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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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vor unserem Ruhestand. Ich und ein Waffenbruder saßen außerhalb der Umfriedungsmauer, die den Löwen aus Stein umringt. Wie gewöhnlich sind wir eingeschlummert. Er hat ein Geräusch gehört und ist aufgewacht. Ich war sehr müde und habe ihn beschwichtigt. Er war jedoch besorgt und gab keine Ruhe. Wir haben nachgesehen, die Umfriedung überwunden und die Leiche eines unserer Gefährten neben der rechten Flanke entdeckt, dann eine zweite auf der anderen Seite.« Er brach ab, mit zugeschnürter Kehle. »Und dann dieses Wimmern … es verfolgt mich noch heute! Der Oberaufseher lag zwischen den Pranken des Sphinx im Todeskampf. Blut floß aus seinem Mund, er konnte nur mit Mühe sprechen.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Man habe ihn angegriffen, und er habe sich verteidigt.«
    »Wer?«
    »Eine nackte Frau und mehrere Männer. ›Fremde Worte in der Nacht‹: Das waren seine letzten Worte. Mein Gefährte und ich hatten heillose Angst. Weshalb so viel Gewalt … Sollten wir die zur Bewachung der Großen Pyramide abgestellten Soldaten warnen? Mein Waffenbruder hat sich dem widersetzt, da er überzeugt war, wir würden Unannehmlichkeiten bekommen. Vielleicht würden wir sogar angeklagt. Die drei anderen Altgedienten waren tot … Besser war es zu schweigen und vorzugeben, nichts gehört und nichts gesehen zu haben. Wir haben unsere Runde wieder aufgenommen. Als die Tageswache uns in der Frühe ablöste, hat sie das Gemetzel entdeckt. Wir haben Bestürzung vorgetäuscht.«
    »Strafmaßnahmen?«
    »Keine. Man hat uns in den Ruhestand entlassen und in unsere Heimatdörfer geschickt. Mein Genosse ist Bäcker geworden, ich hatte vor, Wagentischler zu werden. Seine Ermordung hat mich genötigt, mich zu verbergen.«
    »Ermordung?«
    »Er war ein äußerst vorsichtiger Mensch, vor allem mit Feuer. Ich bin zu der Gewißheit gelangt, daß man ihn hineingestoßen hat. Das Verhängnis des Sphinx verfolgt uns. Man hat uns nicht geglaubt. Man ist überzeugt, wir wüßten zuviel.«
    »Wer hat Euch in Gizeh verhört?«
    »Ein hoher Offizier.«
    »Ist Heerführer Ascher mit Euch in Verbindung getreten?«
    »Nein.«
    »Eure Aussage wird entscheidend sein während der Verhandlung.«
    »Welche Verhandlung?«
    »Der Heerführer hat sich für ein Schriftstück verbürgt, das beurkundet, daß Ihr und Eure vier Gefährten bei einem Unfall ums Leben gekommen wärt.«
    »Um so besser, dann gibt es mich nicht mehr.«
    »Wenn ich Euch wiedergefunden habe, werden andere das auch schaffen. Sagt aus, und Ihr werdet wieder frei sein.« Der Kahn legte an.
    »Ich … ich weiß nicht. Laßt mich in Frieden.«
    »Das ist die einzige Lösung, um des Andenkens Eurer Gefährten willen und für Euch selbst.«
    »Morgen früh, bei der ersten Überfahrt, werde ich Euch meine Antwort geben.« Der Fährmann sprang auf die Böschung und wickelte das Tau um einen Pflock. Paser, Kem und der Pavian entfernten sich. »Bewacht diesen Mann die ganze Nacht.«
    »Und Ihr?«
    »Ich werde im nächstgelegenen Dorf schlafen. Ich komme im Morgengrauen zurück.« Kem zögerte. Der erhaltene Befehl gefiel ihm nicht. Wenn der Fährmann Paser Enthüllungen gemacht hatte, war der Richter in Gefahr. Er konnte nicht die Sicherheit des einen wie des anderen gewährleisten. Kem entschied sich für Paser.
    Der Schattenfresser hatte die von den Strahlen des Abendrots überflutete Fahrt des Kahns beobachtet. Der Nubier hatte am Heck, der Richter nahe bei dem Fährmann gestanden. Eigenartig.
    Seite an Seite hatten sie auf das andere Ufer geschaut. Indes waren die Fahrgäste wenig zahlreich gewesen, jeder hatte über behaglich viel Platz verfügt. Weshalb diese Nähe, wenn nicht für ein Gespräch?
    Fährmann … Der auffallendste und am wenigsten beachtete aller Berufe.
    Der Schattenfresser warf sich ins Wasser und durchquerte den Nil, indem er sich von der Strömung treiben ließ. Am anderen Ufer angelangt, blieb er eine ganze Weile im Schilf hocken und kundschaftete die Umgebung aus. Der Fährmann schlief in einer Bretterhütte.
    Weder Kem noch der Pavian trieben sich in der Nähe herum. Er geduldete sich noch etwas, versicherte sich, daß niemand die Hütte überwachte. Flink glitt er hinein und legte dem Schlafenden, der sogleich hochschreckte, einen Lederriemen um den Hals.
    »Wenn du dich rührst, bist du tot.« Der Fährmann war ihm nicht gewachsen. Er hob den rechten Arm zum Zeichen der Unterwerfung.
    Der Schattenfresser lockerte die Schlinge ein wenig.
    »Wer bist du?«
    »Der … der

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