Das Tattoo
je wissen wirst. Bis später, Baby.”
„Ja, bis später”, wiederholte sie, aber da war die Leitung bereits tot.
Sie warf das Handy auf den Beifahrersitz und schaute wieder auf die Tüte, nur dass das Glitzern in ihren Augen diesmal keine
Tränen waren. Sie startete, fuhr vom Parkplatz und schlug den Weg zum Lakewood Foothills Shooting Center ein. Vielleicht war es falsch gewesen, Clay nichts zu sagen, doch da sie es jetzt schon einmal angefangen hatte, musste sie es auch zu Ende brin gen.
Wenn sie in diesem Augenblick einen Blick über die Schulter geworfen hätte, hätte sie den Kunden aus dem Waffengeschäft zu seinem Auto laufen sehen. Aber sie war zu sehr auf den Verkehr konzentriert, um sich Gedanken darüber zu machen, was sich hinter ihrem Rücken abspielte.
9. KAPITEL
Als sie spürte, dass ihr jemand auf die Schulter tippte, ließ Fran kie ihre Pistole sinken und drehte sich um, wobei sie die Ohrenschützer abnahm, um zu verstehen, was ihr Gegenüber sagte.
„Sie reißen immer noch zu sehr am Abzug, Mrs. LeGrand. Machen Sie sich einfach locker und drücken Sie ganz ruhig ab, okay?”
Sie nickte, setzte sie die Ohrenschützer wieder auf und drehte sich zur Zielscheibe um. Dabei ließ sie in Gedanken die Anweisungen, die sie bekommen hatte, noch einmal Revue passieren, während sie die Pistole mit beiden Händen umfasste und zielte.
Ins Visier nehmen.
Einatmen.
Ausatmen.
Schießen.
Sie spürte den Rückstoß, der Geruch von verbrannter Muni tion stieg ihr in die Nase, aber diesmal fühlte sie sich irgendwie anders dabei. Als der Ausbilder die Worte „gut gemacht” mit den Lippen formte und den Daumen in die Höhe reckte, wusste sie, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.
Mit einem zufriedenen Lächeln zielte sie erneut und wieder holte die einzelnen Schritte.
Wieder und wieder und wieder.
„He, Dawson, der Chef will mit dir reden.”
Froh, dem ewigen Papierkram entfliehen zu können, legte Avery Dawson seinen Stift zur Seite und stand auf. Auch wenn es nur eine vorübergehende Atempause war, war sie doch mehr als willkommen. Zwei Minuten später betrat er das Büro seines Vor gesetzten.
„Sie wollten mich sprechen, Sir?”
Der Polizeichef reichte ihm ein Blatt.
„Das ist mir gerade auf den Schreibtisch geflattert. Ich möch te, dass Sie es überprüfen.”
Dawson schaute mit gerunzelter Stirn darauf.
„Ein Antrag für einen Waffenschein?”
„Nicht einfach irgendeiner. Schauen Sie auf den Namen.”
Dawson blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. „Verdammte Sch … Francesca LeGrand?”
„Ganz Ihrer Meinung”, sagte der Polizeichef. „Ich will, dass Sie herausfinden, was sie sich dabei denkt. Ich habe nicht die Ab sicht, diesen Antrag für eine Frau mit ihrer Vergangenheit zu un terschreiben.”
„Aber was soll ich machen? Es ist nicht verboten, eine Schusswaffe zu besitzen, oder sich, wie in diesem Fall, um einen Waffenschein zu bemühen.”
„Haben Sie nach ihrem Verschwinden nicht die Ermittlungen übernommen?”
Dawson nickte. „Ja, und heute wie damals stecken wir in ei ner Sackgasse.”
„Sie behauptet doch, entführt worden zu sein”, erinnerte der Polizeichef.
„Ich weiß, aber bis auf ein paar wenige neue Spuren sind wir wieder genau da, wo wir vor zwei Jahren waren … mit nichts, wo wir einhaken könnten.”
„Was ist mit dem Anruf bezüglich der Identifikation einer unbekannten Toten, den Sie vor ein paar Tagen bekommen ha ben?”
„Ich habe dem Captain davon berichtet, aber bis jetzt sind wir noch nicht weiter.”
„Was sagt Ihnen Ihr Gefühl?”
Dawson zögerte einen Moment, dann erwiderte er unum wunden: „Eine faule Kiste.”
„Haben Sie nach dem Anruf mit den LeGrands Kontakt aufgenommen?”
„Nein, Sir. Der Captain war der Meinung, dass es keinen Grund gibt, sie zu beunruhigen, außer wir haben irgendetwas Konkretes.”
Der Chief runzelte die Stirn. „Ein Anruf ist etwas Konkretes. Die Leute haben ein Recht darauf, es zu wissen. Erzählen Sie es ihnen.”
„Jawohl, Sir”, sagte Dawson.
Sein Vorgesetzter stand auf, ging zum Fenster und schaute auf die Straße und in die tanzenden Schneeflocken hinaus.
„Und sie kann sich noch immer nicht an irgendetwas erin nern?” fragte er.
„Nein, Sir.”
Der Polizeichef deutete auf den Antrag. „Ich werde das Ge fühl nicht los, dass sie uns irgendetwas verheimlicht. Und ich mag keine Geheimnisse bei Leuten, die wir beobachten. Sie fühlt sich offenbar bedroht, sonst
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