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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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gelten lassen und ihm großzügige Wirkzeiten eingeräumt.«
    »Zeugenaussagen zu Euren Gunsten?«
    »Die Leute aus dem Viertel, nehme ich an.« Der Älteste der Vorhalle wandte sich an Iarrot. »Müssen wir sie hier erscheinen lassen, und weist Ihr die Ansicht des Richters Paser zurück?«
    »Nein, nein … Doch ich habe trotzdem nicht ganz unrecht.«
    »Richter Paser, wußtet Ihr, daß Euer Gerichtsschreiber seine Gattin schlug?«
    »Nein.«
    »Ihr seid für die Sittlichkeit Eurer Untergebenen verantwortlich.«
    »Das bestreite ich nicht.«
    »Aus Nachlässigkeit habt Ihr es verabsäumt, die sittlichen Fähigkeiten von Iarrot zu überprüfen.«
    »Dazu hatte ich keine Zeit.«
    »Nachlässigkeit ist der einzig zutreffende Begriff.« Der Älteste der Vorhalle hatte Paser in seinen Fängen. Er fragte die Beteiligten, ob sie noch einmal das Wort zu ergreifen wünschten; allein Iarrots Gattin wiederholte erregt ihre Beschuldigungen. Die Geschworenen setzten sich zusammen. Paser hatte beinahe Lust zu lachen. Wie hätte er sich ausmalen können, wegen eines häuslichen Zwistes verurteilt zu werden? Iarrots Schwächlichkeit und die Dummheit seiner Frau bildeten unvorhersehbare Fallen, die seine Gegner sich zunutze gemacht hatten. Die rechtspflegerischen Vorschriften würden gewahrt werden, und man würde den niederen Richter ohne Gewaltstreich beiseite drängen. Die Beratung dauerte mehr als eine Stunde. Der nach wie vor mürrische Älteste der Vorhalle gab das Ergebnis kund.
    »In Einstimmigkeit wird der Gerichtsschreiber Iarrot des üblen Verhaltens gegenüber seiner Gattin für schuldig befunden. Er wird verurteilt, dem Opfer zu entrichten, was dieses verlangt, und ihm wird zusätzlich eine Leibesstrafe von dreißig Stockschlägen auferlegt. Falls er rückfällig würde, wird die Scheidung augenblicklich zu seinen Lasten ausgesprochen. Ficht der Angeklagte den Spruch an?« Nur zu glücklich, derart wohlfeil davonzukommen, bot Iarrot seinen Rücken dem Vollstrecker der Züchtigung dar. Das ägyptische Recht scherzte nicht mit Rohlingen, die eine Frau mißhandelten. Der Gerichtsschreiber ächzte und wimmerte; ein Ordnungshüter brachte ihn darauf in den Krankenpflegesaal des Viertels.
    »In Einstimmigkeit«, fuhr der Älteste der Vorhalle fort, »wird Richter Paser für unschuldig befunden. Das Gericht empfiehlt ihm, seinen Gerichtsschreiber nicht zu entlassen und ihm die Möglichkeit zur Besserung einzuräumen.«
     
    Monthmose begnügte sich damit, Paser zu grüßen; er hatte es eilig, da er noch ein weiteres Mal als Geschworener über einen Dieb zu Gericht sitzen mußte. Denes und seine Gemahlin beglückwünschten den Gerichtsbeamten.
    »Eine hanebüchene Anklage«, betonte Nenophar, über deren vielfarbenes Gewand in ganz Memphis geredet wurde.
    »Wahrlich jedes Gericht hätte Euch freigesprochen«, verkündete Denes überschwenglich. »Wir brauchen einen Richter wie Euch in Memphis.«
    »Das ist wahr«, erkannte Nenophar an. »Der Handel gedeiht nur in einer friedvollen und gerechten Gesellschaft. Eure Festigkeit hat uns tief beeindruckt; mein Gemahl und ich schätzen mutige Männer. Von heute an werden wir Euch um Rat angehen, wenn bei der Führung unserer Geschäfte irgendein rechtlicher Zweifel bestehen sollte.«

19. Kapitel
    Nach einer schnellen und friedlichen Reise gelangte das Schiff, das Richter Paser, seinen Esel, seinen Hund, Kem, den Babuin und einige andere Fahrgäste trug, in Sichtweite von Theben. Ein jeder verstummte.
    Am linken Ufer boten die Tempel von Karnak und von Luxor ihre göttliche Baukunst dar. Hinter den hohen Mauern, vor dem Blick der Gemeinen geschützt, lobpries eine kleine Anzahl von Männern und Frauen die Gottheiten, auf daß sie auf Erden verweilen mochten. Akazien und Tamarisken beschatteten den Widdersphingen-Gang, der zu den Pylonen führte, den gewaltigen Toranlagen, die den Zugang zu den Heiligtümern ermöglichten. Diesmal hatten die Ordnungskräfte des Nils das Boot nicht abgefangen. Mit Freude sah Paser seine heimatlichen Gefilde wieder; seit seinem Aufbruch hatte er Prüfungen erduldet, sich gefestigt und abgehärtet und vor allem die Liebe entdeckt. Nicht einen Augenblick verließ ihn Neferet. Er hatte die Freude am Essen verloren, verspürte mehr und mehr Mühe, seine Aufmerksamkeit zu sammeln; nachts machte er kein Auge zu in der Hoffnung, sie aus der Dunkelheit hervortauchen zu sehen. Sich selbst fern, versank er nach und nach in einer Leere, die ihn von innen heraus

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