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Das Tattoo

Das Tattoo

Titel: Das Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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ihr die volle Macht erlangen würde, nach der er strebte. Aber sie war erst zehn, und er würde sich noch etliche Jahre gedulden müssen. Doch wenn es schließlich soweit war, würde er mit ihr an seiner Seite alles bekommen, was ihm zu stand, dessen war Pharaoh sich sicher.
    Und da er sie nicht gleich mitnehmen konnte, hatte er in Kitteridge House einen Job als Gärtner angenommen. Er wollte we nigstens in ihrer Nähe sein, um auf sie aufpassen zu können.
    Im Lauf der Jahre hatte sich zwischen ihnen ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt; er war ihr Beschützer und manch mal auch ein Ersatz für den fehlenden Vater. Die Kleine hatte die wenigen guten Seiten, die es in Pharao Carn gab, zum Vorschein gebracht. Vom Tag ihrer Ankunft an hatte seine Umgebung im Waisenhaus angefangen, ihn anders zu sehen. Es war fast so, als ob man begonnen hätte, ihn durch Francescas Augen zu sehen. Das tiefe Vertrauen und die große Bewunderung, die sie ihm entgegenbrachte, machten ihn größer und ließen ihn als jemand Be sonderen erscheinen. Er war fest davon überzeugt, dass er nichts falsch machen konnte, solange er sie in seinem Leben hatte. Fran cesca brachte ihm Glück.
    Er genoss es, wie sich ihre Aufmerksamkeit verlagerte, wenn er sich draußen vor dem Fenster bemerkbar machte. Und nach dem es ihm gelungen war, ihr ein Lächeln zu entlocken, fühlte er sich vor Freude und Stolz leicht wie eine Feder.
    Die Lehrerin klopfte mit ihrem Stift an die Kante ihres Pultes und deutete auf Francesca.
    „Frankie, träum nicht!”
    Frankie zuckte bei dem verärgerten Ton zusammen und wandte beschämt den Kopf um.
    „Ja, Ma’am”, sagte sie leise.
    Als sich die Lehrerin wieder zur Tafel umdrehte, riskierte Frankie noch einen Blick, aber Pharaoh hatte sich schlauerweise schon verdrückt. Doch das war nicht schlimm. Sie würden sich wiedersehen. Er war immer in ihrer Nähe.
    Nachdem sie die zweite Hälfte der Nacht in Clays Armen ge schlafen hatte, erwachte Frankie allein in ihrem gemeinsamen Bett. Als sie sich herumrollte, die Hand auf sein Kissen legte und die verbliebene Wärme fühlte, wurde ihr das Herz schwer. Er war noch nicht lange fort.
    Sie krallte ihre Finger in den Kopfkissenbezug und schloss die Augen, während sie sich daran erinnerte, wie sie und Clay sich früher nach dem Aufwachen geliebt hatten. Doch gleich da rauf schob sie den Gedanken beiseite, entschlossen, sich nicht selbst zu bemitleiden. Nicht heute.
    Die vergangene Nacht war eine Offenbarung gewesen. Wer hätte geglaubt, dass sie heute Morgen so frohgemut und voller Zuversicht erwachen würde, nachdem sie gestern Abend so trau rig ins Bett gegangen war? Sie stieß einen leisen Seufzer aus und stand auf.
    Eilig schlüpfte sie in eine Jogginghose und ein langärmliges T- Shirt von Clay, dann ging sie ins Bad, um sich die Zähne zu putzen und die Haare zu kämmen. Als sie mit der Bürste über ihren Kopf fuhr, zuckte sie zusammen. Die verletzte Stelle war immer noch empfindlich. Sie verharrte mitten in der Bewegung und be trachtete sich im Spiegel. Auf den ersten Blick sah sie genauso aus wie immer. Aber ihre Erinnerung war immer noch bruchstückhaft und viel zu viel lag im Dunkeln, um sich von dem äußeren
    Schein täuschen zu lassen. Zwischen ihr und Clay würde nie mehr alles so sein wie früher, auch wenn sie sich noch so viel Mühe gaben, Nachsicht walten zu lassen. Und für sie selbst wür de erst recht nie mehr alles so sein wie vorher. Irgendwer hatte ihr zwei Jahre ihres Lebens gestohlen.
    Plötzlich hörte sie draußen auf dem Flur Schritte. Dass ihr Herz einen Satz machte, hatte allerdings eher mit Angst zu tun als mit freudiger Erwartung. Irgendetwas in ihrem Unterbe wusstsein befahl ihr wegzurennen.
    „Frankie?”
    Als sie Clays Stimme hörte, atmete sie erleichtert auf. „Ich bin hier.”
    Er steckte den Kopf zur Schlafzimmertür herein und grinste über ihren Aufzug.
    „Erinnere mich daran, dass ich dir deine Sachen gebe”, sagte er, während er das Kaffeetablett absetzte.
    Sie warf die Haarbürste in die Schublade zurück, ging auf ihn zu, legte ihm die Arme um den Hals und presste sich an ihn.
    „He, he, was hat das denn zu bedeuten?” fragte Clay erstaunt. „Nicht dass ich Grund zur Klage hätte.”
    „Ach, nichts”, murmelte sie. „Ich bin einfach nur so froh, dass du es warst, der eben reingekommen ist.”
    Er runzelte fragend die Stirn. „Was hast du denn geglaubt, wer es ist?”
    Aufgewühlt von ihrer Angst barg sie ihr

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