Das Tattoo
Gesicht an seiner Brust. „Ich weiß nicht. Manchmal, wenn ich mich umdrehe, erwarte ich fast, das Gesicht von jemand anderem zu sehen, aber frag mich nicht, von wem.”
Clay gab sich Mühe, sich seine Beunruhigung nicht anmerken zu lassen. „Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen. Weil es bedeuten könnte, dass du anfängst, dich zu erinnern.”
Sie seufzte. „Ich hoffe es. Es kommt mir vor, als ob da in mei nem Kopf ein schwarzes Loch wäre, das einen Teil meiner Ver gangenheit einfach geschluckt hat. Und je mehr ich mich zu erin nern versuche, desto mehr weicht die Erinnerung zurück.”
„Denk einfach daran, dass du dabei nicht allein bist”, sagte er und warf ihr einen langen Blick zu.
„Was ist?” fragte Frankie.
„Wie soll es jetzt weitergehen?”
Ihr stockte der Atem. „Meinst du mit uns?” fragte sie mit schwacher Stimme.
Sofort berührte er ihr Gesicht. „Nein, Baby, nein. Nicht mit uns.”
„Aber was meinst du dann?”
„Das Problem ist, dass die Polizei keinen Grund sieht, ihre Ermittlungen wieder aufzunehmen, es sei denn, dir fällt irgendet was ein, was sie dazu veranlassen könnte. Sie gehen davon aus, dass du mich verlassen hast und jetzt wieder da bist. Sie haben keinerlei Anhaltspunkte für eine Tat, die strafrechtlich verfolgt werden müsste, und du bist für sie nur eine Frau, die versucht hat, aus ihrer Ehe auszubrechen.”
Frankie wich alles Blut aus dem Gesicht. „Ich bin nicht…”
„Ich weiß”, beruhigte Clay sie. „Aber die Polizei sieht das an ders.”
Niedergeschlagen ließ die Schultern hängen. „Was willst du damit sagen?”
Er konnte ihr ansehen, wie ihre Erleichterung in Verzweif lung umschlug, und fand es schrecklich, dass er ihr das antun musste. Aber er hatte nicht die Absicht, tatenlos herumzusitzen und abzuwarten - besonders nicht, nachdem sie letzte Nacht die Befürchtung geäußert hatte, dass es wieder passieren könnte.
„Nachdem die Polizei versucht hatte, mich für dein Ver schwinden verantwortlich zu machen, habe ich einen Privatde tektiv engagiert, der versuchen sollte, dich zu finden.”
Sie schüttelte zutiefst bekümmert den Kopf. „Oh, Clay. Das wusste ich nicht.”
Er zuckte die Schultern. „Es gibt viel, was du nicht weißt, aber das macht nichts”, erwiderte er. „Ich wollte damit nur fra gen, was du davon hältst, wenn wir ihn wieder beauftragen.”
Sie hob überrascht den Kopf. Doch je länger sie darüber nachdachte, desto sympathischer war ihr die Idee.
„Glaubst du denn, wir können uns das leisten?”
Er runzelte die Stirn. „Das ist nicht der Punkt, Francesca. Die Frage müsste eher lauten: Können wir es uns nicht leisten?”
Als ob sie fröstelte, schlang sie aufseufzend ihre Arme um sich und wandte sich ab. Clay bemerkte ihre Hilflosigkeit, zog sie an seine Brust und hielt sie fest.
„Sprich mit mir, Frankie. Sag mir, was du denkst.”
Bevor sie etwas erwidern konnte, läutete das Telefon. Clay ging auf die andere Seite des Bettes, um abzunehmen.
„Hallo?”
„Hallo, Clay, ich bin’s. Wie geht es Frankie?” ,
„Oh, hi, Mom. Es geht ihr gut”, sagte er leise, während er auf Frankie schaute, die sich aus der unteren Schublade ein Paar So cken herausholte. Er grinste. Es waren seine.
„Fährst du heute auf die Baustelle?” fragte Betty.
Er hatte bereits beschlossen, sich frei zu nehmen. Heute war Frankies erster Tag zu Hause, und er hatte nicht die Absicht, sie allein zu lassen.
„Nein, heute nicht. Dad ist doch bestimmt schon unterwegs, oder?”
„Ja, er ist gegen sieben weggefahren.”
„Gut”, sagte Clay. „Ich werde ihn später anrufen. Ich möchte
einfach diesen ersten Tag mit Frankie verbringen. Mir ist nicht ganz wohl bei der Vorstellung, sie jetzt schon allein zu lassen.”
„Ja, ich verstehe. Das ist auch ein Grund, weshalb ich anrufe. Ich möchte meine Dienste als Krankenschwester, Babysitter, Schwiegermutter oder was auch immer anbieten”, sagte sie.
Frankie ging zur Spiegelkommode, um sich ein Gummiband für ihr Haar zu holen. Clay musste plötzlich daran denken, wie er nach ihrem Verschwinden jeden Morgen aufgewacht war, hier in diesem Zimmer gestanden und sich gefragt hatte, woher er die Kraft nehmen sollte, sein Leben ohne sie weiterzuleben. Und jetzt war sie wieder da. Plötzlich wurde er von einer heftigen Sehnsucht gepackt, mit seiner Frau auf die intimste Art und Weise zusammen zu sein, die es zwischen zwei Menschen gab.
„Clay, bist du noch dran? Ich warte
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