Das Tao der Physik
überein. Wenn Hadronen in
Hochenergie-Kollisionsexperimenten
aufgespalten
werden,
zerfallen sie in Kombinationen von anderen Hadronen. Somit
kann man sagen, daß sie potenziell aus diesen Hadronenkombinationen »bestehen«. Jedes aus solch einer Kombination
hervorgehende Teilchen durchläuft auch wieder verschiedene
Reaktionen und erzeugt so ein ganzes Netzwerk von Vorgängen, das in der Nebelkammer fotografiert werden kann. Das
folgende Bild und die Bilder in Kapitel 15 sind Beispiele
solcher Netzwerke von Reaktionen.
Obwohl es vom Zufall abhängt, welches Netzwerk bei einem
bestimmten Experiment entsteht, ist jedes dennoch nach festen
Regeln aufgebaut, nämlich nach den schon erwähnten Erhaltungsgesetzen. Es können nur die Reaktionen auftreten, in denen ein klar
definierter Satz von Quantenzahlen erhalten
bleibt. Zuerst einmal muß die Gesamtenergie in jeder Reaktion
konstant bleiben. Das bedeutet, daß eine bestimmte Kombination von Teilchen nur dann aus einer Reaktion hervorgehen
kann, wenn die eingebrachte Energie zur Erzeugung der erforderlichen
Massen
ausreicht. Ferner muß die entstehende
Gruppe von Teilchen zusammen
dieselben
Quantenzahlen
aufweisen, die von den ursprünglichen Teilchen in die Reaktion
Ein Netz von Reaktionen mit Proionen, Antiprotonen, einem LambdaAnti
lambdaPaar und mehreren Pionen
eingebracht wurden. Ζ. Β. können ein Proton und ein π , deren
elektrische Gesamtladung Null beträgt, in einer Kollision aufgelöst werden und zu einem Neutron und einem π 0 umgewan
delt daraus hervorgehen, nicht jedoch als ein Neutron und ein
π + , da dieses Paar die Gesamtladung +1 tragen würde.
Die Hadronenreaktionen stellen also einen Fluß von Energie
dar, in dem Partikel erzeugt und aufgelöst werden, aber die
Energie kann nur durch bestimmte »Kanäle« fließen, die durch
die Quantenzahlen, die bei den starken Wechselwirkungen erhalten bleiben, charakterisiert werden. In der S-Matrix-Theorie ist der Begriff eines Reaktionskanals fundamentaler als der
eines Teilchens. Er ist als ein Satz von Quantenzahlen definiert,
der von verschiedenen
Hadronenkombinationen getragen
werden kann, oft auch von einem einzelnen Hadron. Welche
Kombinationen durch einen bestimmten Kanal fließen, untersteht der Wahrscheinlichkeit, hängt jedoch in erster Linie von
der verfügbaren Energie ab. Das folgende Diagramm zeigt das
Beispiel einer Wechselwirkung zwischen einem Proton und
einem π – , in dem als Zwischenzustand ein Neutron gebildet
wird.
Somit besteht der Reaktionskanal zuerst aus zwei Hadronen,
dann aus einem einzelnen Hadron, und zum Schluß aus dem ursprünglichen Hadronenpaar. Ist mehr Energie verfügbar, kann
der gleiche Kanal aus einem ∆K 0 Paar, einem Σ – K + Paar
und verschiedenen anderen Kombinationen gebildet werden.
Der Begriff von
Reaktionskanälen ist besonders zur Behandlung von Resonanzen geeignet, diesen extrem kurzlebigen
Hadronenzuständen, die für alle starken Wechselwirkungen
charakteristisch sind. Sie sind so kurzlebige Phänomene, daß
die Physiker zuerst davor zurückscheuten, sie als Teilchen einzustufen, und noch heute bildet die Klärung ihrer Eigenschaften eine der Hauptaufgaben in der experimentellen Hochenergie-Physik. Resonanzen entstehen in HadronenkoHisionen und
zerfallen fast augenblicklich danach. In der Blasenkammer sind
sie nicht zu sehen, aber sie können aufgrund eines sehr speziellen Verhaltens von Reaktionswahrscheinlichkeiten entdeckt
werden. Die Wahrscheinlichkeit für zwei zusammenstoßende
Hadronen, eine Reaktion zu
durchlaufen (miteinander in
Wechselwirkung zu treten), hängt von der Energie ab, die an
der Kollision beteiligt ist. Ändert sich der Betrag dieser Energie, so ändert sich auch die Wahrscheinlichkeit. Sie kann mit
zunehmender Energie zunehmen oder abnehmen, je nach den
Details der Reaktion. Es wird jedoch beobachtet, daß die Reaktionswahrscheinlichkeit bei gewissen Energiewerten steil ansteigt. Das Auftreten einer Reaktion ist bei diesen Werten weit
wahrscheinlicher als bei allen anderen Energien. Dieser steile
Anstieg hängt mit der Bildung eines kurzlebigen ZwischenHadrons zusammen, dessen Masse der Energie entspricht, bei
der der Anstieg beobachtet wird. Der Name »Resonanzen« für
diese kurzlebigen Hadronenzustände hängt mit einer Analogie
zusammen, die zu den wohlbekannten Resonanzerscheinungen
gezogen werden kann, denen man bei den Schwingungen begegnet. Im Fall des Schalls z. Β. reagiert die Luft in einem
Hohlraum nur schwach
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