Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
gerichtet, hatte er eine schlaflose Nacht im Palmenhain verbracht. Er versuchte, diesen kurzen Augenblick zu bewahren, da Neferet sich hatte gehenlassen, bevor sie ihn dann verabschiedet und ihre Tür geschlossen hatte. Bedeutete dies, daß sie eine gewisse Zärtlichkeit ihm gegenüber empfand, oder hatte sich einfach nur Müdigkeit darin geäußert? Bei dem Gedanken, sie könnte seine Gegenwart und seine Liebe annehmen, selbst ohne seine Leidenschaft zu teilen, fühlte er sich leicht wie eine Frühlingswolke und voll Ungestüm wie eine anschwellende Flut.
    Ein paar Schritte entfernt aß der Babuin des Ordnungshüters Datteln und spie die Kerne aus.
    »Du hier? Aber …« Kems Stimme erhob sich hinter ihm. »Ich habe mich entschieden, Eure Sicherheit zu gewährleisten.«
    »Zum Fluß, schnell!« Der Tag brach gerade an.
    Auf der Böschung hatte sich eine Menschenansammlung gebildet.
    »Tretet zur Seite«, befahl Paser. Ein Fischer hatte den Leichnam des Fährmanns zurückgeschafft, der von der Strömung fortgetrieben worden war.
    »Er konnte vielleicht nicht schwimmen.«
    »Er wird ausgerutscht sein.« Ohne auf die Bemerkungen zu achten, untersuchte der Richter den Körper.
    »Das war ein Verbrechen«, verkündete er. »An seinem Hals findet sich der Abdruck einer Schlinge; an seiner rechten Schläfe der eines heftigen Faustschlags. Er ist gewürgt und niedergeschlagen worden, bevor man ihn ertränkt hat.«

35. Kapitel
    Mit Papyri, Pinseln und Paletten schwer beladen, führte der Esel Paser durch die Vorstädte von Memphis. Falls Wind des Nordens die falsche Richtung einschlug, würde Sethi ihn auf den rechten Weg bringen; doch der Vierhufer blieb seinem Ruf treu. Kem und der Pavian vervollständigten den Zug, der sich zu jener Kaserne wendete, wo Scheschi wirkte. Früh am Morgen arbeitete der Metallkundler im Palast; sie würden freie Bahn haben.
    Paser kochte vor Wut. Der Leichnam des Fährmanns, den man zur nächstgelegenen Amtsstube der Ordnungskräfte gebracht hatte, war zum Gegenstand eines haarsträubenden Berichts seitens eines kleinen örtlichen Tyrannen geworden. Letzterer mochte keine Verbrechen in seinem Bezirk, da er zurückgestuft zu werden fürchtete; statt den Schlußfolgerungen des Richters beizupflichten, hatte er bestimmt, der Fährmann wäre durch Ertrinken gestorben. Seiner Ansicht nach waren die Verletzungen an Kehle und Schläfe rein zufällig entstanden. Paser hatte ausführliche Vorbehalte erhoben.
    Vor seiner Abreise gen Norden hatte er Neferet noch einmal für einige Augenblicke gesehen. Zahlreiche Kranke beanspruchten sie bereits von den ersten Morgenstunden an. Beide hatten sich mit alltäglichen Worten und einem rasch gewechselten Blick begnügt, aus dem er Ermutigung und Verschworenheit gelesen hatte.
    Sethi frohlockte. Endlich entschloß sich sein Freund zu handeln.
    In der im Vergleich zu den wichtigsten Einrichtungen der Memphiter Streitkräfte sehr abgelegenen Kaserne herrschte nicht die geringste Betriebsamkeit. Nicht ein Soldat bei einer Übung, nicht ein Pferd wurde geschult.
    Kämpferisch suchte Sethi nach dem mit der Bewachung des Eingangs betrauten Soldaten. Niemand verwehrte den Zugang zu dem recht heruntergekommenen Gebäude. Auf einem steinernen Brunnenrand saßen zwei Greise und plauderten. »Welche Einheit weilt hier?« Der Älteste lachte schallend auf. »Eine Heerschar von Altgedienten und Fußkranken, mein Bürschchen! Man pfercht uns hier ein, bevor man uns in die Heimat entläßt. Lebt wohl, ihr Straßen Asiens, ihr Gewaltmärsche und dürftigen Verpflegungen. Bald werden wir uns an einem kleinen Garten, einer Magd, frischer Milch und gutem Gemüse erfreuen können.«
    »Und wo ist der Verantwortliche der Kaserne?«
    »Dort, in dem Gemäuer da, hinter dem Brunnen.« Der Richter stellte sich einem müden Hauptmann vor.
    »Besuche sind eher selten.«
    »Ich bin Richter Paser und wünsche, Eure Lager zu durchsuchen.«
    »Lager? Versteh’ ich nicht.«
    »Ein Mann namens Scheschi betreibt eine Wirkstätte in dieser Kaserne.«
    »Scheschi? Kenn’ ich nicht.« Paser beschrieb den Metallforscher. »Ach, der! Der kommt nachmittags und verbringt die Nacht hier, das ist wahr. Befehl von oben. Ich, ich führe nur Anweisungen aus.«
    »Öffnet mir die Räumlichkeiten.«
    »Ich habe den Schlüssel nicht.«
    »Führt mich hin.«
    Eine massive Holztür versperrte den Eingang von Scheschis unterirdischer Wirkstätte. Auf einer Tontafel vermerkte Paser das Jahr, den Monat, den Tag

Weitere Kostenlose Bücher