Das Tattoo
eigentlich rei chen”, sagte er.
Frankie nahm noch eine Banknote aus dem Umschlag und legte sie zu den anderen. Das Geld bedeutete ihr nichts. Wo im mer es auch herkommen mochte, sie würde es sinnvoll anlegen.
„Wenn Sie vorhaben, die Waffe ständig bei sich zu führen, werden Sie allerdings eine Lizenz beantragen müssen”, sagte der Verkäufer.
Sie schaute ihn überrascht an. Wieder ein Hindernis. Das wurde ja langsam richtig kompliziert.
„Und wo kann ich die beantragen?” fragte sie.
„Bei der Polizei.”
„Und wo bekomme ich das Formular dafür?”
Er nahm das Geld vom Tresen. „Vielleicht habe ich ja noch eins”, sagte er. „Ich hole Ihnen nur rasch Ihr Wechselgeld, dabei sehe ich nach.”
Er ließ Frankie allein zurück und verschwand im hinteren Teil des Ladens. Als die Türglocke bimmelte, wirbelte Frankie herum und streifte den Mann in Tarnkleidung, der den Laden be treten hatte, mit einem argwöhnischen Blick. Aber er beachtete sie nicht weiter, sondern ging zielstrebig zu einem Regal, wo er begann, die dort ausliegenden Waffenzeitschriften durchzublät tern.
Sie drehte sich wieder um und schaute nervös auf die Tür, durch die der Verkäufer verschwunden war. Plötzlich wollte sie nichts wie weg von hier und von all dem, wofür dieser Laden stand.
Als ihr Blick auf ihre Tüte fiel, ließ sie die Schultern hängen.
Nun, da sie die Verantwortung für ihre Freiheit und Sicherheit übernommen hatte, würde sie sich nie wieder unbelastet fühlen. Sie schaute auf, als der Verkäufer zurückkehrte. Noch war es Zeit, vom Kauf zurückzutreten.
„So, hier”, sagte der Verkäufer beim Aushändigen des Wech selgeldes zu Frankie. „Und das ist das Formular, das Sie benöti gen. Füllen Sie es aus und schicken Sie es an diese Adresse. Alles weitere hängt von der Polizeibehörde ab. Sonst noch Fragen?”
Sie schüttelte den Kopf und steckte mit zitternden Händen ihr Wechselgeld ein. Als sie ins Auto einstieg, war ihr übel. Das Zuschlagen der Wagentür hallte wie ein lauter Knall in ihren Ohren. Bei dem Blick auf die Tüte neben sich, hatte sie das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Oh, Gott, was hatte sie bloß ge tan?
Plötzlich war der Wunsch, Clays Stimme zu hören, überwältigend. Sie suchte ihr Handy heraus und wählte seine Nummer.
„LeGrand Construction, hier spricht Joe.”
„Joe, hier ist Francesca, Clays Frau. Könnte ich vielleicht ganz kurz meinen Mann sprechen?”
„Na klar, Mrs. LeGrand. Bleiben Sie dran, ich hole ihn.”
Frankie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Hintergrundgeräusche, die sie am anderen Ende der Leitung hör te. Das Tackern der Nagelpistole war laut und gleichmäßig. Das ständige Aufheulen schwerer Motoren erinnerte sie ebenso wie die rauen Scherze der Bauarbeiter daran, dass dies Clays Welt war. Früher war sie ihr so vertraut gewesen. Jetzt fühlte sie sich ausgeschlossen. Sie kam nicht dazu, noch länger über diesen Ge danken nachzugrübeln, weil im gleichen Moment Clays Stimme an ihr Ohr drang. Ihr wurde ganz schummrig vor Erleichterung.
„Frankie … Baby … stimmt irgendwas nicht?”
Sein Mitgefühl war plötzlich zu viel für sie. Sie biss sich auf
die Unterlippe, während ihr die Tränen unter den Lidern hervorquollen. „Nein, alles in Ordnung”, sagte sie mit zitternder Stim me.
„Wirklich?”
Sie schaute wieder auf die Tüte. Der Drang, es ihm zu erzäh len, war stark - extrem stark -, aber er hatte ohnehin schon so schwer an ihrem Verschwinden zu tragen gehabt. Sie durfte ihm jetzt nicht schon wieder eine neue Last aufbürden. Deshalb schwindelte sie, statt ihm die Wahrheit zu sagen.
„Ja, wirklich. Ich wollte einfach nur deine Stimme hören, das ist alles.”
„Aber du klingst, als ob du gleich anfangen würdest zu weinen”, erwiderte er besorgt.
Sie schluckte einen Schluchzer hinunter. „Du sollst dir nicht immer so viele Sorgen um mich machen”, ermahnte sie ihn. „Kommst du heute pünktlich?”
„Ich denke schon”, gab er zurück.
„Gut, ich werde uns etwas Schönes zum Abendessen ma chen.”
„Aber überanstreng dich nicht”, warnte er sie. „Mir ist alles Recht, was du kochst.” Mit gesenkter Stimme fuhr er fort: „Denn das Einzige, worauf ich wirklich Hunger habe, bist du.”
Frankie lachte kurz auf. „Na, dann wollen wir mal sehen, was sich machen lässt.” Und kurz bevor er auflegte, fügte sie noch hinzu: „Ich liebe dich.”
„Ich liebe dich auch, Francesca - mehr als du
Weitere Kostenlose Bücher