwiesel hatte sich festgebissen. Zusammen jagten die drei durch den Stechginster auf das Ufer zu. Wie Blutegel hielten sich die Wiesel fest, dann taumelten sie und stürzten in das dunkle, schlammige Wasser.
Kine tauchte wieder auf, spuckte Wasser und fluchte fürchterlich. Er hatte sich vorgenommen, seinen Griff unter keinen Umständen zu lockern. Der Sprung ins Wasser hatte sein Vorhaben vereitelt, und nur Fords Wiedererscheinen, durchnäßt, aber lebend, war ihm ein Trost. »Alles klar mit dir, Ford?«
»Ich hatte den Teufel gehabt.«
»Wir konnten ihn nicht aufhalten.«
»Ich hatte seine Kehle erwischt, Kine.«
Irgend etwas rührte sich im verdreckten Wasser, es bewegte sich, Blasen stiegen auf. Langsam kam der braune Nerz an die Oberfläche, mit dem Bauch nach oben, Blut strömte aus seinem zerfetzten Nacken. Ford strahlte plötzlich. Sein übel zugerichteter Kopf sah grotesk aus, aber er jubelte.
13. Kapitel
Der Turmfalke schwebte fast bewegungslos über dem Hügel. Er flog in einer Höhe von ungefähr sechzig Metern, von wo aus er ein kleines, ahnungsloses Tier, vielleicht fünf Zentimeter lang, beobachtete, das auf dem Feld entlanglief. Einen Flügel leicht abkippend, glitt der Falke elegant zur Seite, um sein Opfer zu verfolgen, verschwand hinter einem Baum, so daß Wilderer ihn durch das Fenster seines Häuschens nicht mehr sehen konnte. Das Beobachten machte ihn schwindlig, und er legte sich wieder hin, über ihm die dunklen Balken des Dachstuhls.
Neben dem einfachen Metallbett scharrte der schwarzäugige Hund. Wilderer
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