Das Tartarus-Orakel
stets coolen Israeli überhaupt nicht zu stören schien.
Aber kein Mensch mag es, wenn er ausgeschlossen wird, und daher gesellte er sich eines Tages zu West, der gerade ein paar Reparaturen auf der Farm erledigte … und so begann seine Aufnahme ins Team.
Allmählich, nachdem er viele Monate lang mit den anderen gearbeitet, geschwitzt und trainiert hatte, wurde er auch von ihnen akzeptiert.
Ein Mitglied ihrer kleinen Gemeinschaft jedoch begegnete Archer stets voller Argwohn.
Saladin.
Als Araber und Moslem misstraute er dem Israeli zutiefst, aber er wusste auch, dass er sich mit Archers Anwesenheit in Kenia abfinden musste.
Er sagte oft, dass er Archer zwar akzeptieren müsse, aber mögen müsse er ihn nicht.
Unterdessen machte Lilys Entwicklung große Fortschritte.
Sie war stets wissbegierig, immer aufmerksam.
Sie beobachtete Saladin, wenn er in die große Scheune ging und in seiner Werkstatt verschwand, wo er mit Sprengstoffen herumbastelte. Er war so süß und knuddlig, dass sie ihn in Pooh Bear umtaufte.
Sie beobachtete auch den neuen Mann, Archer, wenn er zu Schießübungen auf die westliche Koppel ging und mit seinem überlangen Barrett-Präzisionsgewehr auf weit entfernte Ziele feuerte, die er jedes Mal traf. Sie beobachtete ihn genau, selbst wenn er sein Gewehr auseinander nahm. Er war so groß und dünn, dass sie ihn Stretch nannte. (Sie bemerkte aber auch, dass Pooh Bear und Stretch kaum ein Wort miteinander wechselten. Sie wusste nicht, warum.)
Sie sah Witch Doctor bei seinen Klimmzügen zu. Von klein auf hatte sie seine Dreadlocks gemocht. Er wurde zu Fuzzy.
Sie beobachtete auch die beiden jüngsten Soldaten, Matador und Gunman, die gemeinsam joggten, gemeinsam trainierten und gemeinsam tranken. Das brachte ihnen ihre neuen Codenamen ein: Noddy und Big Ears.
Und natürlich beobachtete sie Zoe.
Sie vergötterte Zoe.
Da sie die einzige knapp über zwanzigjährige Frau war, die Lily kannte, war es nicht weiter verwunderlich, dass sie zu ihrem weiblichen Vorbild wurde.
Und Zoe Kissane war ein gutes Vorbild. Bei den Fitnesstests konnte sie den Männern etwas vormachen, sie übertrumpfte sie bei den Gesprächen am Abendbrottisch, und oftmals sah man sie bis tief in die Nacht hinein Geschichtsbücher lesen.
Und daher kam es häufig vor, dass Lily spätnachts neben Zoe im Sessel saß und über einem aufgeschlagenen Buch eingeschlafen war, weil sie der hübschen Irin nacheifern wollte.
Natürlich nannte Lily sie Princess Zoe.
Aber es war Jack West, den Lily am liebsten beobachtete.
Niemals würde sie den Tag im Jahr 2000 vergessen, als Wizard ihm einen neuen, silbern schimmernden Arm überreicht hatte.
Unterstützt von Zoe, hatte Wizard den ganzen Tag damit zugebracht, den High-Tech-Arm an Wests linkem Ellbogen anzubringen. Hin und wieder hielt er inne, runzelte die Stirn und sagte etwas, wie zum Beispiel: »Die Zentraleinheit des Arms wird durch irgendwas gestört. Aziz, würdest du bitte den Fernseher ausschalten.« Schließlich änderte er ein paar Frequenzen an der Zentraleinheit des Armes, worauf er mit dessen Funktion zufrieden war.
Die vierjährige Lily hatte ihnen gespannt zugesehen.
Sie wusste, dass West seinen Arm am Tag ihrer Geburt verloren hatte, als er ihr das Leben gerettet hatte, daher wollte sie unbedingt, dass der neue Arm funktionierte.
Als der Tag zur Neige ging, war der neue Arm angepasst, und West ließ seine neuen Metallfinger spielen. Seine künstliche Hand konnte weit fester und kräftiger zugreifen als die alte.
Wizard hatte Wort gehalten und für West einen Arm hergestellt, der besser war als der, mit dem er geboren war.
Aber es gab noch andere Sachen, die Lily an West faszinierten.
Zum einen war er derjenige, der sich am allerwenigsten mit ihr abgab.
Er spielte nicht mit ihr.
Er unterrichte sie nicht.
Er hockte fast den ganzen Tag in seinem Arbeitszimmer und brütete über alten Büchern – uralten Büchern mit Titeln wie »Die Architektur im Alten Ägypten«, »Imhotep und die Baumeister des Amun-Ra« und manchmal auch über einer uralten Schriftrolle mit griechischen Buchstaben, überschrieben mit »Eine Vielzahl von Wundern aus aller Welt«.
Lily liebte sein Arbeitszimmer.
Er hatte allerhand tolle Sachen an den Wänden. Sandsteintafeln, einen Krokodilschädel, dass Skelett einer affenartigen Kreatur, die sie nicht kannte, und in der einen Ecke ein Glas, das mit einer Art sonderbarem, rostig-rotem Sand gefüllt war. Als sie eines Nachts zu später
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