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Das Tartarus-Orakel

Titel: Das Tartarus-Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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freundlichen blauen Augen und die behutsame, aber kluge Art, mit der er sie unterrichtete.
    Und daher taufte sie ihn in Wizard um.
    Jeden Tag stürmte sie in ihr »Klassenzimmer« im Ostflügel des Farmhauses, um neue und interessante Sachen zu lernen.
    Gedichte wie Tennysons »Der Angriff der Leichten Brigade« wurden schwungvoll und mit Elan vorgetragen.
    Trockene Arithmetik wurde mit Beispielen aus der Landwirtschaft aufgelockert.
    Und die Naturwissenschaften waren eine Wucht – im wahrsten Sinn des Wortes, denn Wizard hatte in seiner Werkstatt auf dem Farmgelände allerlei irre Erfindungen verwahrt, selbst gebastelte Apparaturen und Geräte, die bei seinen Versuchen mit Elektromagnetik und Kunstharzschaum entstanden waren.
    Einmal erzählte er Lily, dass er vor vielen Jahren in einem Laboratorium namens Sandia in den Vereinigten Staaten gearbeitet habe, einer Forschungsstätte, in der sie geheime Sachen herstellten.
    Geheime Sachen. Das gefiel ihr.

    Sie kam gut mit den Mitgliedern des Teams zurecht, deren unterschiedliche Fähigkeiten sie sich auf ihre Art zunutze machte.
    Obwohl sie ihrerseits nicht allzu mädchenhaft war, brachte ihr Zoe die notwendigsten Dinge bei, die ein Mädchen können musste – zum Beispiel, wie man sich die Haare bürstet, die Nägel feilt und Jungs um den Finger wickelt.
    Matador, der Spanier, brachte viel Zeit in dem Fitness-Studio zu, das er sich in der kleineren Scheune eingerichtet hatte. Zuerst ließ er Lily beim Training zusehen. Dann, als sie größer wurde, ließ er sie auf das eine Ende eines Brettes setzen, beschwerte das andere zum Ausgleich mit Gewichten und stemmte sie mitsamt der Planke hoch in die Luft. Das liebte sie über alles.
    Witch Doctor, der jamaikanische Einzelkämpfer, brachte ihr bei, wie man sich lautlos bewegt – ein ums andere Mal schlichen sie sich zu Doris Epper und erschreckten sie, wenn sie in der Nachmittagssonne auf der Veranda döste.
    Doch der Soldat, mit dem sie die meiste Zeit verbrachte, war Zoes Bruder Liam, Codename Gunman.
    Gunman war ein kräftiger Typ, breitschultrig und hoch gewachsen, gut eins neunzig groß – mit einem offenen, ehrlichen Gesicht, glatt rasiertem Kopf und großen Segelohren.
    Er war nicht unbedingt der Klügste, aber er war ein großartiger Einzelkämpfer.
    Mit Lily jedoch verstand er sich auf Anhieb – vielleicht, weil sie sich vom Verstand her ebenbürtig waren, auch wenn er 24 war und sie noch ein Kind.
    Sie sahen sich zusammen Filme an und lasen gemeinsam Bücher.
    Endlos spielten sie im Multiplayer-Modus das Videospiel Splinter Cell , brachten links, rechts und in der Mitte Schurken um und koordinierten ihre Züge mit lauten Rufen und Befehlen. Sie gaben ein gutes Team ab, besiegten in einem hart umkämpften Finale sogar Wizard und Zoe und gewannen die erste »Victoria-Station- Splinter -Cell -Meisterschaft«.
    Gemeinsam brachen sie zu allerlei Abenteuern rund um die Farm auf und besuchten unter anderem einen riesigen, im Hügelland westlich des Anwesens verborgenen Hangar, in dem sie die hoch aufragende Halicarnassus entdeckten.
    Tief beeindruckt blickte Lily auf die große 747, ging dann aufgeregt zu ihr, berührte sie und las den merkwürdigen Schriftzug an ihrer Rumpfunterseite: PRESIDENT ONE – AIR FORCE OF IRAQ.
    Vor allem aber würde keiner je die berühmte Teeparty mit Mister Bear, Little Dog, Barbie, Lily und Gunman vergessen, die eines Sommertags auf dem Rasen vor dem Haus stattfand und bei der der hünenhafte Gunman mit seinen vollen eins neunzig vornübergebeugt auf einem kleinen Plastikstuhl saß, an einer Plastikteetasse nippte und sich von Lily eine weitere Tasse mit imaginärem Tee eingießen ließ.
    Sämtliche Teammitglieder sahen es und schauten vom Farmhaus aus zu, nachdem Doris sie flüsternd darauf aufmerksam gemacht hatte. Aber nicht einer kam auf die Idee, Gunman auch nur einmal damit aufzuziehen.
    Das war ungewöhnlich.
    Sie waren Soldaten. Sie machten sich regelmäßig übereinander lustig, aber aus irgendeinem Grund war Gunmans Beziehung zu Lily tabu.
    Nun ja, mit einer Ausnahme, als er und Lily in Aziz’ Werkstatt in der großen Scheune einbrachen, eine Art Knetmasse aus seinem verschlossenen Werkzeugkasten mopsten und Barbies Campingbus damit in die Luft jagten.
    Sowohl Gunman als auch Lily handelten sich dafür ein Donnerwetter ein.

    Und so wurde das Team allmählich zu einer Familie, einer Familie, deren vornehmliche Aufgabe der Schutz und die Betreuung eines kleinen Mädchens

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