Das Tartarus-Orakel
schon.
Und lassen Sie mich noch etwas anderes verdeutlichen: Er trägt zwar seinen Namen, aber Kallimachos war nicht der alleinige Verfasser. Sein Text ist eine Zusammenfassung von Schriften zahlreicher Autoren, die allesamt einem Geheimkult angehörten und ihn im Laufe von 1500 Jahren überarbeiteten und auf den neuesten Stand brachten. Sie haben die Spur eines jeden Weltwunders verfolgt, auch nachdem es unterging, und darüber hinaus verfolgten sie auch den Verbleib eines jeden Stücks vom Schlussstein. Lassen Sie mich das erklären.«
»Es gibt eine allgemein bekannte Geschichte über Alexander den Großen. Bevor er zu seinem Feldzug gegen Persien aufbrach, besuchte er das in der ägyptischen Wüste gelegene Orakel von Siwah. Bei seinem Besuch bestätigte ihn das Orakel in seinem Glauben, göttlicher Herkunft zu sein, kein Geringerer als der Sohn des Zeus.
Weniger bekannt indessen ist das Geschenk , das das Orakel Alexander angeblich mitgab, als er von der Oase Siwah aufbrach. Niemand bekam es zu Gesicht, aber dem Historiker Kallisthenes zufolge nahm es ›einen ganzen Planwagen ein, der von acht Eseln gezogen werden musste‹.
Dieses Geschenk, was immer es auch gewesen sein mag, war also schwer. Sehr schwer. Alexander führte es auf seinem ganzen Eroberungsfeldzug quer durch Persien auf einem Planwagen mit sich.«
»Glauben Sie, das Orakel hat Alexander den Schlussstein mitgegeben?«, fragte Abbas.
»So ist es. Außerdem glaube ich, dass Alexander diese Stücke im Laufe seines Feldzugs nach und nach in den fünf damals existierenden Weltwundern verborgen hat. Die letzten beiden Stücke vertraute er schließlich seinem bewährten Freund an, Ptolemaios I., der, wie wir wissen, die beiden letzten antiken Weltwunder errichten ließ.
Denn Sie müssen sich darüber klar sein, dass das ›Orakel von Siwah‹ mehr als ein Seher war. Das Orakel war – und ist es bis zum heutigen Tag – der Hohepriester eines uralten Sonnenkultes, dem so genannten Kult des Amun-Ra. Interessanterweise wird diese Kultgemeinschaft in den Aufzeichnungen der alten Ägypter noch unter einem anderen Namen aufgeführt: die Priester des Schlusssteins. Das trifft es auf den Punkt. Sie waren es, die den goldenen Schlussstein an der Spitze der großen Pyramide anbrachten. Sie waren es auch, die ihn wieder entfernten.
Der Kult des Amun-Ra hat sich bis zum heutigen Tage erhalten, unter vielen Tarnungen. Zum Beispiel bei den Ordensrittern des heiligen Johannes auf Malta und in manchen Bereichen der katholischen Kirche.
Auch die Freimaurer haben der großen Pyramide lange Zeit eine große Bedeutung beigemessen – und wurden oftmals beschuldigt, eine nur oberflächlich kaschierte Reinkarnation des Kults des Amun-Ra zu sein. Und tatsächlich wurde ein berühmter Freimaurer, Napoleon Bonaparte, in der Grabkammer der großen Pyramide in die höchsten Ränge dieser Glaubensgemeinschaft aufgenommen.
Zu den anderen bekannten Männern, die man mit dem Kult des Amun-Ra in Verbindung brachte, zählen Thomas Jefferson, Frederic-Auguste Bartholdi, der die Freiheitsstatue entwarf, Dr. Hans Koenig, der berühmte Nazi-Archäologe, und der amerikanische Vizepräsident Henry Wallace, der Mann, dem wir die berüchtigte Pyramide auf den amerikanischen Ein-Dollar-Noten verdanken.
Für unsere Zwecke sollte darauf verwiesen werden, dass sämtliche Leiter der Bibliothek von Alexandria bedeutende Anhänger des Kultes waren – darunter auch Apollonios von Rhodos und Kallimachos von Kyrene.«
»Als im Laufe der Zeit ein Weltwunder nach dem anderen verfiel«, fuhr Epper fort, »wachten die Nachfolger des Kallimachos in der Kultgemeinschaft des Amun-Ra sorgfältig über den Verbleib der einzelnen Stücke des Schlusssteins und hielten ihn im Text des Kallimachos fest.
Als zum Beispiel der Koloss von Rhodos durch ein Erdbeben einstürzte, ließen ägyptische Kultanhänger den Kopf verschwinden und retteten das Stück vom Schlussstein, das sich an seiner Halskette befand. Anschließend wurde der neue Verwahrungsort des Kolosses im Text des Kallimachos vermerkt – aber in einer Geheimsprache.
Und darum, Anzar, ist das kleine Mädchen so wichtig.
Sie müssen wissen, dass Kallimachos und seine Nachfolger all ihre Eintragungen in einer uralten Sprache abgefasst haben, einer Sprache, die über viereinhalbtausend Jahre lang jedem Übersetzungsversuch trotzte, selbst durch moderne Supercomputer.
Es handelt sich um eine geheimnisvolle Sprache, die als Wort des Thoth
Weitere Kostenlose Bücher