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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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begnügt, seine Amtsgewalt auszuüben.«
    »Ihr wißt, daß das nicht stimmt. Sagt mir die Wahrheit: Welche neuerliche Prüfung hat dieser Unfähige ihr auferlegt?«
    »Er hat sich geläutert, so scheint es; Neferet bekleidet nun das Amt einer Arzneiheilkundigen.« In den Wirkstätten {42} der Arzneikunde nahe dem Tempel der Göttin Sechmet wurden Hunderte von Pflanzen aufbereitet, die als Grundstoffe der nach Vorschrift zu bereitenden Heilmittel dienten. Tägliche Lieferungen gewährleisteten die Frische der den Stadt- und Landärzten zugestellten Arzneien. Neferet überwachte die genaue Ausführung der Verordnungen. Gemessen an ihrem vorhergehenden Amt, handelte es sich bei dieser Tätigkeit um eine Rückstufung; Neb-Amun hatte sie ihr als Pflichtabschnitt und Zeit der Ruhe dargestellt, bevor sie erneut Kranke pflegen durfte. Ihrer Lebensregel treu bleibend, hatte die junge Frau nicht aufbegehrt.
    Am Mittag verließen die Arzneikundler die Wirkstätten und begaben sich ins Haus der Speisung. Hier plauderte man gerne mit Berufsgenossen, besprach neue Heilmittel, beklagte die Mißerfolge. Als Paser eintraf, unterhielten sich zwei Fachleute mit der lächelnden Neferet; Paser war sich sicher, daß sie ihr den Hof machten.
    Sein Herz schlug schneller; dennoch wagte er, sie zu unterbrechen. »Neferet …« Sie hielt inne. »Sucht Ihr mich?«
    »Branir hat mir von den Ungerechtigkeiten berichtet, die Ihr erduldet habt. Sie empören mich zutiefst.«
    »Ich hatte das Glück, heilen zu können. Alles übrige ist nicht von Wichtigkeit.«
    »Eure Wissenschaft ist mir unerläßlich.«
    »Solltet Ihr leidend sein?«
    »Eine heikle Untersuchung, die die Mithilfe eines Heilkundigen erfordert. Eine einfache Begutachtung, nichts weiter.«
     
    Kem lenkte den Wagen mit sicherer Hand; der niederkauernde Pavian vermied es, auf die Straße zu schauen. Neferet und Paser standen Seite an Seite, mit Riemen um die Handgelenke, die am Kasten des Gefährts befestigt waren, um einem Sturz vorzubeugen. Bei den Rucken und Stößen streiften sich ihre Körper flüchtig. Neferet schien das gleichgültig, während Paser eine so geheime wie heftige Freude verspürte. Er wünschte, diese kurze Reise möge nie enden und die Piste schlechter und schlechter werden. Als sein rechtes Bein das der jungen Frau berührte, zog er es nicht zurück; er befürchtete einen Verweis, der jedoch nicht kam. Ihr so nahe zu sein, ihren Duft zu riechen, zu glauben, sie dulde diese enge Fühlung … Ein herrlicher Traum … Vor der Werkstatt des Balsamierers standen zwei Soldaten Wache.
    »Ich bin Richter Paser. Laßt mich durch.«
    »Unsere Befehle sind ausdrücklich: Niemand darf hinein. Die Stätte ist beschlagnahmt.«
    »Niemand darf sich der Gerechtigkeit in den Weg stellen. Solltet Ihr vergessen haben, daß wir uns in Ägypten befinden?«
    »Unsere Befehle …«
    »Tretet zur Seite.«
    Der Pavian baute sich zu voller Größe auf und fletschte die Zähne; mit starrem Blick und angewinkelten Armen aufrecht dastehend, war er bereit loszuspringen. Kem lockerte zusehends die Kette. Die beiden Krieger gaben nach. Kem stieß die Tür mit einem Fußtritt auf.
    Djui saß am Balsamierungstisch und aß Dörrfisch. »Führt uns«, befahl Paser.
    Argwöhnisch durchforschten Kem und der Affe den dunklen Raum, während der Richter und die Heilkundige, denen Djui leuchtete, in das Gewölbe hinabstiegen.
    »Welch grauenhafter Ort«, murmelte Neferet. »Wo ich doch Luft und Licht so sehr liebe!«
    »Um aufrichtig zu sein, auch ich fühle mich nicht sonderlich wohl.«
    Der Balsamierer setzte seine Schritte unbeirrt und mit gewohntem Gang in seine ausgetretenen Spuren. Die Mumie war nicht von der Stelle bewegt worden; Paser stellte fest, daß niemand sie angerührt hatte. »Hier ist Euer Kranker, Neferet. Ich werde ihn unter Eurer Aufsicht auswickeln.«
    Der Richter nahm die Binden behutsam ab; auf der Stirn erschien ein Amulett in Form eines Auges. Am Hals eine tiefe Wunde, zweifelsohne durch einen Pfeil verursacht.
    »Unnötig, weiter fortzufahren; wie alt war der Verblichene Eurer Ansicht nach?«
    »Ungefähr zwanzig Jahre«, schätzte Neferet.
     
    Monthmose sann darüber nach, wie die Frage der schwierigen Verkehrslage zu lösen war, die das Alltagsleben der Memphiter vergällte: Zu viele Esel, zu viele Ochsen, zu viele Wagen, zu viele fahrende Händler und zu viele Gaffer verstopften die engen Gäßchen und versperrten die Durchwege. Jedes Jahr faßte er Verordnungen ab, eine

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