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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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Mystik Indiens, die taoistische Liebe zur Natürlichkeit und Spontaneität und den
gründlichen Pragmatismus des konfuzianischen Geistes.
    Dennoch ist Zen seinem Wesen nach rein buddhistisch, weil
sein Ziel kein anderes als das des Buddha selbst ist: die Erleuchtung, eine Erfahrung, die im Zen »Satori« genannt wird.
Die Erfahrung der Erleuchtung ist die Essenz aller Schulen östlicher Philosophie, aber Zen ist einzigartig darin, daß er sich
ausschließlich auf diese Erfahrung konzentriert und an keinerlei weiteren Deutungen interessiert ist. Mit Suzukis Worten:
»Zen ist die Schulung zur Erleuchtung.« Vom Standpunkt des
Zen sind das Erwachen des Buddha und die Lehre Buddhas,
daß jedem dieses Erwachen möglich sei, das Wesentliche am
Buddhismus. Der Rest der Lehre, erläutert in den umfangreichen Sutren, wird als Anhang betrachtet.
    Die Erfahrung des Zen ist somit die Erfahrung des Satori,
und da diese Erfahrung letztlich alle Denkkategorien überschreitet, ist Zen an keinerlei Abstraktion oder begrifflichem
Denken interessiert. Er hat keine spezielle Philosophie oder
Doktrin, keine Glaubensbekenntnisse oder Dogmen und versichert, daß diese Freiheit von allem fixierten Glauben ihn wahrhaft geistig mache. Mehr als alle anderen Schulen östlicher Mystik ist Zen überzeugt, daß Worte niemals die letzte Wahrheit
ausdrücken können. Er muß diese Überzeugung vom Taoismus
geerbt haben, der die gleiche kompromißlose Haltung zeigt.
Chuang-tzu sagt: »Wenn jemand nach dem Tao fragt, und ein
anderer antwortet ihm, dann weiß es keiner von beiden.« 1
    Und doch kann die Zen-Erfahrung vom Lehrer zum Schüler
weitergegeben werden, wie es in der Tat durch spezielle Methoden über viele Jahrhunderte geschah. In einer klassischen
Zusammenfassung von vier Zeilen wird Zen beschrieben als:
    Eine besondere Übermittlung jenseits von Schriften,
Nicht gegründet auf Wörter und Buchstaben,
Direkt auf den menschlichen Geist zeigend,
In die eigene Natur blickend und Buddhatum erreichend.
    Diese Technik des »direkten Zeigens« ist das Besondere am
Zen. Sie ist typisch für die japanische Denkweise, die mehr intuitiv als intellektuell ist und Tatsachen gerne als Tatsachen
ohne viel Kommentar weitergibt. Die Zen-Meister redeten
nicht viel und verachteten alles Theoretisieren und Spekulieren. So entwickelten sie Methoden, direkt auf die Wahrheit zu
zeigen, mit plötzlichen und spontanen Handlungen oder Worten, die die Paradoxa des begrifflichen Denkens enthüllten und,
wie die schon erwähnten Koans, den Denkprozeß stoppen sollen, um den Lernenden für die mystische Erfahrung bereit zu
machen. Diese Technik wird in den folgenden Beispielen von
kurzen Unterhaltungen zwischen Meister und Schüler erläutert. In diesen Beispielen, die den größten Teil der Zen-Literatur ausmachen, sprechen die Meister so wenig wie möglich und
benutzen ihre Worte, um die Aufmerksamkeit des Schülers von
abstrakten Gedanken zur konkreten Realität hin zu lenken.
    Ein Mönch, der um Weisungen bat, sagte zu Bodhidharma: »Ich
habe keinen Seelenfrieden. Bitte befriede meine Seele.« »Bring mir
deine Seele her«, antwortete Bodhidharma, »und ich werde sie befrieden!« »Aber wenn ich meine eigene Seele suche«, sagte der
Mönch, »dann kann ich sie nicht finden.« »Da!« rief Bodhidharma
aus: »Ich habe deine Seele befriedet!« 2
    Ein Mönch sagte zu Joshu: »Ich bin soeben im Kloster angekommen. Bitte, unterrichte mich.« Joshu fragte: »Hast du deinen Reisbrei gegessen?« Der Mönch antwortete:
»Ich habe gegessen.«
Joshu sagte: »Dann wasche deine Schale aus.« 3
    Diese Dialoge beleuchten einen anderen Aspekt, der für Zen
charakteristisch ist. Erleuchtung heißt in Zen nicht Zurückziehen von der Welt, sondern im Gegenteil aktive Teilnahme an
den Dingen des Alltags. Dieser Gesichtspunkt sprach die chinesische Mentalität sehr stark an, die großen Wert auf ein praktisches, produktives Leben und auf die Fortpflanzung der Familie legte und den asketischen Charakter des indischen Buddhismus nicht akzeptieren konnte. Die chinesischen Meister
betonten immer, daß Ch'an oder Zen unsere tägliche Erfahrung ist, der »Alltagsverstand«, wie Ma-tzu verkündete. Ihr
Gewicht lag auf dem Erwachen mitten in den täglichen Angelegenheiten, und sie machten klar, daß sie das tägliche Leben
nicht nur als Weg zur Erleuchtung sahen, sondern als Erleuchtung selbst. Im Zen bedeutet Satori die unmittelbare Erfahrung
der Buddha-Natur aller Dinge. Die sind zuallererst

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