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Das Tartarus-Orakel

Titel: Das Tartarus-Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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den Einheimischen kaum Aufsehen.
    Für die Kenianer war Victoria Station eine ganz gewöhnliche Farm, auf der sich ein paar Ausländer aufhielten, die in Diensten des alten Epper und seiner Frau Doris standen. Sie war grauhaarig, geduldig und liebenswürdig und war eigens aus Kanada gekommen, um ihrem Mann bei dieser Mission beizustehen. Gleichzeitig übernahm sie auf der Farm die so dringend benötigte Rolle der Großmutter.
    Natürlich bekamen die Einheimischen bald mit, dass ein Säugling auf dem Anwesen lebte – hin und wieder kamen Doris oder einer der Farmarbeiter in die Stadt und kauften Babynahrung, Milchpulver, Windeln und manchmal auch Spielsachen.
    Doch die Kenianer nahmen einfach an, dass das Mädchen mit der olivfarbenen Haut die Tochter der jungen blonden Frau auf der Farm war, die ihrerseits vermutlich mit einem der Männer verheiratet war.
    Die Einheimischen bemerkten allerdings nicht, dass jede Nacht zwei Mitglieder des Teams an der Grenze des Anwesens auf Patrouille gingen.

    Lily wuchs rasch heran.
    Schnell verwandelte sie sich von einem fröhlich glucksenden Baby in ein erkundungsfreudiges Kleinkind, das zum Alptraum sämtlicher Personenschützer wurde, sobald sie die ersten Schritte tun konnte.
    Immer wieder kam es vor, dass sieben Elitekämpfer hektisch unter Stühlen, Sofas und Heuschobern nach einem kichernden Mädchen suchten, das scheinbar nach Lust und Laune verschwinden konnte.
    Dann fing sie an zu sprechen und zu lesen.

    Natürlich wurde sie von allerlei Einflüssen geprägt.
    Als sie Saladin in Richtung Mekka knien sah, fragte sie ihn, was er da machte. Er war es, der ihr die Lehre des Islam beibrachte – bis es ihm eines Tages die Sprache verschlug, als sie ihn mit vier Jahren fragte, weshalb islamische Frauen eine Burka tragen und ihr Gesicht verhüllen müssten.
    »Wenn sie keine Burka tragen, werden sie von den Männern … äh … nicht geachtet«, sagte Saladin mit einem Räuspern.
    »Zoe trägt aber keine Burka«, sagte Lily.
    Einige Mitglieder der Teams saßen seinerzeit ganz in der Nähe beim Essen: Zoe, Epper und West. Lächelnd blickte Zoe zu Saladin und wartete auf dessen Antwort.
    »Na ja, nein, sie nicht, weil sie keine Moslemin ist.«
    »Aber man kann ihr Gesicht sehen, stimmt’s?«, fragte Lily.
    »Ja …«
    »Was den islamischen Geboten zufolge heißt, dass du sie nicht achten kannst.«
    Aziz lief blutrot an. »Nun ja, nein … ich achte Miss Zoe. Sehr sogar.«
    »Warum müssen dann alle moslemischen Frauen diese Burka-Dinger tragen?«
    Aziz wusste nicht weiter.
    Zoe war es, die ihn rettete. »Nicht alle Männer sind so anständig wie Aziz, Lily. Sie können ihre Triebe nicht so gut im Zaum halten wie er.«
    »Triebe?«, fragte Lily, die prompt auf das neue Wort ansprang.
    »Aber das ist ein Thema, auf das wir zu sprechen kommen, wenn du ein bisschen älter bist.«

    Die ganze Zeit über hing ein Blatt Papier in der Küche, das mit Magneten am Kühlschrank befestigt war – auf ihm befanden sich sieben Kästen, die sonderbare Schriftzeichen enthielten, Reproduktionen der sieben bedeutenden Verse im Text des Kallimachos.
    Das sah so aus:

    Er war so angebracht, dass Lily ihn jeden Tag sah, wenn sie sich morgens ihren Saft holte. Als sie fragte, was darauf stand, antwortete Doris Epper: »Wir wissen es nicht. Wir hoffen, dass du es uns eines Tages sagen kannst.«

    Als sie fünf Jahre alt wurde, übernahm Max Epper ihre schulische Ausbildung und unterrichtete sie in Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte und Sprachen – wobei er vor allem Wert auf Latein, Griechisch und Keilschrift legte.
    Wie sich herausstellte, hatte sie eine ausgesprochene Begabung für Sprachen, die sie rasch und fließend lernte – mit einer geradezu unnatürlichen Mühelosigkeit.
    Als sie sieben war, beherrschte sie Latein und Griechisch.
    Mit acht konnte sie ägyptische Hieroglyphen entziffern.
    Mit neun konnte sie Keilschrifttexte besser entziffern als Epper und übersetzte die in drei alten Sprachen – Altpersisch, Elamisch und Babylonisch – verfasste Inschrift, die Perserkönig Dareios I. an den Reliefdarstellungen des Felsmassivs von Bisutun anbringen ließ.
    Von den modernen Sprachen gar nicht zu sprechen, die sie im Umgang mit ihren multinationalen Bewachern lernte. Vor allem das schwierige Gälisch hatte es ihr angetan, das Zoe und Liam sprachen, ihre irischen Beschützer.

    Epper war ein wunderbarer Lehrer.
    Lily verehrte ihn – sie mochte sein weises altes Gesicht, die

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