Das Tartarus-Orakel
wird von großen Organisationen verehrt, wie zum Beispiel den Templern und den Freimaurern, aber auch, und das wird manch einen überraschen, von der katholischen Kirche. Und alle glauben das Gleiche: Wer den Schlussstein findet und ein uraltes Ritual vollzieht, wird tausend Jahre lang die Erde beherrschen.«
Rundum herrschte Schweigen.
Epper fuhr fort.
»Nur ein Mann, so glaubt man, hat in historischer Zeit den Schlussstein tatsächlich besessen und seine beeindruckende Macht genutzt. Er war es auch, der, der Legende zufolge, den Schlussstein in sieben Stücke zerlegen ließ – damit nie mehr jemand den ganzen Stein besitzen konnte. Danach ließ er diese sieben Stücke in ferne Länder bringen, wo sie in sieben mächtigen Monumenten, den sieben großartigsten Bauwerken seiner Zeit, verwahrt werden sollten.«
»Wer?«, sagte Abbas und beugte sich vor.
»Der einzige Mensch, der jemals über die ganze in seinem Zeitalter bekannte Welt herrschte«, sagte Epper. »Alexander der Große.«
»Sieben mächtige Monumente?«, sagte Abbas argwöhnisch. »Meinen Sie die sieben Weltwunder der Antike? Alexander hat in den sieben Weltwundern sieben Stücke des Schlusssteins verbergen lassen?«
»Ja«, sagte Epper, »auch wenn man sie zu seinen Lebzeiten noch nicht so bezeichnete. Dieser Begriff wurde erst später geprägt, im Jahr 250 vor Christus, durch Kallimachos von Kyrene, den Leiter der Bibliothek von Alexandria. Denn als Alexander 323 vor Christus starb, waren erst fünf der sieben Weltwunder geschaffen worden.«
»Meine Kenntnis der Geschichte des Altertums ist ein bisschen eingerostet«, sagte Abbas. »Könnten Sie mir bei den sieben Weltwundern etwas weiterhelfen.«
Die junge Irin war es, die ihm kurz und kundig antwortete. »In der Reihenfolge der Entstehung sind dies: die große Pyramide von Giseh, die Hängenden Gärten der Semiramis zu Babylon, der Tempel der Artemis in Ephesos, die Zeusstatue des Pheidias zu Olympia, das Mausoleum von Halikarnassos, der Leuchtturm von Alexandria und der Koloss von Rhodos.«
»Danke, Zoe«, sagte Epper.
»Ich dachte, die Hängenden Gärten wären nur eine Legende«, sagte Abbas.
»Nur weil man etwas noch nicht gefunden hat«, erwiderte Epper, »muss es noch keine Legende sein, Anzar. Aber wir schweifen ab. Alexander suchte zu seinen Lebzeiten alle fünf existierenden Weltwunder auf. Die letzten beiden Weltwunder, der Leuchtturm und der Koloss, wurden von seinem engsten Freund und General Ptolemaios errichtet, der später Pharao von Ägypten werden sollte.
Daraus ergibt sich ein sonderbarer Zufall – jeder dieser beiden Männer suchte die Stätten auf, an denen sich die später so genannten sieben Weltwunder der Antike befanden.
Selbstverständlich tauchen kurz nach ihrem Tod erste Hinweise auf vier ›große‹ Werke auf.
Aber lassen Sie sich nicht täuschen. Das war keineswegs Zufall. Wie ich schon sagte, wurde die Bezeichnung ›sieben Weltwunder‹ erstmals von Kallimachos von Kyrene im Jahr 250 vor Christus gebraucht. Er tat dies in einer Schrift mit dem Titel ›Eine Vielzahl von Wundern aus aller Welt‹, heutzutage kurz als Text des Kallimachos bezeichnet.
Kallimachos jedoch fertigte nicht nur eine müßige Auflistung an. Er war ein Mann, der alles über Alexander, Ptolemaios und den goldenen Schlussstein wusste.
Indem er auf diese sieben Werke verwies – und seien wir ehrlich, seinerzeit gab es andere, nicht minder eindrucksvolle Monumente, die nicht darin enthalten sind –, zeichnete Kallimachos eine Landkarte, eine eindeutige und genaue Karte zu den Orten, an denen die einzelnen Stücke des goldenen Schlusssteins verborgen sind.«
»Dem Text des Kallimachos zufolge wurde der Schlussstein in einzelne Stücke zerteilt, die etwa so aussehen.« Epper zeichnete eine Pyramide an die weiße Kunststofftafel und unterteilte sie in sieben Streifen.
»Sieben Stücke – eines pyramidenförmig, darunter sechs Rhomben, jeder unterschiedlich groß, die wir von oben nach unten von eins bis sieben durchnummerieren wollen. Anschließend wurden sie in jeweils einem der sieben Weltwunder versteckt.«
»Moment«, sagte Abbas. »Die sieben Weltwunder der Antike sind doch längst verfallen, abgerissen oder schlichtweg verschwunden. Wie will man denn diese Stücke in Bauwerken finden, die nicht mehr vorhanden sind?«
Epper nickte. »Ein guter Einwand. Mit Ausnahme der großen Pyramide blieb keins der sieben Weltwunder erhalten. Der Text des Kallimachos indessen
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