Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
im Emder Hans-Susemihl-Krankenhaus geheißen. Buurmann habe
einer Krankenschwester gegenüber angegeben, er werde sich zur Erholung bei
seiner Schwester in Oldenburg einquartieren, die ihn schon mit Freude erwarte.
Er hatte auf der Station sogar deren Anschrift und Telefonnummer hinterlassen,
falls ihn jemand suchen sollte.
Also hatte sich Hasenkrug auf den
Weg nach Oldenburg gemacht. Zum einen, weil er dann für rund eine Stunde
Autofahrt seine Ruhe haben würde, zum anderen, weil er keine Lust hatte, seinem
Chef an diesem Tag noch mal über den Weg zu laufen. Er hatte einzig bei der
Polizeizentrale durchgegeben, dass eine dringende Zeugenbefragung in den Canhuser
Mordfällen eine Fahrt nach Oldenburg unabdingbar mache.
Bei der Schwester von Menno
Buurmann angekommen, hatte er dann allerdings eine völlig ahnungslose und
erstaunte ältere Dame angetroffen, die schon seit mehr als vierzig Jahren
nichts mehr von ihrem Bruder gehört und damit auch keinerlei Vorstellung hatte,
wo sich Menno Buurmann stattdessen aufhalten könnte. „Wissen Sie, Herr
Kommissar“, hatte die Dame namens Trientje Müller mit einem Kopfschütteln zu
Hasenkrug gesagt, während Sie ihm einen frischen Ostfriesentee aufbrühte, „ich
habe erst sehr spät herausbekommen, wie mein Bruder seine arme Frau behandelt
hat. Ich habe ihn damals zur Rede gestellt und ihm gesagt, er solle sofort
damit aufhören. Aber er hat mich nur ausgelacht und gesagt, davon verstehe ich
nichts. Frauen bräuchten eben eine harte Hand, sonst würden sie aus dem Ruder
laufen. Tja, ich bin damals sogar zur Polizei gegangen und habe ihn angezeigt.
Aber die haben ihn nur einmal befragt und mir dann mitgeteilt, dass an meinen
Vorwürfen wohl nichts dran sei. Da hab ich dann den Kontakt zu Menno
abgebrochen, auch zum Schutz meiner Kinder. Stellen Sie sich nur mal vor, die
hätten von den Machenschaften meines Bruders was mitgekriegt! Nein, das wollte
ich auf keinen Fall. Tja, und seither hab ich ihn nie wieder gesehen. Und das
ist auch gut so. Ich könnte ihm nie verzeihen, was er mit der armen Marianne
gemacht hat.“
Sebastian Hasenkrug hatte die
Gelegenheit ergriffen und Trientje Müller nach Siebo Manninga und Tammo
Freerksen befragt. Die alte Dame hatte ihn erschrocken angesehen, und ihre
Hände hatten beim Einschenken der ersten Tasse Tee plötzlich so sehr angefangen
zu zittern, dass Hasenkrug ihr Teekanne und Teesieb aus der Hand hatte nehmen
müssen. „Siebo und Tammo“, hatte sie immer wieder leise vor sich hingemurmelt
und dabei den Kopf geschüttelt. Schließlich hatte sie Hasenkrug mit
verschleiertem Blick und zittriger Stimme gefragt: „Wie kommen Sie ausgerechnet
auf Siebo und Tammo, Herr Kommissar?“
„Sie wissen sicherlich von den drei
Morden, die sich in den letzten Wochen in Ihrem Heimatdorf Canhusen ereignet
haben? Nun, alles deutet darauf hin, dass die Taten in einem direkten
Zusammenhang zu dem Tod von Siebo Manninga und Tammo Freerksen stehen.“
„W-was für M-Morde?“, hatte Trientje
Müller daraufhin gestammelt, und ihre rosige Gesichtsfarbe war plötzlich einer
wächsernen Blässe gewichen. Als sie Hasenkrugs ungläubigen Gesichtsaudruck
gesehen hatte, hatte sie leise hinzugefügt: „Wissen Sie, ich informiere mich
nicht mehr darüber, was in der Welt so passiert. All die furchtbaren Dinge
machen mir Angst. Ich bin jetzt so alt, dass ich nur noch meine Ruhe haben
will. Ändern kann ich ja sowieso nichts mehr an dem Elend. Meine Freunde und
Verwandten wissen das und verschonen mich mit den schlimmen Dingen.“ Sie hatte
mehrmals tief geschluckt und dann kaum hörbar gefragt: „Wer ist denn in
Canhusen ermordet worden?“
„Lübbo Krayenborg, Johann
Schepker und Gustav Grensemann. In der Reihenfolge. Ich nehme an, Sie haben sie
gekannt?“, hatte Hasenkrug mit betont ruhiger Stimme geantwortet, denn er hatte
unbedingt vermeiden wollen, dass die alte Dame sich mehr aufregte als unbedingt
nötig.
Trientje Müller hatte genickt und
sich in ihren geblümten Sessel zurücksinken lassen. Sichtlich nervös hatte sie
minutenlang nur ihre faltigen Hände im Schoß geknetet oder zwischendurch mit
fahrigen Bewegungen über die abgeschabten Armlehnen gestrichen.
„Es ... ist vielleicht nicht
richtig, dass ich das jetzt sage“, hatte sie dann unvermittelt wieder zu reden
angefangen. „Aber ... sie haben es nicht anders verdient.“
„Wie meinen Sie das?“, hatte
Hasenkrug nachgebohrt.
„Sie ... waren schlechte
Menschen, alle drei. Genau
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