Das Tattoo
um seinen Verstand gefürchtet. Diese unzähligen Ausflüge, die er zu den Leichenschauhäusern im ganzen Land unternommen hat, wobei wir jedes Mal befürch ten mussten, dass die Leiche, die er sich ansehen sollte, du sein könntest … es war einfach schrecklich. Ganz zu schweigen von den schrecklichen Verdächtigungen, denen er ausgesetzt war.”
Frankie schossen die Tränen in die Augen und liefen ihr übers Gesicht, während Betty fortfuhr: „Kannst du das verstehen? Die se entsetzliche Ungewissheit fraß ihn fast auf.” Dann seufzte Bet ty. „Aber wenn du wirklich schwanger bist… und selbst wenn es tatsächlich nicht Clays Kind sein sollte, ist es doch ein Teil von dir.” Sie riss eine Hand voll Papiertücher aus einer Schachtel und hielt sie Frankie hin. „Hier, wisch dir die Tränen ab und putz dir die Nase. Bis jetzt gibt es noch keinen Grund zu weinen. Lass es uns lieber erst herausfinden, dann kannst du dich immer noch selbst zerfleischen.”
Frankie hätte fast gelächelt. „Ich werde mich nicht zerfleischen”, versprach sie. „Ich habe zu lange und zu hart gekämpft, um jetzt aufzugeben.”
„Das gefällt mir”, lobte Betty. „So höre ich dich gern reden. Glaubst du, du kannst dich anziehen?”
Frankie nickte.
„Gut, dann mache ich dir unterdessen Tee und ein paar Schei ben Toast. Glaub mir, das wird deinen Magen beruhigen, ganz gleich, was damit auch ist. Außerdem werde ich Winston zur Apotheke schicken, damit er einen Schwangerschaftstest holt. Dann haben wir Gewissheit - welche auch immer.”
Frankie schaute überrascht. „Oh, aber …”
Betty schüttelte den Kopf. „Kein Aber, meine Liebe. Davon abgesehen, wenn du wirklich schwanger bist, werden es alle früh genug erfahren. Besser, du verschaffst dir jetzt gleich Sicherheit, statt noch lange herumzugrübeln, was dich vielleicht noch kränker macht.”
Frankies Unterlippe zitterte. „Oh, Gott, Betty, aber was ist, wenn es stimmt? Wie soll ich das Clay bloß beibringen?”
Betty zögerte, hin- und hergerissen zwischen Frankies Be dürfnissen und dem Wohl ihres Sohnes.
„Sweetheart, warum machst du nicht einfach zuerst einmal den Test. Wenn er negativ ist, brauchst du dir über nichts den Kopf zu zerbrechen. Und wenn er positiv ist, machen wir einen neuen Plan. Was hältst du davon?”
Frankie wollte widersprechen, aber je länger sie darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr, dass es der einzig gangbare Weg war.
„Du hast Recht”, stimmte sie schließlich zu. „Es hat keinen Sinn, Clay in Aufruhr zu versetzen, und am Ende stellt sich he raus, dass es überflüssig war.”
„Clay liebt dich, er wird immer zu dir halten, ganz egal was passiert”, versicherte Betty, obwohl ihr insgeheim nicht ganz wohl war dabei. Was war, wenn Clay nicht so reagierte wie sie es erwartete? Was, wenn sie Frankie jetzt etwas einredete, das sich später nicht bewahrheitete?
„Also, du ziehst dich an, und ich schicke unterdessen Wins ton in die Apotheke. Das wird für ihn eine ganz neue Erfahrung sein. Er hat es noch nie geschafft, etwas Persönlicheres zu kaufen als eine Tube Zahnpasta.” Sie grinste. „Ich wünschte wirklich, ich könnte Mäuschen spielen und sein Gesicht sehen, wenn er einen Schwangerschaftstest verlangt.”
Frankie schaute überrascht auf. „O je, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Vielleicht sollten wir lieber …”
„Du ziehst dich jetzt an”, befahl Betty. „Winston macht das schon. Und vielleicht hilft ihm ja auch die Aussicht auf ein süßes Enkelkind dabei.”
Nachdem sie ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben
hatte, ließ Betty Frankie allein. Kraftlos setzte sie sich noch ein mal aufs Bett. Das Karrussell der Zukunft hatte sich angefangen zu drehen. Jetzt konnte sie sich nur noch festhalten.
„He, Dawson, du hast eine Nachricht auf deinem Schreibtisch”, begrüßte Ramsey seinen Kollegen.
Avery Dawson winkte ihm dankend zu und ging froh, im warmen Büro angekommen zu sein, eilig zu seinem Schreibtisch, schnappte sich das Fax und ließ sich in seinen Schreibtischstuhl plumpsen. Doch sobald er angefangen hatte zu lesen, wurde sein Gesicht immer länger.
„Na, besonders glücklich siehst du aber nicht aus”, stellte Ramsey fest, während Dawson seinen Mantel am Garderoben ständer aufhängte.
„Der Van vor Mrs. Raffertys Haus ist auf eine Carla Brewer zugelassen, wohnhaft in Escondido, Kalifornien. Sie hat den Wa gen vor einer Woche als gestohlen
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