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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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einfachen Gesetze, welche die
Kräfte zwischen Elementarteilchen beschreiben. . . . Ordnung und
Symmetrie sind in dem dahinterliegenden Feld zu suchen. 9 Im Altertum und im Mittelalter war das chinesische physikalische
Universum ein vollkommen kontinuierliches Ganzes. Zu greifbarer
Materie verdichtetes Ch'i war nicht teilchenhaft in irgendeinem
wichtigen Sinn, aber individuelle Objekte agierten und reagierten
mit allen anderen Objekten in der Welt auf wellenähnliche oder vibrierende Weise, die letztlich vom rhythmischen Wechsel auf allen
Ebenen der beiden Fundamentalkräfte Yin und Yang abhängt. Individuelle Objekte hatten somit ihre inneren Rhythmen. Und diese
waren . . . in das allgemeine Bild der Harmonie der Welt integriert. 10
    Mit dem Begriff des Quantenfelds fand die moderne Physik
eine unerwartete Antwort auf die alte Frage, ob die Materie aus
unteilbaren Atomen oder aus einem zugrundeliegenden Kontinuum bestehe. Das Feld ist ein überall im Raum gegenwärtiges Kontinuum, und doch hat es in seinem Teilchen-Aspekt
eine diskontinuierliche
»körnige« Struktur. Die beiden anscheinend widersprüchlichen Begriffe sind somit vereinigt und
werden lediglich als verschiedene Aspekte derselben Wirklichkeit gesehen. Wie immer in der relativistischen Theorie findet
die Vereinigung der beiden gegensätzlichen Begriffe auf dynamische Art statt: Die beiden Aspekte der Materie wandeln sich
unaufhörlich ineinander um. Die östlichen Mystiker betonen
eine ähnliche dynamische Einheit zwischen der Leere und den
Formen, die sie schafft. So sagt Lama Govinda:
    Nur vom Erlebnis der Form können wir zum Erlebnis des Formlosen vordringen, und ohne das Erlebnis der »Leere« oder des Raumes verliert der Begriff der Form seine dynamische, lebendige
Bedeutung. 11
    Die Verschmelzung dieser gegensätzlichen Begriffe zu einem
einzigen Ganzen wurde in einem buddhistischen Sutra mit den
berühmten Worten ausgedrückt:
    Form ist Leere, und Leere ist Form. Leere unterscheidet sich nicht
von Form, Form unterscheidet sich nicht von Leere. Was Form ist,
das ist Leere, was Leere ist, das ist Form. 12
Die Feldtheorien der modernen Physik führten nicht nur zu einer neuen Ansicht über subatomare Teilchen, sondern ander
    ten auch entscheidend unsere Vorstellungen von den Kräften
zwischen diesen Teilchen. Der Feldbegriff war ursprünglich mit
dem Kraftbegriff verbunden, und selbst in der Quanten-Feldtheorie hängt er noch mit den Kräften zwischen Teilchen zusammen. Das elektromagnetische Feld zum Beispiel kann als
»freies Feld« in Form von wandernden Wellen/Photonen auftreten, oder es kann die Rolle eines Kraftfeldes zwischen geladenen Teilchen spielen. Im letzteren Fall manifestiert sich die
Kraft selbst als Photonenaustausch zwischen den wechselwirkenden Teilchen. Die elektrische Abstoßung zwischen zwei
Elektronen wird beispielsweise durch diesen Photonenaustausch hervorgerufen.
    Diese neue Auffassung von einer Kraft scheint schwer verständlich, sie wird aber viel deutlicher, wenn der Austausch eines Photons im Raum-Zeit-Diagramm aufgezeichnet wird. Das
nachstehende Diagramm zeigt zwei sich einander nähernde
Elektronen. Eines davon sendet im Punkt A das Photon (mit y bezeichnet) aus, das andere absorbiert es im Punkt B. Beim
Aussenden des Photons kehrt das erste Elektron seine Marschrichtung um und ändert seine Geschwindigkeit (wie die geänderte Richtung und Neigung seiner Weltlinie zeigt), das zweite
Elektron handelt beim Absorbieren des Photons genauso.
Schließlich fliegen beide Elektronen auseinander, sie haben
sich durch Austausch des Photons gegenseitig abgestoßen.
Gegenseitige Abstoßung zweier Elektronen durch Austausch eines Photons
    Die volle Wechselwirkung zwischen den Elektronen beinhaltet
eine Reihe von Photonenaustauschen, und folglich sieht es so
aus, als ob sich die Elektronen in einer sanft geschwungenen
Kurve gegenseitig ablenken.
    In der klassischen Physik würde man sagen, daß die Elektronen eine Abstoßungskraft aufeinander ausüben. Jetzt sehen wir
jedoch, daß dies eine sehr ungenaue Beschreibung ist. Keins
der beiden Elektronen »spürt« eine Kraft, wenn sie sich einander nähern. Sie wirken nur mit den ausgetauschten Photonen
aufeinander ein. Die Kraft ist nichts als die kollektive makroskopische Wirkung dieses
vielfachen
Photonenaustausches.
Der Begriff der Kraft ist daher in der subatomaren Physik nicht
mehr brauchbar. Es ist ein klassischer Begriff, den wir (wenn
auch nur unterbewußt) mit der

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