Das Teehaus im Grünen
nicht allein lassen willst, dann soll sie in Gottes Namen einstweilen bei uns wohnen! Eine Zeitlang soll ’s mir recht sein.«
»Sei nur nicht gar so selbstherrlich«, lächelte sie. »Als ob Vicky das wollte! Sie ist sehr selbständig und unternehmungslustig. Erst gestern abend hat sie mir den Vorschlag gemacht, dich sofort zu heiraten. Aber das mußt du doch einsehen: Wir haben dieses Unternehmen gemeinsam begonnen, und nun...«
»So ein Blödsinn«, schnitt ihr Gordon das Wort ab. Er war fest entschlossen, seine Lucy nicht wieder entwischen zu lassen. »Erst streitest du mit mir und gibst mich auf, dann fängst du ein neues Leben an, das gar nicht zu dir paßt... Was für Leute kommen eigentlich in euren Tea-Room?«
»Sehr nette Leute«, gab Lucy zurück, ihrerseits fest entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen. »Einige sehr gebildete junge Männer haben sogar versucht, mit mir anzubändeln.«
»Und du bist natürlich darauf eingegangen?« fragte er gereizt.
»Hast du eine Ahnung, wozu ein armes, verlassenes Weib fähig ist?« lächelte sie versöhnlich und liebevoll.
14
»Gordon wird mich verfluchen, weil ich ein Hemmschuh für seine Pläne bin«, meinte Vicky unter vier Augen zu ihrer Freundin. »Ich bitte dich, nimm keine Rücksicht auf mich! Eure Hochzeit kann ich schon gar nicht mehr erwarten. Meine eigenen Pläne stehen auch schon fest: Ich werde den Betrieb hier noch eine Zeitlang weitermachen, und wenn ein gewisser Mr. Seymour nicht bald von selbst auftaucht, werde ich meinerseits etwas unternehmen.«
»Wie lang willst du ihn eigentlich noch mit >Mr. Seymour< betiteln?«
»Wahrscheinlich bis wir verheiratet sind. Ja, natürlich werde ich ihn heiraten... Klingt >Mr. Seymour« nicht herrlich altmodisch? Vielleicht werde ich ihn auch später noch so anreden, wie es die braven Ehefrauen im vorigen Jahrhundert taten. Es klingt doch so lieb und demütig.«
»Du als demütiges Eheweib — das kann ich mir kaum vorstellen.«
»Allzu häufig werde ich auch kaum demütig sein. Aber es ist vielleicht ein ganz brauchbarer Trick, wenn er mal wieder seinen Rappel hat. Mit Demut läßt er sich sicher am ehesten besänftigen.«
»Du bist deiner Sache ja sehr gewiß! Aber was willst du denn unternehmen, damit er wieder auftaucht? Er scheint nicht leicht zu erwischen zu sein.«
»Es kann nicht mehr lange dauern. In den nächsten Tagen müßte er sich eines Besseren besinnen, sobald er nämlich erfährt, daß Dan in Kanada ist und ich hiergeblieben bin.«
Sie konnte ja nicht ahnen, daß Seymour von Jack unterrichtet worden war. Nan hatte ihren Mann zwar gebeten: »Ich möchte es ihr so gern erzählen, Jack! Sie wäre bestimmt froh darüber.«
Aber Chisholm hatte das abgelehnt. »Unsinn! es ist schon viel zuviel geredet worden. Seymour ist durchaus in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen. Und was die liebe Vicky betrifft, so geschieht es ihr ganz recht, wenn sie ein bißchen unglücklich ist. Warum steckt sie auch ihre Nase in anderer Leute Sachen. Vermutlich hat sie Seymour schon ein paarmal angeschwindelt. Wenn es stimmt, daß sie sich mögen, kann mir der arme Kerl nur leid tun. Sie wird ihn ganz schön an der Nase herumführen.«
»Diese Männer! Immer halten sie zusammen! Mir tut im Gegenteil Vicky leid. Mr. Seymour mag alle möglichen Vorzüge haben, er ist doch ein rechter Griesgram.«
Nan wollte zwar für ihre Freundin eintreten, doch im Grunde fühlte sie sich gleichfalls geschmeichelt, wie die meisten Frauen, wenn ihr Mann von einer viel schöneren Frau unbeeindruckt bleibt, selbst wenn es um die beste Freundin geht.
Auch Len und Amy Swales hatten gemerkt, »daß etwas schiefgelaufen war«, wie Amy sich ausdrückte. Seymour besuchte sie oft, und sie stellten fest, daß er jetzt entweder in der Stadt speiste oder daheim sein einsames Abendbrot einnahm. Amy war ganz verzweifelt. »Gerade jetzt, wo alles so glattging! Sie ist nämlich genau die Richtige für unsern Mr. James, so lebhaft und lustig und dabei so herzensgut!«
Len saß murrend über seinen Rechnungen. »Lebhafte Frauen können einem auf die Nerven gehen«, knurrte er. »Mr. James hat schon genug Aufregungen gehabt. Die reichen für den Rest seines Lebens.«
»So ein paar Aufregungen sind besser als das Dasein, das er jetzt führt.«
»Sein jetziges Dasein ist nun mal sein Schicksal; er trägt’s mit Fassung... Wozu, zum Teufel, brauchen die Leute all diesen Konservenkram! Lauter Luxus und
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